Der Nackt-Scanner. Ernst von Wegen

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Der Nackt-Scanner - Ernst von Wegen

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weiter.“

      *

      „Natürlich bin ich auch eine Frau“ sagte Frau Blank und goss uns zwei Weinbrände aus der Minibar ein, „natürlich verspüre ich auch Lust. Aber ich verspüre keine Lust, über mir einen schwitzenden Mann keuchen zu sehen, der mit einem affenartigen Gesichtsausdruck einem raschen Orgasmus entgegenrammelt.“

      Ich lachte:

      „Ja, Sex zu zweit kann eine sehr einsame Sache sein.“

      Amelie quittierte den Witz mit einem Schmunzeln und fuhr fort:

      „Genau das meine ich: für den Mann ist Sex eine einseitige, um nicht zu sagen singuläre Veranstaltung. Er gebraucht die Frau nur als optische Vorlage zur Triebbefriedigung.“

      „Und umgekehrt“ fragte ich?

      Amelie wurde verlegen:

      „Sicherlich ist auch die Frau auf optische Stimulanzen angewiesen, aber was mich persönlich angeht, so finde ich die meisten Männer angezogen sympathischer als nackt. Und sehen Sie es mir bitte nach, wenn ich sage: das männliche Geschlechtsteil ist nicht gerade das ästhetische Meisterwerk der Schöpfung, oder?“

      Ich zitierte den Kabarettisten Ingo Börchers:

      „Der Schöpfer beweist Humor: warum sonst führt er den Abwasserkanal mitten durchs Vergnügungsviertel!“

      Sie lachte:

      „Herrlich, ehrlich! Apropos Ehrlich: Geben Sie zu: Sie haben mir auf den Busen gestarrt, wollten Sie mich damit verunsichern?“

      „Antwort eins: ja, ich habe, Antwort zwei: nein, ich wollte nicht.“

      „Warum dann?“

      Am liebsten hätte ihr die Wahrheit gesagt:

      „Weil Sie da offenbar zwei wunderbare Dinger unterm Pulli versteckt haben.“

      Stattdessen bot ich ihr eine Halbwahrheit an:

      „Aus Recherchegründen...“

      „Wiebittewas? Das müssen Sie mir erklären!“

      Ich erzählte ihr von meinem Buchprojekt und dass ich mich erst langsam darin einarbeiten müsste und dass diese Einarbeitung sich zu verselbständigen beginne; dass ich begänne, die Frauen nach sexueller Brauchbarkeit abzusuchen. Und wie peinlich mir das sei.

      „Was denn, ausgerechnet ich soll Sie dafür bedauern? Warum machen Sie es denn, wenn Sie das so sehr mitnimmt?“

      „Nun, Hugenbach hat viel für mich getan, ich bin ihm was schuldig. Darum.“

      Amelie lachte hämisch goss uns einen weiteren Weinbrand ein:

      „Auf den selbstlosen Kämpfer des Verlagswesens. Und weil wir gerade so ehrlich miteinander sind: ich hab es auf perfide Weise genießen müssen, wie sie mir auf den Busen starrten.“

      Wow!

      „Ich konnte mich nicht dagegen wehren. Ihre Augen schienen mich zu streicheln, meine Brüste erwärmten sich auf unerklärliche Weise...“

      „Etwa so?“

      Ich legte meine Lippen auf ihre linke Brust und hauchte langsam aus. Mein körperwarmer Atem verfing sich in ihren Pullover und unter der raschen Temperatursteigerung stellte sich ihr Nippel frech auf.

      „Jaaah so!“, hauchte sie. „Übrigens hab zwei davon.“

      Also ließ ich auch ihrer rechten Brust einen warmen Luftschwall zukommen, auch hier reagierte der Nippel rasch.

      „Oh“ entfuhr es ihr und „ach!“

      Konnte das wahr sein? Die schärfste Männerfeindin des Landes schmolz dahin, allein durch meinen Atem!

