Sperrgebiet!. Susanne Klein

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Sperrgebiet! - Susanne Klein

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ist definitiv nicht der Tatort. Das Territorium unter ihr weist nur geringe Körperabdrücke und wenige Rückstände des aus ihrem Leib austretenden Leichenwassers auf. Das heißt, sie liegt nicht so lange hier, wie sie tot ist.“ Er erklärte noch weiter: „Wir müssen den Boden trotzdem abtragen. Hier sind sicherlich Larven der Insekten abgelegt, die sich gerade über ihre Rückseite hermachen. Damit lässt sich der Zeitpunkt des Todes dann genauer bestimmen.“ Das wollte nun wirklich niemand so genau hören. Plötzlich hatte jeder irgendetwas Wichtiges zu tun und einen guten Grund dafür parat, die Fundstelle zumindest für die Dauer der Leichenanschauung zu verlassen.

      Das Gebiet wurde weiträumig abgesperrt. Die geschockten jungen Leute waren inzwischen erstuntersucht und ins Krankenhaus nach Troisdorf gebracht worden. Beide. Vorsorglich. Um sie nicht den unberechenbaren Risiken und Folgen eines schweren Schocks auszusetzen. Ein Streifenwagen fuhr zu den Eltern des Mädchens, um sie über ihren Aufenthaltsort und das Vorgefallene zu informieren. Sie war erst 17, so dass das Gesetz es vorsah, Minderjährige in die Obhut ihrer Erziehungsberechtigten zu bringen oder aber diese über die Situation zu unterrichten. Die verbleibenden Ermittler und Polizisten kamen zusammen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Andreas richtete sich mit seinem Appell an alle Anwesenden: „Wir werden, wenn es sein muss, die ganze Nacht hierbleiben und nach Spuren suchen. Notfalls drehen wir jeden Stein um und fotografieren alle Grashalme. Noch so unscheinbare Hinweise sind wichtig. Auch wenn sie unspektakulär und weit weg von der Sache erscheinen. Betrachtet jedes Teil als wäre es unser wichtigstes Beweisstück und fügt alles zu einem Puzzle zusammen.“ Er machte eine Pause, damit sich sein Vortrag bei den Zuhörern verankern konnte und nicht sofort in der Kammer des Vergessens landete. „Und wir suchen ihre Handtasche. Vielleicht hatte sie ja doch ihre Papiere bei sich. Dann wüssten wir sicher, dass es Lena Grimm ist. Oder eben nicht.“

      Er klatschte aufmunternd in die Hände: „Kommt Leute, bleibt hellwach und gebt alles!“

      Nachdem das THW und eine kleine Einheit der Feuerwehr für Licht gesorgt hatten, wies Frank Labonte die Beamten an, vor Ort zu bleiben und den Tatort großräumiger zugänglich zu machen. Er hoffte, persönliche Dinge und vor allem das Handy der Frau zu finden. In ihrem Auto hatte es jedenfalls nicht gelegen und in der Wohnung, soweit die beiden Beamten das gecheckt hatten, auch nicht. Alle Spuren, die noch da waren, sollten so gut wie möglich erhalten bleiben und, in kleinen Plastiktüten gesichert, den Weg ins Präsidium finden. Das anfangs wuselige und ameisenähnliche Treiben rund um den Fundort wirkte inzwischen kontrollierter. Trotzdem war es schwer, die in weiße Overalls gehüllten Ermittler auseinanderzuhalten, obwohl jeder von ihnen auf der Rückseite seiner Zuordnung entsprechend „GERICHTSMEDIZIN“ oder „POLIZEI“ stehen hatte. Irgendwie sahen doch alle gleich aus. Einzig die Beamten in Zivil, die, um nicht versehentlich in einem Kugelhagel zu enden, weil man sie für den gesuchten Verbrecher hielt, trugen neongelbe Warnwesten und umrahmten das abgesteckte Territorium. Auch auf ihrer Kleidung stand in silbernen Leuchtlettern „POLIZEI“. Am nächsten Morgen sollten weitere 50 angehende Beamte einer Hundertschaft der Polizeischule Brühl hinzugerufen werden, die in einer eng geführten Reihe in kleinen Schritten und mit sogenannten Taststangen und Sonden den Boden nach Gegenständen absuchen sollten, die heute übersehen oder nicht gefunden wurden. Allem voran, suchte man nach möglichen Besitztümern des Opfers. Bestenfalls fand man welche des Täters.

