Fünfunddreißigtausend Jahre vor unserer Zeit oder wie der Mensch den Wolf zähmte.. Karl Reiche

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Fünfunddreißigtausend Jahre vor unserer Zeit oder wie der Mensch den Wolf zähmte. - Karl Reiche страница 6

Автор:
Серия:
Издательство:
Fünfunddreißigtausend Jahre vor unserer Zeit oder wie der Mensch den Wolf zähmte. - Karl Reiche

Скачать книгу

Sippe etwas zu ihrer Ausrüstung beigetragen hatten, schleppte jeder der neun jungen Menschen eine große aus Weidenzweigen geflochtene Kiepe mit Lederriemen auf dem Rücken. Diese enthielt nicht nur Werkzeuge und Nahrung für das erste Stück des Weges, sondern auch zusätzliche Kleidung und Felle, aus denen sie sich unterwegs provisorische Unterkünfte errichten konnten.

      Außer ihren Kiepen trugen die Männer noch ihre Jagdwaffen, mit denen die Sippe sie reichlich ausgestattet hatte. In einem langen Köcher etwa 2,5 m lange und am Ende befiederte schlanke Wurfspeere mit der Spitze nach unten, mit der dazu gehörenden Wurfverlängerung. Dieser Köcher war an der Seite der Tragekiepe befestigt.

      Dazu Bögen und in einem weiteren Köcher ein Sortiment verschiedener Pfeile.

      Außerdem trug jeder noch eine sehr lange kräftige Lanze mit einer flachen, aber rasiermesserscharfen und aus Feuerstein herausgearbeiteten Spitze.

      Ein dolchartiges Messer, ebenfalls aus Feuerstein gefertigt und eine Steinaxt mit einem Blatt aus Feuerstein und einem etwa ein Meter langem Hartholzgriff, vervollständigten die Ausrüstung.

Image

      Solange die Temperaturen noch kalt waren, trugen sie ihre Winterkleidung; die Männer lange Hosen und Jacken aus Fellen, mit dem Pelz nach innen und die Frauen bodenlange Kleider aus dem gleichen Material. Image

      Als es aber immer wärmer wurde, wechselten sie ihre Kleidung. Die Männer trugen nun einen Lendenschurz und eine kurze Weste aus Leder; später nur noch den Lendenschurz. Die Frauen trugen kurze, wie eine Tunika aussehende Kleider. Um ihre Beine vor dem dornigen Gestrüpp zu schützen, trugen alle eng anliegende gamaschenartige, bis über die Knie reichende Beinlinge und dazu mokasinähnliche Schuhe.

      Sie kamen nur langsam voran und folgten dem Lauf der Küste nach Norden. Wege gab es nicht und nur ganz selten konnten sie Tierpfaden folgen, die zufällig in ihrer Richtung verliefen. Die meiste Zeit stapften sie mühsam durch niedriges, am Boden wachsendes Gestrüpp, umgingen größere Büsche oder stolperten über Steine und Geröll. Manchmal mussten sie kleinere Umwege machen, um steil abfallende Buchten zu umgehen; dann wieder konnten sie Abkürzungen nehmen, indem sie eine weit ins Meer hinausreichende Landzunge einfach durchquerten. Wann immer es ging, marschierten sie aber direkt an der Wasserlinie oder doch ganz in ihrer Nähe, denn hier war der Boden nicht bewachsen. Auch wenn sie manchmal über große Steine oder Felsen klettern mussten, war das Vorwärtskommen doch leichter. Außerdem konnten sie abends, wenn sie ihr Lager aufschlugen, im Meer noch nach essbaren Muscheln suchen und auf diese Weise ihren mitgeführten Nahrungsmittelvorrat schonen. Sie brauchten in den ersten Tagen nicht zu jagen und verloren dadurch keine Zeit für ihre Wanderung. Erst als ihre Vorräte langsam zur Neige gingen, begaben sich die Männer mit Pfeil und Bogen auf die Jagd nach Kleintieren, während die beiden Frauen ihren Speiseplan durch weiteres Sammeln von Muscheln und von ersten essbaren Frühlingskräutern erweiterten.

      Nach zehn Tagen änderte die Küstenlinie ihre Richtung und führte sie nach Westen. Dort trafen sie, einen knappen Mondzyklus nach ihrem Aufbruch, auf eine andere große Gruppe ihrer Art, die in der Nähe des Strandes unter mehreren Felsenüberhängen wohnte.

      Diese Sippe lebte neben der Jagd in den Bergen auch vom Meer, sammelte Muscheln am Strand und angelte von kleinen, runden, aus Reisiggeflecht und Tierhäuten hergestellten, Booten nach Fischen in den Buchten dieser Küste.

