Skyline Deluxe. Marianne Le Soleil Levant
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Tom war irritiert. Sie kam auf ihn zu. Er drückte auf den Liftknopf. Zu seinem Glück öffnete sich die Tür, der bereits zuvor erfolgten Betätigung geschuldet, praktisch im folgenden Moment. Allerdings war das nicht sein Plan. Er hatte mit einer Anfahrt aus den höheren Stockwerken gerechnet und wollte in der Zeit seine Stolperszene einleiten. Nun trat er wie selbstverständlich, jedoch, um nicht durch eine unbegründbare Verzögerung seltsam zu wirken, zwangsläufig in die Aufzugstür, den Blick weiter scheinbar auf das Telefondisplay gesenkt und höflich zu ihr, wie zu jemand, der einem so angenehm wie bisher unbekannt erschien, hinüber schielend. Sie fixierte ihn ununterbrochen. Er hielt die Tür den Moment bis sie da war auf, sie trat hinein und vermeldete in einwandfreiem Englisch mit eindeutig amerikanischem Akzent und ganz unverfänglich: „Thank you for waiting.“
Tom war bis ins Mark gerührt. Der sanfte Klang ihrer Stimme schenkte ihm eine liebevolle Flut an Zuneigung. Er hatte versucht, noch ein wenig den Gleichgültigen durch die Telefonstarrerei zu spielen, brauchte jetzt aber einen verräterischen Moment zu lange, um sich zu fassen. Sie waren vorerst allein im Lift. Zu zweit. Tom blickte auf. Der Stolperplan war dahin. Er traute sich vorsichtig und langsam, in ihre Augen zu sehen. Er suchte noch immer das erlösende Lächeln. Wenn es denn da war, musste es sich um eine fünfzigprozentige Steigerung auf 0,03 mm der Mundwinkel handeln.
„I mean it“, sagte sie. Beinahe hätte er das Mobiltelefon fallen gelassen, der reinen Muskelentspannung wegen. Es musste am Kreislauf liegen. Tom war in einem Aufzug zum Himmel. Sie sah ihm weiter direkt in die Augen. Die Intimität des winzigen Fahrstuhlraumes war optimal. Man konnte nicht weg. Zu zweit. Keine Zeugen.
„Have you got any plans for this evening?“, fuhr sie fort. Die Tür ging auf. Die Gäste davor realisierten, dass diese Fahrt weiter nach oben gehen sollte, und hielten sich mit Einsteigen zurück. Sie wollten hinunter.
Die Tür schloss.
„I am free“, brachte Tom zum Glück knapp heraus und es war die richtige Antwort. „My room no. is 2324. Will you give me a call around seven?“ Ihrer beider Blicke waren irgendwie eingeloggt, aber Toms Verzauberung rührte einfach von ihrer wundervollen Stimme. „Sure“, antwortete er und lag auch damit richtig. Die Tür öffnete sich. 23. Stock. Sie löste den Blick und verschwand. Tom blieb selig zurück. 25. Stock. Aussteigen Tom.
Er schwebte durch den Flur in sein Zimmer als ihm einfiel, dass ihm nicht so recht klar war, wie er in ihrem anrufen sollte. Er sah auf eines der Telefone. Da stand die Lösung auf einem Aufkleber mit Nutzungserklärung und steigerte seine Stimmung erneut. Einfach die 8 vorwählen und die Zimmernummer. Unglaublich praktisch diese Fünf-Sterne-Hotels.
Nach endlosen Minuten weiter, horizontloser Blicke über Bangkoks Dächer, in welchen nur die Vision dieser unscheinbaren Frau erschien, fiel ihm ein, dass er an dem Tag ein Studio besichtigen wollte. Erst als er ihre wenigen, an ihn gerichteten Sätze und den Klang ihrer Stimme zigmal in seinem Geist wiederholt hatte und sich in der Erinnerung ihrer Schenkel und der Nase, ihrer inzwischen unbedingt liebenswerten Unscheinbarkeit ergehen konnte, dachte er daran, auf die Uhr zu sehen. Ziemlich übermannt von der leichten Fügung der Kontaktaufnahme, fand er sich immer noch nicht verliebt. Tom beglückte sich darüber, dass ihn sein Gefühl nicht getäuscht hatte. Er mochte diese Frau und sie mochte ihn. Gegen die Vernunft, gegen seine Gewohnheit, gegen seine Erfahrung über seine Neigung, aus heiterem Himmel. Er dachte jetzt an Freundschaft, was weit unrealistischer war, als reiner Sex. Kurz gesagt, ging seine romantische Seele mit ihm durch.
