Gesammelte Werke: Romane + Erzählungen + Gedichte. Eugenie Marlitt

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Gesammelte Werke: Romane + Erzählungen + Gedichte - Eugenie  Marlitt

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sich mein schlichter Verstand nicht,« sagte sie ebenso impertinent obenhin wie zuvor. »Nun meinetwegen auch ... Solch jugendliches Witwentum mag immerhin für manche Männer den Bühnenruhm an Anziehungskraft aufwiegen ... Apropos, diese Donna de Valmaseda ist ja auch Witwe, wie ich höre! Du hast es nicht für nötig gehalten, mir diese interessante Tatsache mitzuteilen –«

      »Hast du nicht stets jede eingehendere Mitteilung aus Lucians Briefen als langweilig abgewehrt?«

      »Mein Gott, ja! Aber wer spricht denn von alten Zeiten? Ich meine, in dem Augenblick, wo du mir anzeigtest, daß sie ihre Schwägerin begleiten würde.«

      Die junge Dame hinter dem Myrtengesträuch kämpfte in diesem Augenblick einen verzweifelten Kampf mit sich selbst. Sie sah, wie ihm bei Nennung ihres Namens die Röte heftigen Unwillens in das Gesicht trat. Es trieb sie, hervorzutreten und durch ihren Anblick jedes Wort über sie hinter seine Lippen zurückzudrängen, und doch blieb sie wie gelähmt sitzen; denn schon sagte er hart und scharf: »War das nötig? Hat diese Tatsache irgendwie Bezug auf die Stellung der Dame zu mir? ... Ich habe versprochen, Lucians Kinder zu schützen, sie in meine Obhut zu nehmen; wer sie mir zu diesem Zwecke zuführt, das – nun das ist wohl Nebensache.«

      »Für mich aber nicht,« sagte sie verdrossen. »Diese Pflanzermadame mit ihrem Sklaventroß ist mir ein Greuel – sie sieht mir so recht aus wie eine von denen, die ihre Umgebung mit der Peitsche behandeln. Ich lebe stets in fiebrischer Angst, daß eines Tages das Geheul der Gestraften bis hinauf zu mir dringen könnte –«

      »Die Vorstellung ist falsch,« unterbrach er sie kurz; dann preßten sich seine Lippen fest aufeinander.

      »Sie ist richtig!« betonte sie hartnäckig. »Man braucht nur in das Gesicht zu sehen. Möglich, daß sie hier auf deutschem Boden ihre Gelüste zügelt; aber ist es nicht schon an und für sich eine Schmach, sich von Sklaven bedienen zu lassen, sie über das Meer mitzuschleppen wie Maschinen, nicht wie Menschen?«

      »Das hat die Dame vor sich selbst zu verantworten – ich fühle mich nicht berufen, fremdländische Unsitte zu bekämpfen.« – Mit welcher Bitterkeit sprach er! Es klang, als habe sich der Groll draußen in der Ferne nur noch tiefer in sein Inneres eingewühlt.

      Die Baronin lachte spöttisch auf. »Das würde dir auch ohne Zweifel sehr schlecht bekommen,« sagte sie. »Diese überseeischen Pflanzeraristokratinnen sollen wahre kleine Teufel an Hochmut und boshaften Launen sein.«

      Er schwieg und bückte sich über Paula, die mit beiden Händchen seine Linke umfaßt hielt und mit großen Augen unverwandt nach der Frau im Lehnstuhl sah – es war der kleinen Verwöhnten offenbar sehr verwunderlich, daß sie keines Blickes gewürdigt wurde. »Wollen wir Pirat fortbringen?« fragte er. »Der unartige Bursche winselt droben und will hinaus. Deborah soll ihn an der Leine führen, und du läufst mit.«

      Das Kind schlug willig die Arme um seinen Hals, und er trug es wieder die Treppe hinauf.

      »Er sieht nicht gut aus und hat eine unerträgliche Laune mitgebracht – bei dem impertinenten Ton seiner Stimme empört sich mir jeder Blutstropfen,« sagte die Stiftsdame, nachdem er droben hinter der Tür verschwunden war.

      Die Baronin antwortete nicht. Sie war aufgesprungen, hatte das Kuvert in das Fach zurückgeworfen und die Schranktür geschlossen. Nun lag sie wieder in den Stuhl zurückgelehnt und stieß die Fingerspitzen spielend gegeneinander, als habe sie nicht für einen Augenblick ihre Stellung verändert. »Mit dieser Laune will ich schon fertig werden,« sagte sie anscheinend gleichmütig. »Mir dagegen kocht das Blut, wenn er wie eine Kindsmagd daher kommt und solch einen unausstehlichen Flachskopf mit einer Zärtlichkeit an sich drückt –« »Ich halte das für eine Demonstration – der Kinderlosen gegenüber,« fiel die Stiftsdame ruhig, aber mit Nachdruck ein. Die Frau im Lehnstuhl fuhr in die Höhe – ihr Gesicht sah ganz entstellt aus vor Grimm. Sie hatte augenscheinlich eine Flut leidenschaftlicher Worte auf den Lippen; allein in diesem Augenblick rüttelte Baron Schilling draußen an der Tür des Glashauses. Er hatte jedenfalls Paula der im Garten wartenden Deborah wieder übergeben und wollte nun auf dem kürzesten Wege in das Atelier zurückkehren.

