Gesammelte Werke: Romane + Erzählungen + Gedichte. Eugenie Marlitt

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Gesammelte Werke: Romane + Erzählungen + Gedichte - Eugenie  Marlitt

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hinzu, und das Haupt ausdrucksvoll vorgeneigt, stieß sie die Fingerspitzen der Rechten gegen ihre Brust – »ich zerbräche dem Frevler die Pinsel vor seinen Augen, ich schüttete ihm die verräterischen Farben vor die Füße – das Bild dort müßte verschwinden, und sollte ich jede Faser der Leinwand mit den Zähnen zernagen!«

      Donna Mercedes beugte sich unwillkürlich, mit stockendem Atem vor. Wie eine Hohepriesterin stand sie dort, die imposante Gestalt, beseelt von fanatischer Glaubensinbrunst. Nicht ein Zug des Gesichts, nicht ein Laut dieser in tiefgehender Leidenschaft gleichsam wogenden Modulation der Stimme ließ an Heuchelei oder Berechnung denken. Das war echte, wildauflodernde Glaubensglut; das war eine jener fanatisch gesteigerten Frauenseelen, die den schönen, üppigen Leib steinigen und zerstückeln lassen, um die Palme zu gewinnen, die aber auch ebenso kalten Mutes die Brandfackel in den Scheiterhaufen zu schleudern vermögen, auf welchem ein Widersacher ihres Bekenntnisses den ketzerischen Geist verhauchen soll.

      Die gewaltige innere Kraft dieser Walkürenerscheinung mußte eine unwiderstehliche Gewalt über andere Seelen haben – die Baronin ging von der Staffelei weg wie eine Gestrafte. Sie nahm ihren schleppenden Gang wieder an und kehrte nach dem Schranke zurück; aber einen Schritt davon blieb sie stehen und preßte die Hand auf das Ohr. »Ich möchte den lärmenden Hund da draußen vergiften!« rief sie in ihren hohen, nervös ärgerlichen Tönen.

      In diesem Augenblick vergrub sich Donna Mercedes förmlich zwischen den schützenden Zweigen – ihr Herz schlug heftig. Der Lärm draußen war ein tolles Freudengebell; sie hörte auch, daß Pirat losgekettet sein mußte, und jenseits des Ateliers näher und näher kam. Es konnte nur Baron Schilling sein, dem das freigelassene Tier drüben auf der in das obere Gelaß führenden Treppe voraussprang. Er war zurückgekehrt, und die Frau dort, die, noch das konfiszierte Kuvert in der Hand, vor dem eigenmächtig geöffneten Schranke stehen geblieben war, ahnte nicht, daß sie von dem Beargwohnten in dieser kompromittierenden Stellung überrascht werde.

      Jenes schöne, echt weibliche Gefühl, das die Beschämung in so augenfälliger Weise nicht mitanzusehen vermag, wallte in Donna Mercedes auf – ein warnender Laut drängte sich auf ihre Lippen; aber schon war es zu spät – Baron Schilling trat auf die Galerie heraus.

      28.

       Inhaltsverzeichnis

      Der heimkehrende Mann hatte einen Strahl von Wiedersehensfreude auf seinem Gesicht. Er trug die kleine Paula auf dem rechten Arm, und mit dem linken drückte er das Kind fest und zärtlich an seine Brust... Pirat hatte sich neben ihm durch die Türöffnung gedrängt und schoß über die Galerie und die Wendeltreppe herab – wie ein Rasender stürzte er auf die Baronin zu, aus deren Händen das Kuvert eben auf den Boden niederflatterte.

      Sie stand wie schreckerstarrt; allein die Besonnenheit kehrte ihr rasch zurück – ihre erste Bewegung war, die Schranktür verstohlen zuzudrücken – in dem Augenblick jedoch, wo sie sich scheinbar unwillkürlich hinüberbog, fuhr der Hund an ihr empor, als gelte es, einen Dieb von dem Eigentum des Mannes da droben abzuwehren.

      »Willst du mich von dem Ungetüm zerreißen lassen?« rief sie empört nach der Galerie hinauf.

      Ein kurzer, scharfer Zuruf von oben hatte das Tier schon wieder die Treppe hinaufstürmen gemacht. Baron Schilling wies es mit einer Armbewegung in das Zimmer zurück und schloß die hinter dem Vorhang befindliche Tür.

