GIFT geschädigt. Maxi Hill

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GIFT geschädigt - Maxi Hill

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und in diesem Moment tat es ihm sofort leid. Warum hatte er etwas gesagt. Sollten die doch ins offene Messer rennen. Wenn Aaron jetzt krank war, würde er automatisch aus dem Kalkül fallen, oder man benutzt ihn hinterlistig als Karteileiche.

      Sein Ausdruck, den er genau wie zuvor nur in Gedanken verwendet hatte, überraschte ihn. Aber diesmal war es ein Stich, den er nicht vermutet hatte. Wie konnte er das Wort Leiche mit Aaron in Verbindung bringen und es nicht als Blödelei verstehen? Früher hätte er es so verstanden und jeder andere hätte es auch als Blödelei verstanden. Jetzt aber hieß früher nicht die Zeit, die er im Schuldienst bereits hinter sich gebracht hatte. Früher betraf in diesem Moment die Zeit vor Aarons Offenbarung.

      Aaron würde es nicht treffen, nicht mehr. Dafür musste er gar nicht sorgen. Dafür hatte irgendjemand oder irgendetwas bereits gesorgt. Gründlich. Eine ganz andere Frage quälte ihn und die ließ sich bei aller Gelassenheit nicht überspielen: Wer hätte etwas zu verantworten, wenn Aaron Recht behielt?

      Die Beratung hatte sich festgefahren. Es würde heute zu keinem Ergebnis kommen. Irgendwie war Schrimp darüber nicht ärgerlich. Es war ihm egal wie es die anderen sahen. Es war die Sache eines jeden, wie er in das Wochenende ging. Jeder hatte das Recht zu hoffen, das Damoklesschwert gehe an ihm vorbei. Jeder hatte das Recht, seinen sozialen Hintergrund zu erhöhen oder zu vertiefen. Ganz nach Belieben.

      Irgendetwas hatte sich in seinem Kopf festgesetzt. Musste er sich jetzt Vorwürfe machen, über Aaron Bescheid zu wissen? Oder konnte er davon ausgehen, dass sich alles fügen würde und Aaron sich zu seiner Krankheit bald offen bekannte?

      Er wartete, ließ das ungewisse Schweigen ebenso vergehen, wie das Schwatzen über Himmel und die Welt, das sich stets breitmachte, wenn die Schulleitung untereinander diskutierte, weil sie mal wieder unschlüssig war.

      Irene Paulick hob die Zeitung an, die zwischen ihren Papieren versteckt lag und in der sie gerade mit halbherzigem Interesse gelesen hatte, während der größte Teil ihrer Aufmerksamkeit den Gesprächen galt, die über den Tisch wechselten.

      »Der Quentin Heider ist gestorben.«

      Warum lesen immer Frauen die Todesanzeigen, dachte Schrimp, doch das dachte er nur für einen winzigen Moment. Dann war er da, der Klick in Ole Fedders Kopf.

      Eine halbe Seite mit Todesanzeigen lag offen vor jedermanns Augen. Auf einer großen Anzeige, begrenzt von einer schmalen Abbildung einer trüben Herbstlandschaft in Grautönen, stand nur der Name Quentin. Gleich daneben eine kleinere, schlichte, von Freunden aus dem Planetarium, und diese trug den vollen Namen Quentin Heider. Dieser Quentin war ein kleines Schlitzohr gewesen, pfiffig in Schrimps Augen, großspurig in den Augen von Frau Weber. Sie mochte es nicht, wenn Schüler glaubten, ihr in Sachen Astronomie etwas vormachen zu können. An Quentin Heider erinnerte sich noch jeder hier. Vielleicht seines Namens wegen, vielleicht, weil das mit den ungebügelten Charakteren so ist. Schrimp erinnerte sich auch an Quentin. Ganz genau sogar. Quentin Heider hatte den Bio-Leistungskurs gewählt, um Chemie ganz schnell loszuwerden. Das galt für ihn als sicherste Bank, um sein Abitur überhaupt zu schaffen.

      »So jung und schon Krebs«, sagte Frau Weber mit schwacher Stimme.

