Der Auftrag. Ralf Wider

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Der Auftrag - Ralf Wider Ferry Blacks Abenteuer

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nicht. Falls Ferry die Mission wirklich annahm, dann würden seine potentiellen Gäste wohl zwei oder drei Tage ohne ihn auskommen müssen, hatte er sich ausgerechnet.

      Mit geübtem Blick kontrollierte er im Vorbeigehen, ob in der Küche alle Geräte abgeschaltet waren, dann betrat er die Stille des Treppenhauses mit den steinernen Treppenstufen und stieg hinunter ins Untergeschoss. Er öffnete eine weitere Türe mit einem weiteren Schlüssel, ging am Umkleideraum vorbei und stand nun endlich vor der Personaltoilette. Er war angekommen. Es konnte losgehen.

      Kapitel 2 - Das Raumschiff

      Man schrieb das Jahr 1979 und Ferdi war acht Jahre alt. Er war, wie Kinder in diesem Alter sind. Er hatte langes, hellbraunes Haar, zerzaust und meist sowieso ungekämmt. Das Haar schrie nach einem Friseur, doch Ferdi hasste es, zum Friseur zu gehen. Ausserdem war das nicht so schlimm, es waren schliesslich die Siebziger. Ferdis Eltern waren liberal und antiautoritär und liessen ihm weitestgehend seinen Willen. Er konnte tun und lassen was er wollte und aussehen, wie er aussah. Ihnen gefiel, wie er war und wie er aussah und ihm auch. Meist trug er schmutzige Jeans und ein schmutziges T-Shirt. Dazu hatte er schmutzige Hände und Dreck unter den Fingernägeln, dazu meistens auch noch Überreste des Frühstücks im Gesicht. Ferdinand war ein glücklicher Achtjähriger.

      Er ging gerne zur Schule, war wissbegierig, aufmerksam und clever. Er hatte gute Noten, nette Freunde und wurde bei Gruppenspielen zwar häufig als Zweitletzter in eine Mannschaft gewählt, aber nicht als Letzter. Das war wichtig. Er war keine Sportskanone, aber er liebte Spiele, egal ob Fussball, Völkerball oder was auch immer und er brachte immer vollen Einsatz. Er mochte Mannschaftsspiele. Ferdi war nicht athletisch, aber auch nicht dick. Vielleicht ein bisschen pummelig, aber nicht dick. Auch das war wichtig, damit man nicht ausgelacht wurde.

      Sie wohnten zu viert in einem kleinen Haus mit Garten in einer kleinen Stadt, die wohl als Schlafstadt bezeichnet werden konnte und in der nicht viel los war, doch ihm gefiel diese Ruhe. Man konnte auf der Strasse spielen, mit dem Fahrrad durch die Quartiere strampeln - Ferdi hatte zum Geburtstag ein tolles BMX-Rad geschenkt bekommen -, sich in einer der vielen Grünanlagen mit Freunden treffen und Räuber und Gendarm spielen. Oder Cowboy und Indianer, je nach Lust und Laune.

      Alles in Allem war Ferdi ein Durchschnittskind aus einer Durchschnittsfamilie, lebte in einem Durchschnittshaus in einem Durchschnittsort. Und doch war Ferdi anders. Ferdinand Schwarz konnte fliegen. Und er konnte in eine andere Welt gehen.

      Für einen Achtjährigen erschliesst sich nicht sofort, dass er anders ist als seine Freunde und als seine Familie. Alles ist neu, alles ist Spiel und die Welt ist jeden Tag ein bisschen anders. Als Ferdi entdeckte, dass er an einer bestimmten Stelle des Gartens fliegen konnte, wenn er sich sehr konzentrierte und sehr bemühte, schien es nichts Besonderes zu sein. Erst als er am Tisch beim Nachtessen davon berichtete, merkte er, dass weder seine Eltern noch seine Schwester das zu können schienen. Seine Eltern fanden, er hätte eine tolle Fantasie und es sei super, wenn er sich allein zu beschäftigen wisse… Seine grosse Schwester machte später klar, dass er NICHT fliegen konnte, NICHTS Besonderes sei, und dass er gefälligst NICHT lügen und solchen Mist erzählen solle! Ferdi wunderte sich zwar über die Heftigkeit dieser Reaktion, doch es störte ihn nicht weiter. Er wusste ja, dass er fliegen konnte! Wenn auch nur ein paar Zentimeter über dem Boden und nur um die eine Hausecke herum, aber es war klar, dass er fliegen konnte. Seine Schwester hatte doch keine Ahnung! Aber das war normal. So viel hatte er bereits verstanden, auch wenn er zwei Jahre jünger war.

