Syleria. Melanie Mende

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Syleria - Melanie Mende Syleria

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      Melanie Mende

      Syleria

      Band 1: Weiß, Grün, Orange

      Für meine Mutter,

       die echte Eleriseja.

      Für meinen Mann,

       den echten Paragon.

      Prolog

      Vor dreitausend Jahren herrschte Chaos in ganz Syleria.

      Die Morrigan, der schwarze Rabe, eine dunkle, machthungrige Magierin, hatte das Land mit Gewalt an sich gerissen und beutete die magischen Völker erbarmungslos aus. Ungeachtet der Konsequenzen rekalibrierte sie den Prismenkristall, ein uraltes Artefakt welches das Mana, die magische Lebensenergie, produzierte und auf das alle magischen Wesen Sylerias als Energiequelle angewiesen waren. Statt reines, helles Mana, das sich wieder regeneriert und so im Gleichgewicht bleibt, produzierte der Prismenkristall nun dunkles, unreines Mana, das zwar unendlich viel stärker, aber auch erbarmungslos verzehrend ist. Statt Lebensenergie zu schenken, entzog der Prismenkristall sie nun, und nur wer in den dunklen Künsten bewandert war konnte sie sich zunutze machen. Die dunkle Macht verführt und korrumpiert. Sie schwärzt das Herz und zerfrisst die Seele. Doch die Morrigan war bereit diesen Preis zu zahlen um im Gegenzug das zu erhalten, wonach sie sich am meisten sehnte, das ewige Leben.

      Der Zirkel der Elementarmagier legte stets Wert darauf, außerhalb der politischen Ränkespiele der vielen Völker Sylerias zu stehen. Doch als die Machtgier der Morrigan das gesamte Land zu vernichten drohte, beschlossen sie, dass es an der Zeit war einzugreifen und sich gegen sie zu stellen. Unter Aufbringung all ihrer Macht gelang es den Erzmagiern des Zirkels, den schwarzen Raben in die Verbannung zu treiben, nach Dunderia, der finsteren, auf der Rückseite von Syleria gelegenen, Schattenwelt. Um zu verhindern, dass die Morrigan jemals wieder nach Syleria zurückkehren kann, und niemals wieder eine einzige Person über so viel Macht verfügt, teilten die Magier den Prismenkristall in seine Bestandteile auf - neun Splitter, ein jeder mit einer anderen Farbe und einer anderen Eigenschaft - und versiegelten das Portal nach Dunderia mit einem Schloss, dass nur von allen neun Splittern gemeinsam geöffnet werden konnte. Die Splitter überließen sie den neun großen Völkern Sylerias, die von da an gemeinsam den großen Rat bildeten. Lange Zeit konnte der Friede so gewahrt werden. Lange Zeit.

      Doch Zeiten ändern sich…

      1. Eine Gutenacht-Geschichte

      "Erzähl noch mal die mit dem Drachen!"

      "Du kannst die Geschichte inzwischen doch schon auswendig", seufzte Tante Sam, die gemeinsam mit Ammy in deren Bett lag um der Achtjährigen, wie jeden Abend, ihre Gutenacht-Geschichte zu erzählen. "Wie wäre es heute stattdessen mal mit einer über die Eisriesen?"

      "Bitte Tante Sam! Die mit dem Drachen. Das ist einfach die Beste."

      "Na schön. Dann halt die mit dem Drachen."

      Die beiden kuschelten sich gemütlich unter die Decke und Tante Sam fing an zu erzählen: "Vor vielen Tausenden von Jahren, als die Welt noch jung war und voll mystischer Energie, entstand ein Land, das heißt Syleria. Es ist ein magisches Land, voller Wunder und fabelhafter Zauberwesen, und alles, was du dir in deinen Träumen jemals vorstellen kannst, ist dort Wirklichkeit. Es gibt geheime Portale, die aus unserer Welt dorthin führen und eines Tages, wenn die Zeit reif ist, werden wir gemeinsam dorthin gehen." An dieser Stelle leuchteten Ammys Augen jedes Mal auf wie zwei Sterne. "Doch noch bevor auch nur ein einziger Elf, Zwerg oder Troll das Licht der Welt erblickte, lebten dort die Urwesen, die Drachen. Die Magie selbst hatte sie erschaffen. Ihre Körper waren bedeckt mit Schuppen aus Mondgestein und in ihren Herzen brannte das Feuer der Sonne. Sie waren so mächtig und zahlreich, dass sie niemanden zu fürchten brauchten. Ganz Syleria war ihr Zuhause.

