Der Perspektivenwechsel des himmlischen Kutschers. Leo Brescia
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Leo Brescia
Der Perspektivenwechsel des himmlischen Kutschers
Kurzgeschichtensammlung von Leo Brescia
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Inhaltsverzeichnis
Himmlische Hilfe, himmlisches Leid
Vom Mut, seinen eigenen Dämonen zu begegnen
Um uns etwas ins Gedächtnis zu rufen.
Der Kutscher
Einst fiel ein Mann zwischen die Welt der Wirklichkeit und der Welt des Traumes. Er beabsichtigte eigentlich von der Welt des Lebens in die Welt des Todes zu wechseln, da er im Leben nicht mehr zu Recht kam. Zu viele Veränderungen geschahen beinahe zeitgleich in seinem Leben und er stellte sich die Frage nach dem Sinn. Doch er konnte keine Antworten auf seine Fragen finden und alles wuchs ihm zunehmend über den Kopf.
Darum nahm er eines Abends einen giftigen Drogencocktail zu sich, der ihn aus dieser Welt flüchten lassen sollte.
Als er einschlief, seine vermeintlich letzten Gedanken bei den großen Geheimnissen des Lebens, da glitt er nicht aus dem Leben sondern in eine Zwischenwelt.
Als er dort die Augen aufschlug spürte er keine Enttäuschung ob seines missglückten Selbstmordes, kein Entsetzen über die fremde Welt aber dafür eine tiefe, innere Ruhe. Diese Zwischenwelt war friedlich.
Als er sich umblickte, da sah er über sich nicht bloß die Nacht sondern das ganze Weltall. Welten zogen über ihm vorbei, bunte Galaxienebel zeigten Entstehen und Vergehen von Planeten und Welten.
Er sah Sonnen die Licht und Leben spendeten, und Sonnen die sich aufmachten um ihre Kinder zu verschlingen.
Die Bewegungen des Universums liefen beschleunigt ab, so konnte er Zusammenhänge erfassen, die ihm davor unerschlossen blieben. Alles schien richtig zu sein, so wie es war. Alles war bedeutend, alles war plötzlich sinnvoll.
Unter sich sah er nur Nebel, einen festen Boden konnte er nicht spüren. Der Nebel umgab seine Füße und Waden nur im Umkreis von ein paar Metern, danach zerfaserte er und gab wieder dem Weltall Platz.
Trotzdem fühlte er sich nicht gefangen auf diesem Plateau aus Nebel, das sich in einem unendlichen Universum befand. Er fühlte sich, so alleine im Nichts stehend, geborgen.
Und über allem lag kosmische, echolose und wohltuende Stille die Zeit für ruhige Gedanken ließ.
Während er das Universum voller Ehrfurcht betrachtete und die unendliche Größe spürte, da drehte er sich um und sah eine schwarz polierte Kutsche die aus dem Weltall auf das Wolkenplateau, auf dem er stand, zugeflogen kam. Die beiden ebenfalls schwarzen, vor die Kutsche gespannten, Pferde bewegten ihre Hufe in einem sanften Trab, und die Räder drehten sich im Einklang miteinander, obwohl es nirgends festen Boden gab, auf dem sich die Hufe abstoßen oder die Räder drehen konnten.
Auf dem Kutschbock saß ein alter weißhaariger und runzliger Mann dem man selbst unter seinem schwarzen Mantel und dem schwarzen Zylinder ansah, dass er sehr ausgemergelt war.
Die Augen des Kutschers waren auf den Mann gerichtet der vorgehabt hatte sich umzubringen.
Diesen strahlend blaugrünen Augen haftete etwas Großes an, das nicht zu beschreiben war. Diese Augen schienen ein See aus Weisheit zu sein. Mehr noch, denn neben Weisheit strahlte der Mann eine Tiefgründigkeit und ein Mitgefühl aus, das dem, der in die Zwischenwelt gefallen war, noch nie begegnet war.
Die Kutsche mit dem geschlossenen Verdeck, den goldenen Verzierungen auf dem schwarzen Holz und den zugezogenen Purpurvorhängen vor dem Fenster kam so vor ihm auf dem Wolkenplateau zu stehen, dass sich der Kutschbock nun genau vor ihm befand und der alte Mann ihm tief in die Augen blickte.
„Komm, steig auf“, sagte dieser in einem Plauderton, als ob sie seit Ewigkeiten Freunde wären. Als er das gesagt hatte, griff er neben sich und reichte ihm eine dreistufige Trittleiter hinunter. Der Reisende stieg mit Hilfe der Trittleiter zu dem alten Mann auf den Kutschbock und setzte sich, nach dem dieser ein wenig nach Links gerückt war, zu ihm.
Sogleich gab der Kutscher eine Bewegung mit den Zügeln und die Kutsche setzte sich wieder in Bewegung. Sie hob am Ende der Nebelwolken wieder ab und die Hufe der Pferde schlugen wieder ins Nichts, und natürlich waren dabei auch keine Geräusche zu hören.
Nachdem sie eine Weile durch das Universum geglitten waren, fragte der Mann den Kutscher: „Warum bin ich hier?“
„Wo wärst du, wenn du nicht hier wärst?“, fragte ihn der Kutscher zur Antwort.
Der Mann dachte eine Zeit lang über die Frage nach, ehe er meinte: „Ich würde zu Hause tot im Bett liegen.“
Der Kutscher nickte und blickte weiter in die Unendlichkeit hinaus, als ob er einen bestimmten Weg befahren würde, von dem er nicht abkommen wollte.
Nach einer weiteren Zeit sprach der Mann nachdenklich weiter: „Aber genau das sollte ich eigentlich. Tot zu Hause im Bett liegen. Warum bin ich dennoch hier?“
„Du solltest eben nicht tot zu Hause im Bett liegen, genau