Die Prüfung. Ralf Wider

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Die Prüfung - Ralf Wider Ferry Blacks Abenteuer

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      Paris war wirklich laut geworden, er hatte gebrüllt. Die verschollen geglaubten Heimkehrer zogen unwillkürlich die Köpfe ein. Ferry riskierte einen Seitenblick durch die immer noch offenstehende Türe hinaus in die Kommandozentrale. Auch bei geschlossener Türe hätte man Paris bis in den hintersten Winkel des Raumes hören können… Die Blicke aller Mitarbeiter waren auf das kleine Büro gerichtet; alle schienen den Atem anzuhalten.

      Ferry stand langsam auf und schloss die Tür; dann setzte er sich wieder und schaute seinen Vorgesetzten direkt an. Laura schien in ihrem Stuhl versteinert. Sie starrte zu Boden und schien das Schlimmste zu erwarten.

      "Hör mal, Paris. Wir haben gerade erst erfahren, wie lange wir scheinbar weg waren… Aber für uns waren es nur zehn Tage! Du wirst nicht glauben, was wir alles erlebt haben…"

      Der Vorgesetzte schnaubte.

      Dann erzählten sie Paris, was sie in Atlantis erlebt hatten.

      Kapitel 2 - Eine Überraschung

      "Was soll das heissen, "flug-untauglich"? Du hasst sie ja wohl nicht mehr alle!" Laura war ausser sich. Ihr Gesicht war tiefrot angelaufen und ihre gesamte Körperhaltung strahlte Aggressivität aus. "¿Que mierdas me estás diciendo?" Was für eine gequirlte Scheisse erzählst du mir? Auch bei ihr galt: wenn sie emotional wurde, dann wechselte sie in ihre Muttersprache… Von unten herauf funkelte sie Klara an, die Nasenspitzen der zwei Frauen berührten sich fast. Die Hände hatte Laura zu Fäusten geballt und vom Körper gestreckt, nur mit Mühe schien sie sich zu beherrschen, die Ärztin nicht am Kragen zu packen und zu schütteln.

      "Du hast gesagt, ich sei gesund! Also was soll der Mist?" Normalerweise war Laura nicht ein Mensch der Kraftausdrücke, doch die Nachricht, die Klara ihr überbracht hatte, offensichtlich das Resultat der ausstehenden Labortests, frustrierte sie über alle Massen.

      Entgegen ihrer Annahme hatte Paris sie nicht aus dem Corps geworfen! Nachdem sie ihm die ganze Geschichte erzählt hatten, war der Master in ein langes, tiefes Schweigen verfallen. (Ferry hatte ihm jedoch noch nichts von dem Erlebnis erzählt, welches er nach der Schlacht von Mollis gehabt hatte. Er fand, dass es nicht der richtige Zeitpunkt war. Er würde es seinem Freund erzählen, wenn er sich etwas beruhigt hatte.)

      Paris war sehr still geworden. Am Ende hatte er sie entlassen und gesagt, dass er froh sei, dass sie zurück seien und er sie beide so schnell wie möglich wieder im aktiven Dienst haben wolle. Und dass er noch einmal mit Ferry sprechen wolle. Er schien ebenfalls gemerkt zu haben, dass da noch etwas zwischen ihnen offen stand... Sie sollten ihm angeben, wann sie dazu bereit wären, zurückzukommen. Er zeigte sogar Verständnis dafür, dass sie vielleicht ein paar Tage ausspannen wollten.

      Danach hatte er ihnen ihre Handfeuerwaffen zurückgegeben.

      Laura war anschliessend pflichtbewusst noch einmal zur Ärztin gegangen, um die fehlenden Laborergebnisse abzuholen. Und Klara hatte ihr eröffnet, dass sie nicht mehr fliegen durfte! Sie müsse sie fluguntauglich schreiben… Rausgeworfen werden war eines, doch fluguntauglich? Das war vermutlich die grösste Schande für einen Piloten, die überhaupt denkbar war. Laura tobte weiter.

      "Was sagt denn dein verfickter Test? Was habt ihr Quacksalber gefunden, um mich kaltzustellen? Sag's doch gleich, wenn ihr mich loswerden wollt! Kommt das von Paris? Den mach ich zur Schnecke! So ein verlogener Heuchler!" Laura konnte sich nicht mehr beherrschen. Sie schubste die Ärztin jetzt vor sich her.

      Nach dem Gespräch mit Paris hatte sie sich so erleichtert gefühlt. Er hatte ihr keine nennenswerte Vorwürfe gemacht, ausser, dass sie sich ohne Erlaubnis davongeschlichen hatte. Dafür würde es eine Strafe geben, einen Verweis, oder Strafarbeit. Zehn Schichten Nachtwache in der Kommandozentrale oder so.

