AC/DC und das "erste Mal". Stefan Frädrich

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AC/DC und das

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ein „Quincy“ werden – ein paar Wochen Praktikum in der Berliner Rechtsmedizin reichten allerdings aus, um diesen Wunsch wieder zu zerstreuen …) assoziiere mit dem indischen Ozean genauso schnell „Tsunami-Opfer“ wie „Strandurlaub“ – tatsächlich habe ich noch etliche sehr realistische Erinnerungen an Menschen im Kopf, die ertrunken waren. Der Tod durch Ertrinken gehört für mich somit jederzeit in den Bereich realistischer Möglichkeiten. Gebrannte Kinder scheuen eben das Feuer.

      Aber: Ich WOLLTE doch unbedingt auf die Malediven! Also half wieder der Stadionvergleich: 2004 starben von den 300.000 Einwohnern der Malediven durch den Tsunami etwa 100. Das ergab 0,0333 Prozent und somit 25 Bombenopfer im 75.000-Leute-Stadion – keine Chance, ich würde zuhause bleiben! Naja, zumindest ließ ich mir sehr viel Zeit mit der Bezahlung und schloss ausnahmsweise mal eine Reiserücktritts-versicherung ab… Geholfen hat letztlich die Überlegung, dass so ein schlimmer Tsunami nur alle paar Jahre, Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte vorkommt. Und wann, das weiß letztlich keiner. Also gehen wir mal davon aus, die Bombe ginge nur in jedem 25. Spiel hoch (alle 25 Jahre, was hoffentlich nicht vorkommen wird), sind wir schon bei „nur“ einem einzigen Opfer pro Spiel – und dieses Risiko wiederum würde ich durchaus eingehen! So als echter Fußballfan. Außerdem hatte ich ja die Möglichkeit, mich zu informieren, was im Falle eines Falles zu tun sei: irgendwo festhalten, auf Dächer klettern und ähnliches.

      Sprich: Das Risiko wurde durch nachdenken bewusst und erschien durch weitere Informationen begrenzbar. Es ist demnach um das Vierfache wahrscheinlicher, am Passiv-Rauchen zu sterben als durch eine Monsterwelle! Oder wollte ich den Urlaub einfach zu sehr? Rationalisiere ich hier nur? Naja, egal: Ich muss Ihnen wohl nicht verraten, wo wir unseren Silvesterurlaub verbrachten – es war traumhaft! Und wir würden jederzeit wieder hinfliegen.

       Feigheit? Mut? Es kommt drauf an!

      Also, was bleibt? Wir haben immer noch keine Ahnung, was die Zukunft für uns bringt. Aber – vor Entscheidungen gestellt – können wir nun einen groben Algorithmus herleiten:

      Wenn wir nicht wissen, wie die Dinge für uns ausgehen, sollten wir

       erstens – unsere Chancen so realistisch wie möglich einschätzen! Oft steht es gar nicht so schlecht um unsere Gewinnwahrscheinlichkeit.

       Zweitens: Machen wir uns klar, welche Risiken wir mit jeder möglichen Entscheidung eingehen! Oft droht uns schließlich der größte Verlust, wenn wir überhaupt kein Risiko eingehen. Ist der Einsatz also überschaubar, spricht nichts gegen ein wenig Mut – denken wir lieber optimistisch und langfristig!

       Aber drittens: Je größer unser Einsatz wird, desto eher wird Risiko zur Dummheit – vor allem bei schlechten Chancen. In diesem Falle: Finger weg! Wir sind ja nicht blöde.

      Na, wie sieht es nun mit Ihnen aus? Sind Sie ein „Feigling“? Ich jedenfalls nehme mir die Freiheit auch in Zukunft hin und wieder einer zu sein. So wie ich ebenfalls in Zukunft immer wieder gewagte Projekte beginnen werde. Und zwar beides zu recht. Es kommt eben drauf an.

      So explodiert Leistung

      Wovon hängt eigentlich ab, wie leistungsfähig wir sind? Ja, ja, ich weiß: Viele Faktoren bestimmen die momentane Leistungsfähigkeit. Zum Beispiel unser Talent, unsere Tagesform, die Laune unserer Mitarbeiter und Kunden, unsere aktuellen Kenntnisse und Fähigkeiten, die Wirtschaftskrise, der Blutalkoholspiegel vom Vorabend, unsere Gene, unser Umfeld, nicht bewältigte (oder besonders gut bewältigte) Kindheitstraumata, und, und, und.

       Talent, Trauma, Gene?

