Von Gnomen und Menschen. Gisela Schaefer

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Von Gnomen und Menschen - Gisela Schaefer

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der allerersten Uhu-Familie des Waldes.

      Nun waren diese Reisen aber keineswegs ergebnislos, denn jedes Mal gab es neben dem Altbekannten auch Neuigkeiten, Erheiterndes oder Bedrückendes. Mal lachten die Gnome schallend über die Verrücktheiten der Menschen, mal weinten sie Tränen, wenn sie von deren Schicksalsschlägen und Bosheiten hörten. Mit einer Mischung aus Entsetzen und Stolz reagierten sie auf die Nachricht, dass die Normannen, Nachfahren der Bewohner ihrer alten Heimat, im Jahre 1066 England erobert hatten. Die Nachkommen Gernots, die längst ihre Machtbefugnisse über das reine Beschützen hinaus ausgedehnt hatten, bauten sich eine Burg aus Holz und nannten sie Gernotsheim.

      Als jedoch eine Generation später das erste Gotteshaus aus Steinen errichtet wurde, ließen sie flugs eine steinerne Burg errichten und gaben ihr fortan den Namen Gernotstein. Die alte diente nun zur Unterbringung des Gesindes, das immer zahlreicher wurde, so wie ihre Ländereien immer größer und ihre Schatztruhen immer voller.

      „Was ist denn ein Gotteshaus?“ wurde Harald, der Urenkel Olofs nach seiner Reise im Jahr 1120 gefragt, worauf er etwas in Verlegenheit geriet.

      „Also … äh … das ist ein Haus mit einem ganz hohen Turm, worin sich eine Glocke befindet.“

      Mit einem Stöckchen malte er das Abbild einer Glocke in den Sand und versuchte zu beschreiben, welch einen ohrenbetäubenden Lärm der Klöppel machte, wenn er gegen die Glockenwand schlug.

      „Viel lauter, als wenn hundert Wildschweine kreischen … oder tausend Nordmänner grölen nach einigen Fässern Met … ihr könnt Lars und Fiete fragen, wir waren zwei Tage lang taub.“

      „Ja, warum machen sie denn einen solchen Lärm?“

      „Damit die Leute wissen, wann sie ins Gotteshaus kommen sollen, um zu beten … also mit Gott zu sprechen.“

      „Was ist Gott?“

      „Ein ER! Ein Geist oder was weiß ich, jedenfalls lebt er da oben,“ Harald zeigte nach oben, „weit hinter den Wolken, im Himmel. Dieser Gott hat viel mehr Macht als der mächtigste König. Er hat zehn strenge Gebote aufgestellt, nicht lügen und streiten und solche Sachen. Wenn ein Mensch stirbt, der zu seinen Lebzeiten folgsam war und diese zehn Gebote beachtet hat, kommt er auch in den Himmel. Dort lebt er dann mit anderen Verstorbenen in Frieden, Gesundheit und Liebe füreinander.“

      Eine hübsche Vorstellung, fanden die Gnome, fragten sich aber verwundert, warum sie nicht schon auf Erden in Frieden und Liebe füreinander lebten – wie sie selber es seit jeher taten. Und ihre Gesundheit? Nun ja, da hatten die Weisen Männer herausgefunden, dass diese sich in den meisten Fällen allein durch eine friedliche Lebensweise erhalten ließe - und die restlichen Krankheiten musste man eben kurieren, es wuchs für alles ein Kraut, nur wussten das offenbar die Menschen, insbesondere ihre Ärzte nicht.

      „Sie schnippeln entweder was weg oder öffnen eine Ader,“ sagte Harald kopfschüttelnd über so viel gefährliche Unwissenheit.

      „Was passiert denn mit denen, die die Regeln des Gottes nicht befolgen?“

      „Die kommen in die Hölle, ein so grauenvoller Ort, dass ich kein Wort darüber verlieren möchte von dem, was ich gehört habe.“

      „Warum streiten sie dann trotzdem, ich versteh das nicht,“ sagte Haralds Frau Line.