       Doch dann brachte die Magie ein neues Wesen hervor, den Ahn. Ein egoistisches, machthungriges Volk, fähig mächtige Magie zu wirken. Im Gegensatz zu den Drachen, vermehrte sich dieses Volk sehr schnell und war schon bald sehr zahlreich. Bei den Drachen hingegen schlüpfte nur alle paar Jahrzente ein Ei und es dauerte beinahe einhundert Jahre, bis ein Drache ausgewachsen war. So kam es, dass die Ahn die Drachen bald um ein Vielfaches in ihrer Anzahl übertrafen. Sie beanspruchten Gebiete, die schon seit Anbeginn der Zeit die Heimat der Drachen waren, und nahmen ihnen immer mehr Lebensraum. Die Drachen ließen sie gewähren, denn trotz ihrer Stärke waren sie ein friedliches Volk. Als sie jedoch schließlich sogar versuchten, die Drachen zu zähmen und ihrem Willen zu beugen, kam es zur Rebellion. Die Drachen waren nicht länger bereit, ihr Schicksal einfach hinzunehmen. So kam es zu den Drachenkriegen, die ganze zweihundert Jahre andauerten. Die Drachen waren mächtig, doch die Ahn waren ihnen zahlenmäßig einfach überlegen. Am Ende war nur noch ein einziger Drache übrig. R'khela, ein steinaltes Weibchen, das sich, einsam und allein, in die Gipfel des Ramala-Gebirges zurückzog, um dort in Frieden ihr Ende abzuwarten.

       Eines Tages ließ sich eine Ahn-Familie in ihrer Nähe nieder. Es war ein Vater, allein mit seinen zwei Kindern, einem Jungen von etwa vierzehn Jahren, und einem Mädchen, Penthesilea, nicht älter als acht."

      "Genau so alt wie ich!"

      "Ja, mein Schatz, genau so alt wie du. Wobei die Jahre in Syleria anders vergehen als hier bei uns. Die Tage dort sind länger. In Menschenjahren war sie daher wohl etwas älter. Der Vater war sehr arm, und seit seine Frau gestorben war, musste er sich allein um die beiden Kinder kümmern. Er hatte Gerüchte gehört, dass es hier in den Bergen seltene Kristalle zu finden gab, die man zu einem guten Preis verkaufen konnte. Und tatsächlich wurde er fündig. Die Kristalle machten ihn zwar nicht reich, brachten ihn und seine Kinder aber zumindest durch den Winter. Doch Kristalle sind nicht wie das Korn auf den Feldern. Sie wachsen nicht jedes Frühjahr nach. Und so konnten sie nie lange an einem Ort bleiben und zogen ständig weiter und kamen der Höhle, in der R'khela lebte, immer näher. Als das kleine Mädchen einmal allein unterwegs war, um Kräuter zu sammeln, stieß sie auf die Höhle, und von Neugier getrieben, ging sie ein Stück hinein. Als sie den schlafenden Drachen erblickte, wollte sie erst voller Angst fliehen - man hatte ihr beigebracht, dass Drachen blutrünstige Monster waren - doch irgendetwas hielt sie zurück. Da öffnete R'khela die Augen und sah das kleine Mädchen an. Als sich ihre Blicke trafen, spürte das Mädchen die Traurigkeit und Einsamkeit des Drachen, und R'khela die Warmherzigkeit und Güte des kleinen Mädchens.

       Am nächsten Tag kam das Mädchen wieder und auch am darauf folgenden Tag. Der Drache und das Mädchen freundeten sich miteinander an und zum ersten Mal seit unzähligen Jahren, war R'khela nicht mehr einsam.

       Irgendwann fragte der Bruder des Mädchens sich, wohin seine Schwester so oft verschwand und bat sie, ihn einmal mitzunehmen, doch sie weigerte sich, aus Angst, er würde ihrem Vater von dem Drachen erzählen. Der Vater war kein schlechter Mann, doch das Leben hatte ihn hart gemacht und die Schuppen eines Drachen waren mehr wert als alle Kristalle, die sie hier im Gebirge jemals würden finden können.

       Doch eines Tages folgte der Bruder ihr heimlich bis zu der Höhle. R'khela und das Mädchen bemerkten ihn nicht. Als er den Drachen sah, rannte er sofort zurück zu seinem Vater und erzählte ihm alles. Der Vater war außer sich, als er von dem Drachen erfuhr und davon, dass seine Tochter ihn so lange vor ihm verheimlicht hatte. Er heuerte eine Gruppe starker Männer an, mit dem Versprechen, sie reich zu entlohnen, sobald sie den Drachen erlegt hätten. Als das Mädchen begriff, was vor sich ging, versuchte sie die Männer aufzuhalten, doch ohne Erfolg. Als sie die Höhle erreichten, bereiteten die Männer mächtige Zauber vor, denn sie wussten, mit normalen Waffen war ein Drache nicht zu besiegen. Das Mädchen nutze einen unbeobachteten Moment und rannte in die Höhle hinein. Schützend stellte sie sich vor R'khela und breitete die Arme aus. Sie würde den Drachen nicht im Stich lassen. Ihr Vater rannte panisch hinter ihr her und die anderen Männer folgten ihm, ihre Zauber

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