      Klaras Bescheid jedoch kam einer Katastrophe gleich! Ein fluguntauglicher Pilot war… ja, was? Kein Pilot mehr! Eine Nullnummer, die man nicht mehr brauchen konnte!

      Laura brach in unbeherrschtes Schluchzen aus. Erstaunlicherweise schien Klara auch von diesem menschlichen Verhalten weitgehend unbeeindruckt; sie lächelte Laura nur an. Das Schubsen und Schreien schien sie ihr zu verzeihen.

      Ferry stand daneben und blickte verlegen zu Boden. Es war ihm peinlich, dass Laura so einen Skandal machte, andererseits verstand er auch, dass es vermutlich das Schlimmste war, was Laura passieren konnte. Ferry war auch rausgeworfen worden, doch niemand hätte ihm je verbieten können zu fliegen… Das Fliegen war sein Leben!

      Er wusste, dass es Laura nicht anders ging, und es schmerzte in seiner Brust: Laura tat ihm so leid! Ausserdem wusste er: gegen den Bescheid der Chefärztin gab es keinen Rekurs, ihr Wort stand über allem…

      Laura fluchte schluchzend weiter, nun auf spanisch.

      Endlich musste sie Luft holen und hielt inne, die Hände noch auf Klaras Brustkorb. Mit Tränen in den Augen starrte sie die Ärztin fassungslos an. Das durfte einfach nicht sein, es war so ungerecht!

      Klara legte ihre langen, schlanken Finger mit den schwarz lackierten Nägeln auf Lauras Hände. Die Ärztin lächelte noch immer.

      "Laura: das ist ganz normal! Lass es raus… Das ist okay!" Laura schien nicht zu begreifen, was die Ärztin ihr zu sagen versuchte; mit blutunterlaufenen Augen starrte sie sie an.

      "Hör mir zu, Laura: du bist gesund, und dir geht es gut, Gott sei Dank! Aber die Reglemente schreiben vor, dass ich dich in diesem Zustand nicht fliegen lassen kann… Laura… Du bist schwanger!"

      Es dauerte einen Moment, bis die Nachricht angekommen war. Lauras Mund klappte auf - und wieder zu. Und wieder auf. Sie sah aus wie ein Fisch auf dem Trockenen. Dann fiel sie in Ohnmacht. Ferry fing sie auf.

      Obwohl er auch ohnmächtig werden wollte: Laura - schwanger?

      Ferrys Knie schmerzte. Er kniete auf dem Boden, Lauras Kopf auf seinen Oberschenkeln. Sanft streichelte er ihr Haar.

      Laura war schwanger! Ihm war schlecht, doch er musste Haltung bewahren…

      War sie von einem anderen schwanger? Warum hatte sie dann mit ihm geschlafen? War sie von ihm schwanger? Wie, wann, wo? Etwa in P1? Das war nicht gut! Verzweifelt blickte er zu Klara hoch. Die Ärztin lächelte noch immer.

      "Laura ist ganz frisch schwanger… kaum feststellbar. Aber definitiv schwanger! Muss im letzten Monat passiert sein...", strahlte sie Ferry an. Sie ging offensichtlich davon aus, dass er der Vater war. Nun, damit war die Frage erledigt, vermutlich. Alles drehte sich in seinem Kopf. War das nun ein Monat in P0-Rechnung, oder ein Monat in P1-Rechnung? Konnte er Laura fragen, ob sie kurz vor ihrem Abflug Sex gehabt hatte? Wenn nein, würde sie ihn umbringen! Doch er konnte sich sowieso nicht vorstellen, dass sie mit einem anderen geschlafen hatte… Das war nicht ihr Stil und dann hätte sie sich auch nicht verhalten, wie sie sich verhalten hatte... Das führte zwingend zu dem Schluss, dass das Kind von ihm sein musste! Ferry wusste nicht, was ihm mehr Angst machte: Laura zu fragen, ob sie mit einem anderen zusammengewesen war, oder die Tatsache, dass er Vater werden würde? Schwanger! Er konnte es nicht fassen.

      Klara hatte Riechsalz geholt und hielt es Laura unter die Nase. Laura schüttelte sich und blinzelte. Die Ärztin fühlte ihr kurz den Puls und nickte.

      "Alles in Ordnung, das kann passieren… Ihr müsst jetzt bitte schauen, dass ihr in den kommenden Monaten unnötigen Stress vermeidet! Du solltest übrigens einen Termin bei deinem Gynäkologen machen, Laura.", meinte sie. Sie stand auf und half Laura, aufzustehen.

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