      Aber welche Faktoren lassen unsere Leistung so richtig explodieren? Nur Talent kann es kaum sein – schließlich kennen wir alle den Typus des erfolglosen „ewigen Talents“. Wäre dieses eben „nur“ systematisch entwickelt worden …

      Auch die Kindheitstraumata alleine sind nicht schuld – im Gegenteil: Wussten Sie zum Beispiel, dass der Verlust eines Elternteils während Kindheit und Jugend sogar zum Lebenserfolg beitragen kann? Traurige Tatsache: Etliche A-Persönlichkeiten waren oder sind Waisen – Caesar, Kopernikus, Michelangelo, Napoleon, Washington, Newton, Bach, Händel, Darwin, Nietzsche, Louis Armstrong, Mahatma Ghandi, Charlie Chaplin, Bill Clinton, Madonna, Bono, Paul Mc Cartney, John Lennon, und viele mehr. Warum? Nun, manchmal scheint gerade das Erleben äußerster Verwundbarkeit das Gefühl zu wecken, nicht sicher zu sein im Leben – und sich dann in höchste Leistung umzuwandeln: „Je besser ich bin, desto sicherer lebe ich.“ Ja, Traumata können motivieren: Was so weh tut, darf schließlich nie wieder passieren!

      Und wie sieht es mit den Genen aus? Alles weist darauf hin, dass diese zwar eine Rolle spielen können, aber längst nicht müssen.

       Was das Lernen von Musikinstrumenten über Leistung verrät

      Einen Riesenschritt zur Lösung unseres Rätsels hat der Psychologe Gary McPherson gemacht („Commitment and Practice: Key Ingredients for Achievement during the early Stages of Learning an Musical Instrument“, in Council for Research in Music Education 147, 2001): McPherson untersuchte 157 zufällig ausgesuchte Kinder, die ein Musikinstrument lernten. Ziel der Untersuchung: Welche Kinder wurden dank welcher Faktoren besonders gut?

      Zunächst zeigte sich, was zu erwarten war: Ein paar lernten sehr schlecht, ein paar wenige unerwartet gut, und die mit Abstand meisten Kinder landeten irgendwo im Mittelfeld dazwischen. Wie aber kamen die besonders guten Leistungen zustande? Überraschung: Zunächst konnte McPherson ausschließen, dass die besonders erfolgreichen Entwicklungen etwas mit Intelligenz, Gehör, Mathematikkenntnissen, sensomotorischen Fähigkeiten oder Familieneinkommen zu tun hatten! Unerwartet, nicht wahr?

      Woran lag es dann? Überraschung Nummer zwei: Wie sich zeigte, lag der Unterschied in einer kleinen, scheinbar unbedeutenden Frage, die den Kindern zu Beginn der Übungsphase gestellt worden war: „Was meinst du, wie lange du das Instrument spielen wirst?“ Die Kinder hatten folgende Antworten zur Auswahl: dieses Schuljahr, nur während der Grundschulzeit, während der gesamten Schulzeit, oder das ganze Leben lang.

      Die Kinder gaben also einen Tipp ab, wie wichtig das Instrument für sie zukünftig werden würde. Und nun wurden die Antworten in drei Kategorien eingeteilt: kurzfristige, mittelfristige und langfristige Leistungsbereitschaft. Sie ahnen schon, was kommt? Geduld noch.

      Weiter mit dem Versuch: Denn jetzt teilte McPherson die Kinder auch noch danach ein, wie lange sie wöchentlich übten: wenig (20 Minuten), mittel (45) oder viel (90). Und als McPherson nun die Übungszeiten mit der langfristigen Leistungsbereitschaft verglich, zeigte sich ein unerwartetes Ergebnis:

       Die Kinder, die nur eine kurzfristige perspektivische Leistungs-bereitschaft hatten, erbrachten klar die schlechtesten Leistungen. Besonders interessant dabei: Sie wurden selbst durch intensives Üben nicht besser!

       Die Kinder mit der mittelfristigen Leistungsbereitschaft waren erwartungsgemäß besser. Hier verbesserten sich die Leistungen auch mit der Übungsdauer.

       Nun der Hammer: Die Kinder mit der langfristigen Leistungs-bereitschaft waren die mit Abstand besten. Selbst mit der geringsten Übungsdauer waren sie immer noch besser als die kurzfristig Motivierten mit der längsten Übungsdauer! Und: Ihre Leistung schnellte mit längerer Übungsdauer viel steiler nach oben als bei den mittelfristig Motivierten – sie explodierte förmlich! Bei gleichen Übungszeiten waren die Kinder, die langfristig motiviert waren um ganze 400 Prozent besser als die nur kurzfristig Motivierten!

      

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