Geheimauftrag für SAX (4): SPECTATOR II. Hymer Georgy

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Geheimauftrag für SAX (4): SPECTATOR II - Hymer Georgy Geheimauftrag für Sax

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Absicht. Seinen Ausweis hatte er nun wieder. Er würde so schnell wie möglich abreisen, wenn Stoessner dem zustimmte. Mit einer Weisung von dort war aber sicher nicht vor dem nächsten Morgen zu rechnen. Sax beschloss, sich nach einer Kurzdusche schlafen zu legen und verbrachte unbeschadet der zutage getretenen Erkenntnisse eine ruhige Nacht.

      *

      Nach einer ausgiebigen Morgentoilette und einem anschließenden noch ausgedehnteren Frühstück im kleinen Speiseraum der Pension schaute Sax in sein Ipad und fand dort tatsächlich bereits die Informationen vor, um die er gebeten hatte.

      Über Irina waren keine Daten vorhanden. Kisci war dem BND hingegen genau bekannt, es gab keine besonderen Vorkommnisse in der langjährigen geschäftlichen Verbindung. Somit gab es eigentlich keinen besonderen Ansatzpunkt für weitere Ermittlungen, aber Stoessner schien zu der Überlegung gekommen zu sein, seinen Agenten erst einmal noch vor Ort zu belassen. Es gab keine Rückkehrorder, sondern den Auftrag, sich um Hollers Nachlass zu kümmern. Sicher würde die Polizei diesbezüglich heute Morgen noch in der Pension erscheinen, um das Zimmer Hollers zu durchsuchen, aber bereits bei einem Einbruch am Anreisetag hatte Sax dort nichts entdecken können, was den Mann mit dem deutschen Geheimdienst in Verbindung brachte. Blansko war ein erstklassiger Polizeibeamter, aber auch dieser würde nichts finden können, wo nichts zu finden war.

      Den Laptop Hollers hatte Freysing da bereits sichergestellt, aber unter den gegebenen Umständen wäre es fatal, wenn man diesen bei ihm entdeckte. Daher änderte er alle Einstellungen und gehackten Schlüsselcodes auf dem Gerät so, dass er es jederzeit als sein eigenes ausgeben konnte. Die persönlicheren Dokumente Hollers darauf löschte er nach Übertragung in eine gesicherte Cloud mit einer speziellen Software seines eigenen Kleinrechners gänzlich, und zwar derart, dass sie wirklich gelöscht waren und auch nicht mehr rekonstruiert werden konnten.

      Er blickte auf die Uhr und überlegte, ob er in Hollers Zimmer etwas vergessen haben mochte, als das Telefon auf der Frisierkommode klingelte. Es war ein beinahe altertümliches Scheppern eines ebensolchen, weinrot mit Samt bezogenen Apparates, keiner dieser allgegenwärtigen melodischen Klänge. Die Polizei? Freysing ging hinüber, nahm ab und meldete sich mit seinem Namen.

      „Sie sind auf der Suche nach Marius Holler“, stellte eine unbekannte männliche Stimme am anderen Ende der Leitung fest, ohne dass ein Name genannt wurde.

      „Schon möglich“, erwiderte Sax. Wenn es die Polizei war, wollte er sich keine Blöße geben. Er traute Blansko und dessen Leuten durchaus so etwas zu. Allerdings besaß das gesprochene Tschechisch desjenigen am anderen Ende der Verbindung einen deutlichen ostdeutschen Akzent. „Wer ist dort?“, fragte er, bekam aber keine Antwort darauf.

      „Vielleicht kann ich ihnen helfen“, fuhr die Stimme stattdessen fort. „Kommen Sie zur Burg Veveří. Wir treffen uns dort um ein Uhr.“

      „Wie erkenne ich Sie denn?“, wollte Freysing noch wissen, doch da war das Gespräch bereits von der anderen Seite her beendet gewesen. Nachdenklich legte auch er auf.

      Kurz nachdem er die Pension verlassen hatte, fuhren der Skoda mit Blansko und dessen jüngerem Kollegen sowie ein Minibus voller Spurensicherungsspezialisten vor, um sich des Zimmers Hollers anzunehmen und dieses auszuräumen.

      Freysing hielt ein Stück weiter die Straße herunter ein Taxi an und ließ sich von diesem hinaus zum Stausee bringen. Wenn es überhaupt eine Möglichkeit gab, noch etwas herauszufinden, dann dort, wo Holler zu Tode gekommen war. Was hatte der Agent bei dem Stausee gewollt? Ein konspiratives Treffen mit einem anderen Kontakt? Die Befragung der anderen V-Leute hatte nicht auf ein solches hingewiesen, aber der Anruf wies auf das Gegenteil hin.

      Als das Taxi bereits den Stadtteil Bystrc verlassen hatte, glaubte der Agent, wie immer sehr achtsam, dass dem Taxi ein anderes Fahrzeug folgte, aber im fließenden Verkehr der Route 324 verlor er es schnell wieder aus den Augen und dachte nicht länger darüber nach.