      „Ich auch nicht!“ Harald zog die Schultern hoch. „Dabei gehen sie mindestens einmal in der Woche in das Haus Gottes und versprechen zu gehorchen, aus Angst vor seinem Unmut und seiner Hölle. Kaum sind sie draußen, haben sie alle Versprechen vergessen und sind so unanständig wie eh und je.“

      Die Gnome schüttelten entsetzt den Kopf, als Knut, Eric und Vindale wieder hundert Jahre später von Kriegen berichteten, die wegen des Glaubens an diesen Himmelsgott geführt wurden – weil nämlich die Menschen ganz unterschiedliche Vorstellungen von IHM hatten und unbedingt ihr eigenes Bild allen anderen aufzwingen wollten. Ganze Heerscharen von bewaffneten Rittern kämpften auf Leben und Tod gegen ‚Ungläubige‘. „Obwohl das gar nicht stimmt,“ erklärte Knut, „denn alle Menschen glauben an irgendeine Art von Gott. Sie sind also nicht ungläubig, sondern andersgläubig.“

      Als er einen typischen Ritter beschrieb, waren sie nicht sicher, ob er ihnen einen Bären aufbinden wollte.

      „Brustpanzer?“

      „Kettenhemd?“

      „Helm mit Visier?“

      „Alles aus Erz? Wie kann man sich denn darin bewegen?“

      „Nicht gut,“ kam seine prompte Antwort, „die schwere Rüstung ist Segen und Fluch gleichermaßen. Sie schützt vor den Waffen der Feinde, aber macht ihre Träger schnell müde … und wenn sie umfallen oder vom Pferd stürzen, liegen sie dort wie Käfer auf dem Rücken, total hilflos.“

      So verbrachten die Gnome nach den Reisen ihrer Weisen Männer viele Abende mit nicht enden wollenden Fragen, bis sie alle eine ungefähre Vorstellung hatten von der Lebensweise und den Gepflogenheiten der Menschen – was wiederum jedes Mal zu dem Entschluss führte, weiter im Verborgenen zu leben und ihren eigenen Sitten und Gebräuchen treu zu bleiben.

      Die Ansiedlung am Waldrand war mit den Jahren langsam aber stetig gewachsen, erreichte jedoch nicht die Größe einer Stadt, von denen es immer mehr im Lande gab, mit Tausenden Menschen darin, die sich Bürger nannten und die ein Handwerk ausübten oder Handel trieben. Und weil es so viele Menschen gab, genügte es nicht mehr, ihnen Vornamen zu geben. Jeder erhielt nun auch einen Nachnamen oder Familiennamen. So wurde zum Beispiel aus einem einfachen Matthias ein Matthias Müller, wenn dieser eine Mühle betrieb und von Beruf Müller war. Oder ein Gottlieb, der Schuhe herstellte oder flickte, wurde Gottlieb Schuhmacher genannt. Kinder und Ehefrauen bekamen den Nachnamen des Vaters bzw. Ehemannes.

      Solveig konnte nicht anders und musste seinen Bruder Knut ein bisschen necken: „Dann könnten wir dich Knut Weise nennen, oder Knut Zaubermann.“

      „Und dich, Solveig, nennen wir Tischemacher,“ bemerkte ein anderer.

      „Tischler,“ verbesserte ihn Knut lachend. „Einen Mann, der Tische und andere Möbel aus Holz herstellt, nennen sie Tischler … aber sonst liegt ihr vollkommen richtig.“

      Dieser Abend endete in großem Gelächter, weil jedem von ihnen ein passender Name für seine Freunde und Verwandten einfiel, wie zum Beispiel Steinklopfer, Wurzelgraber, Scheibenschleifer, Murmelmacher, Ohrenzieher und Kräuterpantscher.

      „Da wir gerade von passenden Namen sprechen,“ sagte Knut, „ihr Kaiser ist jetzt ein Friedrich Barbarossa, das heißt Friedrich Rotbart.“

      Da es niemanden mehr unter den Gnomen gab, der je einen Nordmann gesehen hatte mit blondem oder rotem Bart, rief die Vorstellung von Haaren ähnlich dem Fell des Fuchses, und dann auch noch mitten im Gesicht, weitere Heiterkeitsausbrüche hervor.

      „Ob rot, schwarz, gelb oder grau ,“ Knut verzog missbilligend seine Mundwinkel, „es hängen in diesen Bärten andauernd Speisereste, oder es klebt Bier daran … nicht sehr appetitlich. Etwas anderes hat mir dagegen sehr gefallen: Es reisen neuerdings Spielleute mit Musikinstrumenten durch die Lande, die wunderschöne Balladen singen, von Rittern und Edelfrauen, von Liebe, Hass und Heldentum … das geht richtig zu Herzen. Andere erzählen Geschichten, eine davon handelt von den Nibelungen, einem Zwergenvolk, das weitläufig mit uns verwandt ist.“

      Weder die Menschen noch die

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