Eine Schlange in der Dunkelheit. R. B. Landolt

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Eine Schlange in der Dunkelheit - R. B. Landolt

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      R. B. Landolt

      Eine Schlange in der Dunkelheit

      Inhaltsverzeichnis

      Teil I: Dädalus

      Affengesicht 9

      Die Hellseherin 18

      Die Frau im Käfig 24

      Eine Schlange in der Dunkelheit 36

      Carlucci 45

      Der Drachen 52

      Lollo 62

      Spuren im Schnee 67

      Gruß aus dem Jenseits 77

      Ein guter Tag zum Sterben 93

      Der lachende Mann 104

      Zahn um Zahn 114

      Teil II: Ikarus

      Auf Wiedersehen, kleiner Mann 127

      Der abgeschnittene Kopf 136

      Magische Artefakte 144

      Wenn man vom Teufel spricht 152

      Auf der Flucht 159

      Erster Angriff 172

      Gespräche am späten Abend 185

      Noch einmal Lollo 199

      Ausschau nach dem Feind 205

      Schach 219

      Die Maske fällt 227

      Die Fledermäuse 236

      Das Geständnis 245

      Totentanz 258

      Der König der Lüfte 271

      Epilog 283

      Teil I

      Dädalus

      Affengesicht

      Es kostete ihn zwar einige Überwindung, doch Jaco versuchte ein herausforderndes Lächeln. Der Junge, der mit verschränkten Armen vor ihm stand, warf ihm einen abschätzigen Blick zu. „Dir wird das Lachen gleich vergehen, Affengesicht“, sagte er. Seine beiden Begleiter, mit einem Ausdruck kaum verhohlener Angriffslust in den Augen, grölten. Der größere der beiden, seinem flammendroten Haarschopf wegen Rübe genannt, überragte Jaco um mehr als einen halben Kopf.

      „Selber Affengesicht!“ Jacos Stimme war rau, und sie zitterte ein wenig, doch niemand bemerkte es. Immerhin. Sein Herz pochte laut unter seinen Rippen, das Atmen fiel ihm immer schwerer. Alles in allem, dachte er, erschien ihm die Aussicht, aus dieser Situation heil herauszukommen, höchst zweifelhaft.

      „Gib’s ihm, Olin!“, rief der Rotschopf. „Dieses Mal entkommt er uns nicht.“

      „Nur Geduld, Rübe! Lasst uns die Sache genießen“, höhnte Olin. Der Rotschopf grunzte beifällig, während der dritte, etwas kleiner als die beiden anderen, verächtlich vor Jacos Füße spuckte. Seine bullige Gestalt ließ erahnen, dass auch er ein nicht zu unterschätzender Gegner war.

      „Du riskierst eine große Klappe. Mein Vater sagt, Leute wie du gehören nicht hierher. Man sollte sie zum Teufel jagen.“

      Mit Mühe verkniff sich Jaco ein wütendes Schnauben. Olin natürlich, wie immer. Er war weder größer noch kräftiger, und in einem fairen Zweikampf würde er ihn mühelos besiegen, doch als Sohn des Bürgermeisters konnte er auf eine erstaunliche Anzahl williger Helfershelfer zurückgreifen, die nur darauf warteten, ihre Ergebenheit zu zeigen. Seine großen blauen Augen, von blonden Wimpern bekränzt, lagen in einem engelhaften Gesicht. Wäre da nicht dieser kalte unbarmherzige Blick gewesen, den Jaco zu fürchten gelernt hatte.

      Während er angestrengt nachdachte, verstärkte sich das flaue Gefühl in seinem Magen. Er wusste, dass ihm nur noch wenig Zeit blieb. Bei der letzten Auseinandersetzung hatte er eine kleine Unaufmerksamkeit nutzen können, doch dieses Mal sah er weit und breit keine Lücke in ihrer Front. Sie hatten sich den richtigen Ort ausgesucht, einen Hinterhof, der zu einem verschlossenen Tor führte. Zwar konnte er mit ein bisschen Glück mit ein paar Schrammen davonkommen, doch aus der Miene seiner Gegner musste er schließen, dass er nicht mit Gnade rechnen durfte.

      Olin musterte ihn, als wüsste er genau, was in Jaco vorging. „Also, jetzt bist du dran! Du bist ganz allein, und so, wie ich es sehe, hast du keine Chance.“ Er musterte Jaco mit offensichtlichem Widerwillen, während er vorgab, ein Gähnen zu unterdrücken. „Eigentlich ist es schade um die Zeit, aber da wir schon mal hier sind ... Willst du dich wehren? Oder wegrennen wie das letzte Mal?“

      „So viele sind nötig, um gegen mich zu kämpfen?“, fragte Jaco kühl. Sein Blick ging unablässig nach links und rechts, immer noch in der Hoffnung, einen Ausweg zu finden.

      „Nein“, erwiderte Olin, „aber es macht mehr Spaß.“

      Wieder das Grölen.

      „Wir warten.“

      „Feiglinge“, sagte Jaco ruhiger, als er sich fühlte. „Du kommst dir wohl ziemlich stark vor mit deinen Leibwächtern?“

      „Klappe!“, blaffte der Rotschopf.

      „Rattenarsch!“, grunzte der dritte. „Du wirst quieken wie ‘ne Sau!“ Die Anstrengung, auf den Angriff warten zu müssen, erforderte offensichtlich alle seine Selbstbeherrschung.

      Nicht antworten. Ruhig bleiben.

      Zumindest schien es Jaco, als hätte er sich in den bisherigen Auseinandersetzungen ganz gut geschlagen, und liebend gern hätte er ihnen noch einmal gezeigt, dass er kein Feigling war. Schlag doch, na komm … schlag zu …

      Sie machten einen Schritt, doch Jaco wich nicht zurück. „Ah, du willst also kämpfen. Das ist noch besser. Nicht wahr, Jungs?“, rief Olin. Die Antwort war ein Lachen, ein zweistimmiges schrilles, überdrehtes Lachen. Er stupste Jaco mit dem Zeigefinger in die Rippen, giftig, schmerzhaft.

      Das wird kein gutes Ende nehmen.

      „Meine Fresse!“, kreischte der Rotschopf, „machen wir ihn endlich fertig!“

      „Schwachkopf!“, knurrte Jaco. In ihm stieg die Wut hoch. Aufgebracht schlug er Olins Hand beiseite und, die Fäuste ballend, bereitete er sich auf den ersten Schlag vor. Seine Gedanken rasten … er konnte versuchen, ihre Phalanx zu durchbrechen, aber der Ring um ihn herum war geschlossen … oder als erster angreifen und versuchen, ihre Überraschung zu einer schnellen Flucht zu nutzen … oder aber … In diesem Augenblick hatte er eine Idee, vielleicht nicht die beste, und sie trug ein großes Risiko in sich, aber es war die einzige. Ein Hoffnungsfunke flammte auf. Er senkte die Fäuste.

      „Du gibst auf? Mir soll’s recht sein …“ Olin grinste. „Zeit für ein letztes Gebet.“

      Jaco sah das triumphierende Glänzen in seinen Augen, und während Olin noch überlegte, wohin er ihm zuerst eine reinhauen sollte, beugte sich Jaco zurück, bis sein Hinterkopf die Wand berührte, schnellte mit dem Gewicht seines ganzen Körpers

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