      Die Wanderer wurden anfänglich etwas erstaunt, aber sehr freundlich, willkommen geheißen. Sie blieben mehrere Tage, nahmen an einer Jagd mit den Männern dieser Sippe teil und konnten so ihre Vorräte für die nächsten Tage wieder auffüllen.

      Kaar drängte aber zum Aufbruch. Wenn sie noch in diesem Jahr das große Eis erreichen wollten, dann mussten sie das Frühjahr und den Sommer nutzen, um möglichst weit nach Norden zu gelangen. Denn im Herbst würden sie sich dort irgendwo eine Höhle suchen und Vorräte zum Überwintern anlegen müssen.

      Aber so einfach ging es nicht. Der immer fröhliche En hatte sich in eines der Mädchen dieser Sippe verliebt und sie sich in ihn. Sie hieß Mona, war 16 Jahre alt und ihm in ihrer Art sehr ähnlich. Schon am Abend ihrer Ankunft hatten sich die Beiden immer wieder scheue Blicke zugeworfen, sich aber zunächst nicht getraut, miteinander zu sprechen. Erst am zweiten Tag hatte sie Ens Nähe gesucht und er hatte ihr ausführlich von ihrer Absicht erzählt, bis zu der großen Eismauer im Norden zu wandern.

      Mona hatte weniger seinen Worten zugehört, als mehr auf seine Stimme gelauscht und seine Begeisterung gespürt. Sie verspürte selbst eine unbändige Lust, ebenfalls an diesem Abenteuer teilzunehmen. Das Wichtigste aber war für sie, mit En zusammenzubleiben. Vorsichtig versuchte sie das En klar zu machen, indem sie ihm tief in die Augen sah, ihn bedeutungsvoll anlächelte und all ihren weiblichen Charme spielen ließ, um ihn zu ermuntern, sie endlich zu umarmen oder zu küssen oder sonst etwas zu tun, um auf ihre Annäherungsversuche einzugehen.

      En war aber, bei all seiner Fröhlichkeit und Unbekümmertheit, genauso wie Kaar, Mädchen gegenüber etwas schüchtern. Er wollte ja, aber er wusste nicht, wie er es anstellen und den Anfang machen sollte.

      Als er auch am zweiten Tag noch nicht einmal für längere Zeit ihre Hand hielt, sondern sie, sobald sie sich berührten, sofort wieder losließ, fragte Mona am Abend ihren Vater um Rat. Ihre Mutter war schon vor Jahren bei der Geburt ihres kleineren Bruders gestorben und ihr Vater hatte sich keine neue Gefährtin genommen, sondern zog seine beiden Kinder mit viel Liebe und Einfühlungsvermögen alleine groß.

      Seine erste Frage war deshalb: „Liebst du ihn?“

      Ohne auch nur den Bruchteil einer Sekunde zu zögern, antwortete Mona: „Ja.“

      „Und liebt er dich auch?“

      Mona zögerte einen Moment und antwortete dann: „Ich glaube ja.“

      „Das glaube ich auch“, murmelte ihr Vater verständnisvoll lächelnd. „Ich habe euch in den letzten beiden Tagen beobachtet. So wie En dich ansieht, wie er rot wird, wenn du ihn ansprichst und wie er dich mit den Augen verschlingt, sobald er glaubt, dass du es nicht merkst, denke ich auch, dass er dich liebt. Ich glaube, Mona, der junge Mann ist Mädchen gegenüber einfach nur schüchtern, vielleicht gerade, weil er dich liebt.“

      „Was soll ich nur tun?“

      „Du musst die Initiative ergreifen und ihn verführen.“

      Mona riss überrascht die Augen auf, starrte ihn mit offenem Mund an und wurde dunkelrot.

      „Das ist nicht dein Ernst. Ich soll ihn verführen?“

      „Weißt du, deine Mutter war auch schüchtern, als ich sie kennenlernte. Ich habe sie erst verführen müssen, um sie als Gefährtin zu bekommen. Außer deinem schönen Aussehen hast du eigentlich wenig von ihr geerbt. Du bist mehr wie ich, abenteuerlustig und draufgängerisch.“

      Mona hatte inzwischen ihren ersten Schock über seinen Vorschlag überwunden. „Wie hast du das gemacht?“

      „Nun, ich habe das gut vorbereitet. Ich habe ein Fest abgewartet und am Tage des Festes einige warme und weiche Felle in einem lauschigen Versteck deponiert. Dann habe ich ihr auf dem Fest tief in die Augen gesehen, ihre Hand genommen und sie von dem Fest fort in dieses Versteck geführt. Dort wurden wir dann ein Paar und sie hat es nie bereut. Ich bedauere sehr, dass sie so früh gestorben ist.“

      Mona wusste, dass ihr

Скачать книгу