      »Es tut mir leid, daß du dich erschreckt hast, Klementine,« sagte er, die Stufen herabsteigend. Noch trug er das Kind, das die Ärmchen um seinen Nacken geschlungen hatte und sein kleines Gesicht so fest an seine gebräunte Wange schmiegte, daß sich die blonden Locken mit seinem Barte mischten. »Der Hund ist nur scheinbar gefährlich, nur plump und übereifrig, aber er beißt nicht – er ist ja der Spielgefährte der Kinder,« fuhr er fort, indem er seiner Frau näher trat – sein Blick streifte das hinabgeflogene Kuvert und den geöffneten Schrank, und ein Zug von Ironie ging durch sein Gesicht. – »Ich konnte nicht ahnen, daß du zurückgekehrt bist, noch weniger aber durfte ich voraussetzen, dich hier, hier – es ist wirklich eine seltsame Überraschung, Klementine! – zu finden; ich würde sonst dem ungebärdigen Tier nicht gestattet haben, mich zu begleiten.«

      Er neigte leicht und kalt grüßend den Kopf vor Fräulein von Riedt und reichte seiner Frau die freie Linke hin.

      »Solange du das Mädchen da auf dem Arme hast, fällt es mir nicht ein, dir die Hand zu geben,« sagte sie eisig. »Ich mag beim Wiedersehen keine Fremden um mich haben.«

      Bei diesen Worten wandte er den Kopf zur Seite und während sich seine Brauen zusammenzogen, fixierte er mit einem spöttisch scharfen, sprechenden Blick die Stiftsdame, die mit untergeschlagenen Armen schweigend und unbeweglich auf ihrem Platze verharrte.

      »Adelheid ist keine Fremde –« fuhr die Baronin auf.

      »Und Lucians Kind, mein kleiner Liebling hier, steht mir sehr nahe,« ergänzte er gleichsam mit großer Ruhe. Er stellte die Kleine mit zärtlicher Behutsamkeit auf den Boden und nahm ihr Händchen fest in seine Linke – seiner Frau bot er die Hand nicht wieder.

      Ihre schwachen Füße trugen sie plötzlich nicht mehr – sie sank im nächsten Lehnstuhl zusammen: »Ich habe Beklemmung, Adelheid,« sagte sie und drückte die verschränkten Hände gegen die Brust.

      Die Stiftsdame trat näher und reichte ihr ein Fläschchen, das sie aus der Tasche zog, während Baron Schilling den dunklen, dichten Vorhang von einem der unteren Fenster wegschob und beide Flügel öffnete. »Man hat während meiner Abwesenheit schlecht gelüftet,« bemerkte er gleichmütig.

      »O, das ist's nicht!« entgegnete die Baronin und atmete den Geist der Essenz ein. – »Wie sollte es da mir Ärmsten drüben im Zause ergehen, das mit häßlicher Krankenluft erfüllt ist? Um mich und Adelheid vor Ansteckung einigermaßen zu schützen, bin ich gezwungen, Tag und Nacht den erstickenden Dampf der Kohlenpfannen zu atmen.«

      »Wie – hat Josés Krankheit noch einen bösartigen Charakter angenommen?« rief Baron Schilling bestürzt.

      »José? – Wer ist José?« fragte die Baronin gleichgültig, mit einem matten Augenaufschlag. – »Du mußt nicht denken, daß ich mir Zeit und Mühe genommen habe, so viel Einblick in deine Beziehungen zu gewinnen, um mich mit den Namen vertraut zu machen ... Ich weiß nur, daß ich unser Haus in einem beispiellosen Zustand fand, als ich neulich abends zurückkehrte. Die Dienerschaft war verwildert, ohne Disziplin, wie eine herrenlose Herde – an ihrer Spitze diese einfältige Wirtschaftsmamsell, die ohne Gnade nun endlich den Laufpaß erhalten wird –«

      »So?!«

      »Ganz sicher – diesmal werde ich ihre Entlassung durchzusetzen wissen, darauf verlasse dich! ... O, wie habe ich mich geärgert an dem Abend! Aus dem heiligen Frieden des stillen Hauses kommend, in dem ich erzogen worden bin, berührte mich der trostlose Empfang doppelt niederschlagend. Der Herr Gemahl war verreist –«

      »In Erfüllung einer unabweisbaren Pflicht –«

      »Ach ja – du mußtest der durchgebrannten Tänzerin nachreisen,« fiel sie eintönig ein.

      Er hatte offenbar eine böse Antwort auf den Lippen – er rang mit sich. Der Blick, den er auf diese tückische Frau im Lehnstuhl heftete, sagte deutlicher als die schärfsten Worte, daß er ein tiefunglücklicher Mann sei, ob er auch neulich in Luciles Zimmer verletzten Stolzes, in harter Zurückweisung versichert hatte, er finde an seinem Los nichts auszusetzen.

      »›Lucians

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