       VIERZEHN

      Nach dem langen Warten der letzten Wochen wollte er den Erfolg sehen, fühlen und genießen. Ihn hautnah miterleben. Er hatte über eine Sonderfrequenz den Polizeifunk abgehört, sich in Tarnkleidung aus einer anderen Richtung an die Fundstelle herangeschlichen und hockte nun schon eine ganze Weile, unsichtbar für alle anderen, auf einem der zahlreichen Hochstände mitten in der Wahner Heide. Auch mit dem Wissen um die Gefahr, trotz aller Vorsichtsmaßnahmen entdeckt zu werden, hatte er nicht widerstehen können. Mit einem breiten Grinsen beobachtete er nun durch sein Nachtsichtfernrohr das stille Geschehen. Schon vor Jahren hatte er sich nach einer Einladung zur Treibjagd im Bergischen Land eine komplette Jagdausrüstung mit allem Pipapo zugelegt und sie dann doch nie benutzt. Endlich kam sie zum Einsatz. Und, wie er fand, noch nicht einmal zweckentfremdet – Jagd ist Jagd. Sein Standort war etwa 500 Meter entfernt von dem ausgeleuchteten Fundort. Aber durch das hervorragende Equipment hatte er auch über die große Distanz eine perfekte Sicht. Niemand sprach – jeder war mit sich selber und der Leiche beschäftigt. Sie schauten vergeblich nach einem Hinweis auf ihre Todesursache. Die Regionen ihres Körpers, die sie nach Merkmalen äußerlicher Gewalt absuchten, waren jedenfalls meilenweit entfernt von dem Punkt, der ihren Tod ausgemacht hatte. Da würde ihnen auch der Blick ins Innere der Leiche später in der Gerichtsmedizin nichts nutzen. Er schaute nach oben und dankte Gott. Für diesen besonderen Moment seiner Genialität.

       FÜNFZEHN

      Ich war gerade im Büro angekommen und wunderte mich, dass noch niemand da war, als Frank mich wie auf ein Stichwort anrief. Vorwurfsvoll fragte er mich: „Schaust Du eigentlich auch mal auf Dein Handy?“ Obwohl ich alleine war, errötete ich voller Scham, als ich die vielen Nachrichten des gestrigen Abends auf meinem Display entdeckte. Gerade als ich zur Entschuldigung ansetzen und losstottern wollte, ging er zur Normalität über und berichtete von dem, was ich verpasst hatte:

      „Sie hat zwar keine Papiere dabei, aber wir gehen davon aus, dass die Tote Lena Grimm ist. Ich schick‘ Dir ein paar Fotos zum Abgleich.“ Er war aufgewühlt und hatte, wie die anderen auch, die Nacht draußen vor Ort verbracht, um keine Spur zu verlieren. „Und Du musst irgendwie versuchen, an die strategischen Pläne der belgischen Streitkräfte zu kommen, damit wir sehen können, wo die Gefahren ihrer militärischen Hinterlassenschaften lauern und wie groß das Risiko ist, abseits der gekennzeichneten Wege versehentlich Selbstmord zu begehen oder sogar ein Gemetzel anzurichten.“

      Das passte zu dem Bußgeld, das man trotz aller Dramatik dem jungen Paar aufbrummte, das die tote Frau gefunden hatte, weil sie sich eben nicht an das Wegegebot gehalten und mutwillig das Sperrgebiet betreten hatten. „Grobe Gefährdung des eigenen Lebens und das anderer“, hieß es im Bescheid, den die Kollegen vor Ort ausstellten und mit 80 Euro Strafgeld versahen. Als ich den Vermerk darüber in der elektronischen Datenbank gesehen hatte, empfand ich es als äußerst kleinkariert, Menschen in einer derartigen Situation auch noch eine solche Strafe zu verpassen. Aber jetzt, wo ich etwas über die Konsequenzen gehört hatte, konnte ich es durchaus nachvollziehen.

      „Wir sehen uns später Sara“, hörte ich Frank sagen, gerade als ich mich über den Bußgeldbescheid noch einmal mit ihm austauschen wollte. Da hatte er aber längst aufgelegt. Ich zuckte mit den Schultern und setzte mich auf die Kante meines Schreibtischs, um dort aus dem Fenster starrend meine Gedanken und die daraus wachsenden Aufgaben zu sortieren. Die Vermutung, dass die Tote keine Papiere mit sich geführt hatte, teilte ich nicht unbedingt. Sicher war nur, dass keine gefunden worden waren. Keine Handtasche – keine Papiere. Also beschloss ich, an diesem Punkt anzusetzen und mich ansonsten hier im Präsidium einigermaßen nützlich zu machen.

      „Wann werdet ihr zurück sein?“, fragte ich Frank in einem erneuten Anruf.

      „Gegen 11.00 Uhr“, blieb er knapp.

      „Okay, dann bis nachher.“ Ich lief die fünf Etagen durch das Treppenhaus nach unten in die noch leere Kantine und suchte vergeblich Personal. Immer dem Klappern nach, dachte ich und konnte mich durch lautes Klopfen an der Küchentüre bemerkbar machen.

      „Hallo, guten Morgen!“, rief ich ins Innere der Verpflegungszentrale. Hektisch ging es dort zu und der Ton war auch gewöhnungsbedürftig.

      „Was wollen Sie?“, war noch das Freundlichste, das ich wahrnahm.

      „Könnte ich bei

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