      „Immo, tun Sie mir einen Gefallen und schalten Sie das Licht aus, ich mag keinen nackten Mann sehen.“

      Verblüfft tat ich, was sie wünschte. Im Dunkeln zogen wir uns gegenseitig aus.

      „Ziehen sie sich was über Polcas, wenn sie verstehen...“

      Ich tastete nach meiner Hose und kramte ein Kondom aus der Tasche. Seit meiner Arbeit an diesem vermaledeiten Buch hatte ich immer welche griffbereit. Amelie tastete meinen Körper ab, zaghaft wie eine Sechzehnjährige, dann sagte sie:

      „Unten kann ich nicht, legen Sie sich auf den Rücken.“

      Ich legte mich aufs Bett, sie setzte sich auf mich, ganz langsam und vorsichtig und ritt in sanften Trab durch die Dunkelheit. Ich griff nach ihren Brüsten, die wie schwere Glocken im Rhythmus ihrer gezügelten Leidenschaft läuteten. Es war ein langer Ritt, der im dritten Drittel in leichten Galopp überging, in diesem Tempo überschritten wir beinah gleichzeitig die Ziellinie. Sie zog meine Hände von ihren Brüsten, ihre Hände krallten sich in meine und ich hatte den Eindruck, sie weinte. Während meiner Ejakulation verlor ich wieder den Verstand, wie einst mit Claudia. Amelie schien es ähnlich zu ergehen, wir brauchten lange um zu begreifen, was geschehen war. Eine Situation, die wir nur ertrugen, solange es stockfinster war, solange wir uns nicht in die Augen sehen mussten. Sex zu zweit kann mitunter eine einsame Angelegenheit sein, siehe oben. Weil man sich seiner Begierde wegen schämt, weil die Begierde uns zum Tier degradiert. Dann nimmt man dem Objekt der Begierde übel, die eigene Geilheit entfacht zu haben. Kopfmenschen machen es lieber im Dunkeln. Verschämt suchten wir unsere Klamotten zusammen und zogen uns an. Erst dann machte ich das Licht wieder an. Wir tranken noch einen Weinbrand und redeten, als wäre nichts gewesen, als hätten wir beide nur denselben Traum geträumt. Oder genauer: als hätten wir in einem Labor einen Selbstversuch gemacht. Nun redeten wieder zwei nüchterne Intellektuelle über Sex und seine mediale Überschätzung. Als ich ihr Zimmer verließ sagte sie:

      „Ich freue mich schon auf unser nächstes TV-Duell. Und wenn Sie auch nur ein Wort davon erwähnen, was hier mit uns geschehen ist, Immo, ich schwör’s, dann kastriere ich Sie.“

      Da war sie schon wieder ganz die Suffragette Amelie Blank. Ich versprach ihr hoch und heilig, niemals darüber zu reden.

      Und Sie, liebe Leser, halten doch dicht, oder?

      *

      Meiner Katja erzählte ich schon aus Konditionsgründen nichts von dieser Affäre. Wahrscheinlich hätte sie ohnehin gesagt:

      „Komm, übertreib es nicht, das nimmt dir doch keiner ab!“

      Später überraschte Amelie Blank die Öffentlichkeit mit Sätzen wie:

      „Selbstverständlich haben Frauen eine Sexualität. Es ging nie darum, der Frau die Lust auszureden. Es ging immer nur darum, dem Mann begreiflich zu machen, dass er die Frau nicht zum Ejakulationsautomaten degradieren darf.“

      So hatte Hugenbachs Schnapsidee auf Umwegen dazu geführt, dass der öffentliche Blickwinkel auf die Sexualität sich geringfügig verschob. Und da soll noch einer behaupten, Intellektuelle bewegen nichts.

      Nach meinem kleinen Ausflug in den großen, strahlenden Medienzirkus

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