      Die Baronin griff unwillkürlich und erschrocken nach dem konfiszierten Schlüssel in ihrer Tasche; aber schon wurde eine andere direkt aus dem Garten in das Atelier führende Tür von draußen aufgeschlossen.

      »Bist du in das Haus geflogen, Klementine?« fragte Baron Schilling eintretend. »Alle Eingänge, auch den nach oben, mußte ich aufschließen.«

      »Ich habe mir Roberts Schlüssel zu deiner Atelierwohnung geben lassen,« sagte sie nachlässig, aber nicht ohne Verlegenheit. »Ich meinte, während deiner Abwesenheit doch einmal nach der Ordnung sehen zu müssen.«

      Bei dieser erbärmlichen Ausflucht wandte sich Fräulein von Riedt so hastig ab, daß ihr Seidenkleid in jeder Falte rauschte.

      »Du bist sehr gütig. Diesem Ordnungssinn zuliebe hast du deine tiefe Abneigung heroisch bekämpft,« sagte Baron Schilling gelassen. »Nun, da wirst du gefunden haben, daß man den Boden schlecht fegt, denn alte Kuverts liegen umher, und daß die Bedientenseelen sich nicht scheuen, meinen Geheimnissen in den Schränken nachzuspüren – ah, du warst so freundlich, eigenhändig diese verdrießlichen Zeugen einer verabscheuungswürdigen Spionage zu beseitigen?« unterbrach er sich selbst mit einem über Schrank und Fußboden streifenden Spottblick.

      Sie erhob sich schweigend. Es mochte ihr tiefgehen, auf einem ihrer dunklen Wege so kompromittierend ertappt worden zu sein – aber diese Frau hatte offenbar große Übung im Vertuschen, im verleugnenden Hingleiten über Geschehnisse, die ihr eine Blöße gaben. Sie ergriff mit hastigen Händen ihre Schleppe und schüttelte sie ab. »Ach ja, es ist sehr staubig hier – du bist schlecht bedient,« sagte sie. .»Übrigens scheint es, als mokiertest du dich über mein Hiersein – ich werde selbstverständlich nicht wieder kommen, mein Freund. Aber es ist doch ganz gut, daß ich mich für einmal wenigstens überwunden und einen Blick hier hereingeworfen habe ... Das Bild dort – wirst du es in die Welt hinausschicken?« Sie zeigte nach der Staffelei.

      »Gewiß – es geht in der Kürze nach Wien, um ausgestellt zu werden.«

      »Diese Verherrlichung des Ketzertums? ... du hättest wirklich die Stirn, sie als deine Arbeit vor der Welt anzuerkennen?«

      »Soll ich mein eigenes Kind verleugnen?« Er lachte halb verwundert, halb spöttisch auf und trat unwillkürlich der Staffelei näher, als gelte es, profane Blicke von diesem Lieblingskind abzuwehren.

      »Ein ungeratenes!« grollte die Baronin in unbeschreiblicher Erbitterung. »Frage Adelheid –«

      »Wie – eine Kunstkritik aus diesem Munde? Du wirst begreifen, daß ich sie mir ganz entschieden verbitte!« rief er mit vernichtendem Hohn, und sein Auge heftete sich durchbohrend auf die Stiftsdame, die sofort herangerauscht kam. Diese zwei Menschen waren Todfeinde, die sich im Grund ihrer Seele gegenseitig verabscheuten – davon zeugten die Blicke, mit denen sie sich maßen.

      »Bilden Sie sich nicht ein, Baron Schilling, daß ich mich je anstrenge, in die Technik Ihrer Kunst einzudringen – ich fühle mich zu anderem berufen,« sagte sie kalt – es waren die ersten Worte, die sie zu ihm sprach, seit er in das Atelier getreten war. Dieses dröhnende, sonore Frauenorgan klang machtvoll wie eine Predigerstimme an den Wänden hin. »Ich habe für die Korrektheit der Linien und die Schönheit des Kolorits wenig Verständnis; es fesselt mich die bildliche Darstellung im Ausdruck, wie in ihren Motiven überhaupt sehr selten – nur eine verderbliche Tendenz, die der Pinsel zu verewigen sucht, vermag mich zu erregen ... Diese Abtrünnige hier« – sie zeigte auf die Gestalt der greisen Hugenottin – »trägt die Märtyrerglorie –«

      »Mit

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