      Ohne Vorwarnung steckte Schrimp nach diesen Worten mitten in einer verrückten Welt, in der es zu leben lohnt und in der doch gestorben wird. Beängstigend war das gleiche Prinzip, das langsam erkennbar wurde. In seiner Brust hämmerte das Herz so heftig, dass er kaum hörte, wie Maltschew, der Informatiker, mehr fragte als feststellte: »Da war doch diese brünette Frau damals, die Kunsterzieherin. Wie hieß die noch?«

      »Meinst du die, deren Busen dauernd eigene Wege ging?« Das beißende Glucksen kam von Heiner Bär. Schrimp klappte den Deckel seines Blockes zurück und hörte, wie Bär zu Maltschew raunte: »Das war doch die, die andauernd zu Barthels auf die Liege im Musikkabinett musste, weil ihr schlecht war?«

      »Genau, die war das.«

      »Gerber hieß die«, wusste Maddy Brown. »Die war in der Tat mehr krank als gesund. Kein Wunder, dass die so rasch vergessen ist.«

      »Die ist, soviel ich weiß, im vorigen Jahr verstorben. Blutkrebs«, sagte Irene Paulick wie nebenbei.

      Maltschew staunte und in Schrimp drückte eine ganz bestimmte Erinnerung. Das Los dieser Frau Gerber interessierte hier niemanden so sehr, wie die Selbstdarstellung von Heiner Bär.

      »Was lernt uns das?«

      »Was lehrt uns das. Herr Bär!«, berichtigte Maddy Brown.

      »Schon mal was von Idiom gehört, Fräulein Brown?«

      Schrimp pfiff leise durch die Zähne, ehe er sagte: »Gerade jetzt, aber hinten mit scharfem T.«

      Wenn es jemanden an dieser Schule gab, der trockenen Humor pflegte, dann war es Ole Fedder. Doch für dieses hirnlose Geplänkel hatte er gar keine Lust. Unvermittelt stieg die Erinnerung an Aarons Worte auf und irgendwie hatten die sogar etwas mit dieser Frau Gerber zu tun. Er wusste nicht mehr genau was es war. Er wusste nur, dass Aaron ihm einmal etwas über diese Frau erzählt hatte. Sicherlich nichts Weltbewegendes, sonst würde er es noch wissen, sein Gedächtnis war noch intakt, so intakt, dass ihm in diesem Moment eines sehr klar wurde: Diese Individualisten um ihn herum könnten nie gemeinsam ein großes Problem lösen, so wie sie selbst es bei Teamarbeit von den Schülern verlangten.

      Als wäre er aus einem Wachtraum gefallen, polterte er los: »Ihr könnt es nehmen, wie ihr wollt. Ich sage euch jetzt was. Das sind keine Zufälle mehr. Erst diese Gerber, jetzt der Quentin und dann noch Sebastian Hamm und Aaron Barthels ...«

      »Aaron? Schlechter Scherz, Ole. Über eingebildete Kranke schrieb schon ein gewisser Molière seine Posse.“

      Woher nahm Sven Krüger diese Unverfrorenheit? Manchmal vergaß Ole Fedder sein aufgeräumtes Gemüt. Es reizte ihn ungemein, Gleiches mit Gleichem zu vergelten.

      »Immer noch besser, als aus der eigenen Dummheit eine Posse zu machen.«

      »Wo ist das Problem, Ole?«, polterte Direktor Mudracks Stimme.

      »Das Problem ist diese Schule. Hier tickt eine Zeitbombe.«

      »Es reicht, wenn Kollege Barthels diese Schule diffamiert. Beinahe jeder hier weiß, dass er nicht mehr sehr arbeitswillig ist. Vielleicht sollten wir ihn in die Frühpensionierung schicken.«

      »Aaron diffamiert diese Schule?«

      »Du solltest nicht in sein Horn blasen, auch wenn ihr die dicksten Freunde seid …«

      »Soll das heißen, auch ich diffamiere diese Schule? Ich diffamiere nicht die Schule und niemanden hier. Ich werde mich aber informieren. Und zwar gründlich, zum Zwecke der Abwehr möglicher Schäden Schutzbefohlener. Das ist zwar nicht meine originäre Aufgabe, aber …«

      Mudrack fiel ihm ins Wort: »Ach. Da fällt mir die Sache mit deiner originären Aufgabe ein. Es gab massive Beschwerden wegen dieser Ambrosia-Pflanze. Darüber wird noch zu reden sein.«

      »Okay. Diese eine massive Beschwerde kenne ich bereits, aber wenn du meinst, Herr Direktor, reden wir auch darüber. Meinetwegen sofort.« Schrimp erhob sich so spontan, dass sein Stuhl nach hinten kippte, was einem Wutanfall gleichkam. Quer durch die Mithörenden ging ein hämisches Grinsen, das von Mudracks befehlendem Ton abrupt unterbunden wurde.

      »Nach der Olympiade! Jetzt habe ich weiß Gott andere Sorgen.«

      Schrimps

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