Gesammelte Werke: Romane + Erzählungen + Gedichte. Eugenie Marlitt

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Gesammelte Werke: Romane + Erzählungen + Gedichte - Eugenie  Marlitt

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Birkner längst besorgt ... Die Fensterläden bleiben geschlossen und werden voraussichtlich unter Jahr und Tag nicht wieder geöffnet werden. Morgen geht meine neueste Arbeit nach Wien zur Ausstellung, und ich werde ihr nach höchstens zwei Tagen folgen, um dann in Kopenhagen behufs meiner Vorstudien einen längeren Aufenthalt zu nehmen.«

      »Mein Gott – und das erfahre ich erst in diesem Augenblick? Wie soll denn die Jungfer mit den nötigen Vorbereitungen fertig werden? Und meine Reisetoilette – verzeihe, Arnold, aber diese Überstürzung ist denn doch ein wenig rücksichtslos.« – Sie zog mit hastigen Händen die Zipfel der Barbe fester unter ihrem Kinn und nahm eiligst die Schleppe auf. – »Dann habe ich aber auch nicht einen Augenblick zu verlieren, wenn ich zur rechten Zeit reisegerüstet sein will –«

      »Du wirst doch nicht denken, daß ich dir zumute, mich zu begleiten?« unterbrach er sie. »Du fühlst dich kränker als je, wie du mir mitgeteilt hast; das nordische Klima sagt dir nicht zu – außerdem bist du kaum von einer anstrengenden Reise zurückgekehrt –«

      »Gleichviel, ich gehe unter allen Umständen mit.«

      »Wir werden sehen.« – Er sagte das kurz und schroff und verabschiedete sich mit einer tiefen, ernsten Verbeugung, jedenfalls zugleich für die »Jahre« seiner Abwesenheit, von Donna Mercedes, die wie eine Bildsäule, ohne Bewegung, auf ihrem Platze verharrte. Das gab ihrer Erscheinung einen unsäglich hochmütigen Ausdruck. Die Baronin mochte meinen, diese geldstolze »Südamerikanerin« halte schon ein dankendes Kopfneigen unter ihrer Würde, und deshalb nahm auch sie, trotz ihrer großen inneren Aufregung, eine stolz abweisende Haltung an und grüßte kaum mit einem Augenwinken zurück, während sie dem Hinausgehenden folgte.

      Donna Mercedes hörte, wie sie draußen die Flurhalle durchschritten und die nach dem Garten führende Tür unverweilt öffneten. Ohne kaum selbst zu wissen, daß sie es tat, ging sie hinaus in den Gang und trat an das gegenüberliegende Fenster. Dort unter den Platanen gingen sie hin. Die Frau mit dem gekrümmten Rücken hing vertraulich am Arm des dahinschreitenden Mannes ... Ein Nebel legte sich vor die Augen der jungen Dame – sie drückte sich tief in die Ecke der Fensternische, und heiße Tränen rollten unaufhaltsam über das stolze Antlitz. – –

      38.

       Inhaltsverzeichnis

      »Deine Hand fiebert,« sagte die Baronin, während sie draußen auf der Freitreppe des Säulenhauses ihren Arm in den ihres Mannes schob und seine Rechte dabei streifte. Er aber fuhr bei dieser Berührung mit der unwillkürlichen Gebärde des Wegschleuderns zurück, als habe ihn eine Viper gestochen.

      Sie biß sich auf die Unterlippe, hing sich jedoch um so fester an seinen Arm. »Du bist ernstlich böse, wie mir scheint,« sagte sie, »und ich habe doch im Grunde nichts verbrochen. Hast du wirklich das Recht, von mir zu verlangen, daß ich eine treue, aufopfernde Freundin ohne weiteres vor die Tür stoße, weil sie dir unsympathisch ist?«

      »Das Recht habe ich, und ich bin noch einmal so unverzeihlich nachgiebig gewesen, die Erfüllung meiner gerechten Forderung in deine Hand zu legen, anstatt selbst gründlich ›Kehraus‹ zu machen. Es war das alte Spiel – die Freundin triumphiert, und ich habe mich einfach lächerlich gemacht.«

      »Mein Gott, niemand hat mehr darunter gelitten als ich! Aber das ist ja nun zu Ende. Eine bessere Gelegenheit, Adelheid los zu werden,« – ihre Stimme sank zum Flüstern herab, und sie sah sich scheu um, ob kein Horcher in der Nähe – »läßt sich nicht denken. Wir verreisen eben, und es bedarf nur eines ausdrücklichen Befehles, daß ich dich begleite, um jeden Einwand zu entkräften.«

      »Und du glaubst wirklich, ich spreche den Befehl aus?« Er zog seinen Arm, den sie umschlungen hielt, straff nieder und blieb stehen – bis dahin hatte er im förmlichen Sturmschritt dem Atelier zugestrebt, so daß sie sich nur mit Mühe an seiner Seite zu halten vermochte.