      Die genaue Fundstelle Hollers lag in einer stillen, abgelegenen kleinen Einbuchtung im nordwestlichen Teil des Stausees, wohin die Leiche durch die Strömung getrieben worden und erst einige Tage später entdeckt worden war. Trotz des goldenen Herbstwetters schienen nur wenige kleine, schnittige weiße Einhandsegelboote auf dem Stausee unterwegs. Burg Veveří war schon von weit her zu erblicken, sie lag genau in jener Gegend, die für die Ermordung Hollers in Frage kam. Diese konnte irgendwo dort, oder aber im oberen Verlauf der Svratka geschehen sein. Das mochte sicher auch der Polizei bewusst sein, aber Freysing rechnete eher nicht mit diesbezüglich besonderem Enthusiasmus der Ermittler, der sich zunächst einmal auf das nähere persönliche Umfeld des Deutschen aus Prag konzentrierte.

      Freysing überlegte: Wenn er herausfand, wo genau Holler umgebracht worden war, dann ergab sich vielleicht eine Spur, die ihn zu dem Warum führte. Falls es mit dessen geheimdienstlichen Aktivitäten zu tun hatte, lag es nicht im Interesse des BND, dass die tschechische Polizei dies ebenfalls in Erfahrung brachte. Das war es, was Stoessner mit Kümmern Sie sich um Hollers Nachlass meinte, und Sax war eigentlich entschlossen, dies schnell und unauffällig abzuwickeln, und dann aus dem Land zu verschwinden. Der Anruf hingegen zog ihn tiefer in die Sache hinein. Er war angespannt und ließ sich vom Taxi direkt bei der Burg absetzen, die hoch auf einer Anhöhe etwa zwei Kilometer Luftlinie vom Fundort der Leiche aufragte. Sie war nordöstlich der Talsperre von einem Autohof abgesehen das einzige nennenswertere Anwesen auf dieser Seite der Flusses, bei dem Holler vielleicht etwas gewollt haben konnte. Gegenüber sah dies freilich völlig anders aus, dort war alles sehr touristisch ausgelegt.

      Bei seiner Ankunft wirkten die verschiedenen teilweise eingerüsteten Gebäudeteile mit ihren hellen Renaissance-Fassaden und beinahe roséfarbenen Spitzdächern im Sonnenlicht märchenhaft schön. Das ohnehin gut erhaltene Bauwerk aus dem frühen 17. Jahrhundert mit seinen weitläufigen Befestigungsanlagen aus Gräben, Schanzen und Bastionen, welches sich seit fast hundert Jahren im Staatsbesitz befindet, wurde gerade aufwändig restauriert. Seine Ursprünge ließen sich einer Informationstafel zufolge sogar bis ins 11. Jahrhundert zurückverfolgen. Eine Weile lang ging Freysing im Gelände umher, konnte aber niemanden ausmachen, der ihn vielleicht suchte.

      Vom äußeren Wehrgang aus bekam man einen weiten Blick über die südöstlich gelegene dichte Waldlandschaft, durch welche sich die Svretka wand, die nahe des Fußes der Burg eine moderne nicht recht ins Bild passende schmale Spannbogen-brücke unterquerte. Alles wirkte äußerst friedlich und überhaupt nicht gefährlich.

      Bis zum Treffen um ein Uhr blieb noch eine Weile Zeit, und bislang war Freysing noch von niemandem angesprochen worden. Er schloss sich daher einer kleinen Führung an, während welcher er weiter erfuhr, dass 1881 der Finanzmagnat Moritz Hirsch Gereuth zunächst Eigentümer der böhmischen Königsburg wurde. 1908 verbrachte dann der damals erst dreiunddreißigjährige Winston Churchill, seinerzeit britischer Handelsminister, einen Teil der Hochzeitsreise hier mit seiner frisch angetrauten Frau Clementine Hozier. Und im letzten Weltkrieg sei sie dann ein Wehrmachts- und SS-Lazarett gewesen. Es war eine recht bewegte Geschichte. Der Agent hörte aufmerksam zu und erinnerte sich hierbei einmal mehr der Worte seiner Ausbilder in jungen Jahren: Alles kann wichtig sein.

      Falls Holler tatsächlich selbst hier gewesen war, würde das sicher einen besonderen Grund gehabt haben. Der Mann aus Prag war kein Tourist!

      Die Zeit schien stehengeblieben zu sein in den Räumlichkeiten. Es gab typisches Mobiliar, Wandregale voller alter Bücher und Staffeleien mit den Konterfeis von Erbauern und zwischenzeitlichen Bewohnern aus verschiedenen Epochen. Die Erklärungen in den einzelnen verschiedenen Zimmern erfolgten auf Tschechisch und wurden dann in zwei Sätzen zusammengefasst in schlechtem englisch wiederholt, aber Freysing bekam keine Probleme damit, den längeren Ausführungen in der Landessprache zu folgen.

      Als

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