Das einzige, was wirklich klar sein mochte, weil es einigermaßen nachweislich erkennbar war, blieb der naheliegende Umstand, dass sein auffälliges Interesse an ihr, seine langen Blicke, natürlich nicht unbemerkt geblieben waren und die unscheinbare Dame als Alleinreisende, vielleicht alleinstehende Frau der Neugierde eines gutaussehenden, jungen Europäers nicht abgeneigt gegenüberstand. Tom war doch immer noch sehr naiv. Gerade Frauen betreffend. Der unverbesserliche Romantiker. Dann wieder nicht.
Wie hätte sie seine aufmerksame Beobachtung im Frühstücksrestaurant übersehen können? Hätte sie ja vielleicht blöd sein müssen. Ihre Konsequenz, diese vorerst zu ignorieren, war nicht als Abneigung zu deuten, sondern war taktisch oder zumindest begründet. Wirklich nicht abwegig. So viel verstand auch der in seinem selbstsüchtigen Narzissmus einfältige Tom. Er war zu klug, um sich von seinen sehnsuchtsvollen Träumereien blenden zu lassen und zu weise, um sich nicht seiner träumerischen Glückseligkeit hinzugeben, solange es ging.
Er hatte diese Frau kennenlernen wollen und es war entgegen seiner Bedenken so einfach passiert.
Im Moment war sein Glück perfekt.
2
In bester Laune duschte er sich, rasierte sich besonders gründlich mit dem vorhandenen Vergrößerungshohlspiegel, diese Fünf-Sterne-Badezimmer sind schon klasse, zog sich frisch an und ließ ein Taxi kommen. Das Studio lag in Sapan Quai, einem weit weniger gehobenen Stadtteil nördlicher Richtung. Dort waren sicher die Mieten günstiger. Seine Stimmung blieb ungebrochen, nachdem der Taxifahrer, welcher sich das angesichts der Hotelbestellung in der Auffahrt nicht getraut und daher erst jetzt den Taxameter eingeschaltet hatte, anfing, über die weite, bei dem Verkehr unpraktikable Strecke zu lamentieren, was sicher zu einem überhöhten Pauschalpreis für den Ausländer führen sollte, obwohl das natürlich nicht erlaubt war. Tom beschwichtigte ihn strahlend mit sauber ausgesprochenen Wohlwollensformeln im Sinne von Es gibt kein Problem, Alles wird gut, Gute Fahrt, gutes Geld, die den Fahrer einerseits in Zuversicht zu hüllen geeignet waren und ihn vor allem insofern einschüchterten, da die seltene Spezies, Thai sprechender Ausländer, den normalen Einheimischen immer wieder in Staunen versetzt und außerdem schon ein Zeichen von überdurchschnittlicher Güte ist. Angesichts Toms selbstbewussten Frohsinns, der dem Fahrer nicht verborgen, obwohl ihm dessen aktueller Anlass unbekannt blieb, tat dies sein übriges, einen abergläubigen Taxifahrer nun in willfährige Pflichterfüllung zu beruhigen. Tom gab ein großzügiges Trinkgeld. Immer gerne, er hatte nie seine eigene Zeit im Taxi vergessen. Der Fahrer zeigte seine Zufriedenheit dem ebenso sichtlich mit persönlichem Edelmut, wie finanziell gesegneten Fahrgast entgegen.
So ähnlich erging es Tom auch bei der Studiobesichtigung.
Der andauernde Herzensglanz seines frühmorgendlichen Erfolges wandelte auch hier die professionellen Schmeicheleien gegenüber dem potentiellen Kunden in echtes Ansehen und Tom hielt sich mit verbindlichen Zusagen zurück, da er sich einerseits nicht einwickeln lassen und die Sache in Ruhe überschlafen wollte und andererseits praktisch sein gesamtes Bewusstsein neuerdings stark von einer romantischen Vorfreude auf die Überraschungen des Abends vereinnahmt wurde. So nahm Tom die vielen technischen Details, die ihm als Vorteil des Studios dargelegt wurden, nicht einmal mit halbem Ohr wahr. Tatsächlich interessierte ihn das nie sonderlich. Das glaubten immer nur die Studiobesitzer, weil sich ein Großteil der Kunden deswegen wichtig machte, auch um nicht eingestehen zu müssen, davon eigentlich nichts zu verstehen, weswegen sie befürchteten, übers Ohr gehauen zu werden.
Vollkommener Quatsch. Der technische Standard reichte meistens aus. Entscheidend war die Zusammenarbeit und die Vibes zwischen ihm und dem Toningenieur. Sie luden ihn zu einem kleinen Jam ein, was sehr geeignet erschien, genau diesen Teil zu etablieren. Vielleicht merkten sie auch, dass Tom im Gedanken nicht so recht bei der Sache war, und versuchten ihn so, etwas auf ihre Seite zu ziehen. Nun war das Zusammenspiel wirklich das richtige, denn Tom konnte seine überaktive Gefühlswelt ausleben und musste nicht reden oder gar Zusagen treffen. Ein wenig delikat