      »Allerdings wirst du das tun,« bestätigte sie entschieden, aber in seltsam heiserem Ton und sah ihn mit lodernden Augen an, in denen sichtlich Angst und eine wilde Drohung um die Herrschaft stritten.

      Er lachte bitter auf. »Nachdem du gerade jetzt wieder in drastischer Weise gezeigt hast, wie liebevoll du meinen Wunsch und Willen zu achten gewohnt bist? ... Ich reise allein, jetzt und immer! Und auch du hast die vollkommene Freiheit, zu gehen, wohin du willst. Ich habe mich ja schon jedes Einspruchs begeben, als du nach Rom gingst, ohne meine Einwilligung auch nur mit einem Wort nachzusuchen. Ich ließ dich widerspruchslos gewähren, mit dem festen Vorsatz, daß es fortan auch so bleiben solle zwischen uns.«

      »Ich will diese Freiheit aber nicht, und dir gestatte ich sie noch viel weniger.«

      Er lächelte verächtlich und schritt nach dem Atelier. Sie hielt sich eng an seiner Seite.

      Die Tür des Wintergartens stand offen, und sie traten ein. Es war schwül drinnen; keiner der Springbrunnen war in Tätigkeit; Baron Schilling hatte sie vor einigen Stunden selbst geschlossen, weil ihm ihr Rauschen störend gewesen war. Er trat an das große Becken, und gleich darauf zischte die silberfunkelnde Wassergarbe empor und durchstäubte erfrischend die schwere, balsamische Luft.

      Und die Baronin huschte mit der flinken Geschäftigkeit einer sorglichen Hausfrau helfend zu den zwischen den Pflanzen halb versteckten kleinen Steinmulden und ließ die Wasserstrahlen, einen nach dem anderen, aufsteigen. »Das ist sehr hübsch,« sagte sie, mit den Augen die dünnen, glänzenden Wasserbogen verfolgend, die sich über ihrem Haupte wölbten, um in das große Becken niederzusinken – sie ließ sich gefällig zu einem Lob herab. »Ich habe keine Ahnung von dieser netten Spielerei hinter den Glaswänden gehabt, sonst hätte ich doch vielleicht meine Abneigung vor dem Atelier unterdrückt und wäre manchmal hierher geschlüpft, um in deiner Nähe zu sein ... Nun, wenn wir zurückkommen!« –

      Er schwieg; kein Zug seines Gesichts bewegte sich, während er umherging und sorgfältig die Röhren wieder schloß, die sie aufgedreht hatte. »Das macht zu feucht,« bemerkte er kurz. »Es war ein Fehler, so viel Wasser neben dem Atelier zu sammeln –«

      »Ist denn der Zufluß so erheblich?«

      »Er ist so bedeutend, daß mein Arbeitslokal bei irgend einem Versehen sehr schnell unter Wasser gesetzt werden könnte.« – Damit wandte er sich ab und schob den Samtvorhang hinter der offenen Glastür zurück, um in das Atelier zu gehen.

      »Ei, das könnte uns in diesem Augenblick fehlen!« rief sie, ihm fast auf dem Fuße folgend. »Drüben im Hause die Zerstörung und hier – doch, mein Freund, nun gib der Wahrheit die Ehre!« – unterbrach sie sich und sank überlegen lächelnd in den nächsten Lehnstuhl. »Habe ich nicht recht gehabt mit meinem Widerwillen gegen diese amerikanische Einquartierung? Was alles hat unser ehrbarer, stiller Schillingshof in dieser Zeit mit ansehen müssen! Die Flucht einer Ballettänzerin mit Hinterlassung von Schulden, eine tödliche Krankheit, die auch mein Leben bedroht hat, als ich ahnungslos zurückkehrte, – die Verwüstung in unserem schönen Holzsalon –«

      »Ohne die Hannchens unglücklicher Vater Gott weiß wie viele Jahre noch auf deinen besonderen Befehl spuken gehen müßte –«

      »Und unser eigenes Zerwürfnis um dieser fremden Leute willen,« fuhr sie fort, wie immer jede Anspielung auf einen ihrer Irrtümer überhörend, wobei sie, die Ellbogen auf die Armlehnen gestützt, im gleichmütigen Spiel die Fingerspitzen gegeneinander stippte. »Und was ist der Dank für all diesen Jammer, den du dir und mir aufgebürdet hast? – Das frechste, unverschämteste Auftreten einer anmaßenden Baumwollbaronin, das mir je bei dem widerwärtigen Geldprotzentum vor die Augen

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