      Als er wenig später den Trick mit der Toilette herausfand, war er bereits ein bisschen vorsichtiger. Er fragte beim familiären Nachtessen ganz beiläufig, ob die anderen auch schon den Trick mit den Kacheln in der Toilette bemerkt hätten, und dass da ganz viele Knöpfe erschienen, wenn man auf die Kacheln drückte. Sein Vater sah ihn nachdenklich über den Rand seiner Brille an und ass weiter. Er schien erstaunt zu sein, aber nicht zu begreifen, was Ferdi erzählte. Seine grosse Schwester presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen (ein untrügerisches Zeichen, dass sie sauer war) und versuchte, unter dem Tisch nach seinem Schienbein zu treten. Ihr Blick verriet nichts Gutes. Seine Mutter meinte strahlend, er hätte eine grosse Vorstellungskraft und dass er sich alles vorstellen könne, was er wolle. Aus ihm würde sicher einmal etwas Grosses. Doch sie schien auch nicht wirklich zu wissen, wovon er sprach.

      Das beschäftigte Ferdi einige Tage lang und jedes Mal, wenn er zur Toilette ging, prüfte er, ob die Knöpfe und die Displays noch da waren - und ja, sie waren jedes Mal da! Für ihn war klar, dass er sich nichts einbildete, was es nicht gab, da die Sachen ja da waren: er konnte die Knöpfe sehen und anfassen und damit spielen… Sie waren echt!

      Wenn seine Eltern sie nicht sehen konnten, war das ihr Problem, beschloss er. Vielleicht brauchten sie ja auch nichts zum Spielen? Sie waren ja schon alt, aus seiner Sicht, und wenn er es sich recht überlegte, sah er sie fast nie spielen. Vielleicht war das ein Problem mit dem Alt-sein? Sie arbeiteten, statt zu spielen. Das verstand er nicht so ganz, aber es schien auch etwas mit dem Erwachsensein zu tun zu haben…

      Was seine Schwester betraf, so war ihm schon lange klar, dass sie ihn nicht verstand. Sie wollte immer nur ihre Spiele spielen, und manchmal gefiel ihm das auch, aber manchmal auch nicht, und dann machte sie ein riesiges Tamtam deswegen. Aber sie war auch ein Mädchen und Mädchen waren irgendwie anders, das hatte er schon gemerkt. Sie waren viel komplizierter und wollten immer komplizierte Spiele spielen. Dabei war es so schön, sich einfach treiben zu lassen und mit den Playmobil irgendeinen Krieg zu spielen. Ferdi mochte das. Die Guten und die Bösen - das war doch ganz einfach?

      Also erkundete Ferdi die Toilette weiter auf eigene Faust. Er hatte schon herausgefunden, dass die Kacheln an der Wand zu seiner Rechten - wenn er auf dem WC sass - sich antippen liessen und sich dann in die Mauer zurückzogen und eine Tafel mit Knöpfen hervorkam. Manchmal waren die Tafeln eben mit der Kachelwand, manchmal standen sie auch heraus. Unter der Kachel, die ihm am nächsten war, die vierte von unten auf der Höhe seiner Füsse, verbarg sich ein Joystick. Ferdi wusste, was ein Joystick war, denn er wünschte sich eine Spielkonsole mit Joystick. Er hatte sie schon hundertmal im Laden angeschaut. Doch er durfte keine haben. Der Joystick im WC war klein, aus Metall, schwarz, knubbelig und hatte unten eine Gummimuffe. Oben wurde der Joystick abgeschlossen von einem kugeligen, leicht abgeflachten Kopf mit einem roten und einem weissen Knopf. Er sah viel, viel besser und echter aus als der Joystick der Spielkonsole.

      Ferdi hatte natürlich damit herumgespielt und auf die Knöpfe gedrückt, doch es war nichts passiert. Eine Kachel darüber war ein Tastenfeld mit Zahlen und einige Knöpfe mit seltsamen Symbolen drauf und nochmals darüber war ein kleines Anzeigefeld wie bei einem Taschenrechner, welches in einem moosigen grün leuchtete und zu pulsieren schien. Er hatte natürlich auch darauf herumgedrückt, doch nach kurzer Zeit leuchtete meist ein kleines, rotes Lämpchen auf und auf dem Bildschirm erschien die Meldung "ERROR". Ferdi wusste nicht, was das bedeutete, aber er stellte sich vor, dass er wohl etwas falsch machte.

      Faszinierend war, dass der Spiegel über dem Handwaschbecken zu einem Fernseher wurde! Doch es lief nichts Spannendes in diesem Fernseher, er zeigte nur den Sternenhimmel, der sich langsam bewegte und Ferdi fand nicht heraus, wie man den Sender wechseln konnte. Als er jedoch das Wasser aufdrehte, um sich die Hände zu waschen, wurde der Fernseher dunkelgrau und ein farbiger, senkrechter Balken erschien, der grösser wurde, wenn Ferdi den Wasserhahn stärker aufdrehte und kleiner, wenn er ihn wieder zudrehte. Das funktionierte mit beiden Knöpfen. Drehte er am Kaltwasserknopf, erschien ein blauer Balken, und ein roter für den Warmwasserknopf. Unter dem roten Balken stand Haupttriebwerk und unter dem Blauen Hilfstriebwerk.

      Ferdi wusste, was ein Triebwerk war, sein Vater war Ingenieur in einer grossen Fabrik. Dort gab es auch Triebwerke und Turbinen und Generatoren und solche Sachen. Sie hatten auch einen Riesencomputer und Ferdi hatte ihn anschauen dürfen. Er war fasziniert gewesen von all den Knöpfen, runden und

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