Cooldown. Markus Vath

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Cooldown - Markus  Vath Dein Leben

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um die großen Zusammenhänge in der Entwicklung der Menschheit, betrachtet über Jahrhunderte. Dies gelingt ihm lebendig und elegant.

      

Er analysiert die Dinge auf drei Hauptebenen, der sozialen, der technologischen und der politischen Ebene. Für ihn knüpfen diese drei ein Netz an Dynamiken, das für die großen Transformationswellen in der Geschichte sorgt.

      

Toffler geht davon aus, dass sich Wellen »überlagern« können, ja müssen. So speise sich eine Menge an politischen, wirtschaftlichen und sozialen Konflikten genau aus diesem Aufeinanderprallen zweier Wellen (Toffler spricht von »Wellenkämmen, die aufeinanderbranden«).

      »Meine« Transformationen nehmen dagegen einen schmaleren Ausschnitt der Wirklichkeit ins Visier. Sie sind daher »näher dran« an der Lebensperspektive des Einzelnen und haben dafür einen kleineren Wirkbereich als das Toffler’sche Modell:

      

Mein zeitlicher Fokus beginnt mit der Industriellen Revolution, nicht wie bei Toffler mit der Agrarrevolution vor ca. 10 000 Jahren. Seine »Erste Welle« (die Agrarrevolution) spielt für meine Überlegungen daher keine Rolle. Die Drei Transformationen, um die es mir geht, spielen sich in einem Zeitraum der letzten 170 Jahre ab, von ca. 1850 bis heute.

      

Weiterhin konzentriere ich mich auf den Schnittpunkt von wirtschaftlich-technologischer Veränderung und Psychologie. Mit anderen Worten: Was machen tiefgreifende wirtschaftliche und technologische Veränderungen mit dem Einzelnen? Wie reagiert die menschliche Seele oder – schlicht biologisch – das Gehirn darauf?

      

Ein gegenseitiges Überlagern von Wellen spielt in den Transformationen, wie ich sie verstehe, keine Rolle. Vielmehr finden diese Transformationen in einem klar umgrenzten Zeitraum statt, der von anderen Wellen nicht berührt wird.

      Insgesamt liefert Toffler ein äußerst interessantes Modell historischer und geografischer Zusammenhänge. Seine »Drei Wellen« sind jedoch nicht mit meinen »Drei Transformationen« identisch. Auch das Bild der Welle findet in meinem Modell keine Anwendung. Ich bleibe bei dem eher sperrigen Begriff »Transformation«, auch um zu verdeutlichen, dass es sich hierbei um einen technologisch-psychologischen Mechanismus handelt, der eher im Hintergrund abläuft, und nicht um eine sichtbare Welle, die man anbranden sieht bzw. die einen überrollt.

      Interessanterweise sieht der Psychologe Tony Buzan, der Erfinder der »Mind-Map«-Methode, über die Jahrzehnte eine ähnliche Wellenbewegung, die im Moment durch die Informationsflut einen neuen Höhepunkt erreicht. Sein Fazit: »Die Menschen denken in Informationen, denken digital, technologisch, über die Computertastatur. Deshalb erlebt die Welt derzeit den größten Stress ihrer Geschichte: die sogenannte Informationsflut. […] Tatsächlich bereitet uns die Informationsflut nur Stress, weil wir versuchen, Informationen und Wissen konventionell zu managen. Wir setzen auf Informationsmanager und Direktoren für Wissensmanagement. Doch wir müssen nicht das Wissen managen, sondern den Manager des Wissens, und das ist das menschliche Gehirn. Wir müssen lernen, unser

      Gehirn intelligent zu nutzen. Dies ist die Herausforderung des Intelligenzzeitalters. Denn in Wahrheit haben wir das Agrar-, das Industrie- und das Informationszeitalter hinter uns gelassen und sind im Intelligenzzeitalter.«3

       Gerade in der Phase der Informationsflut gilt: »Wir müssen lernen, unser Gehirn intelligent zu nutzen« (Tony Buzan)

      Buzan erfasst haargenau, um was es geht: um ein neues Zusammenspiel zwischen Technologie und menschlichem Verstand. Ein Austarieren, eine neue Balance. Diese Balance herzustellen, war mehr oder weniger offensichtlich immer Teil der menschlichen Zivilisation. Und immer war diese Balance von technologischen Umbrüchen gekennzeichnet, denen sich der Mensch in Körper und Geist anpassen musste. Was Buzan als »Intelligenzzeitalter« beschreibt, ist nichts anderes als die Dritte Transformation des digitalen Zeitalters, die gerade stattfindet (und die noch vielleicht zwanzig, dreißig Jahre anhalten wird). Erst nach dieser Transformation wird eine Phase der »mentalen Ruhe« einkehren, wird sich der Mensch mit den neuen Techniken der Kommunikation und der digital vernetzten Arbeit in einer Weise arrangiert haben, die ihn produktiv und gesund bleiben lässt.

      Hier schließt sich übrigens der Kreis zu Darwin. Denn was müssen wir im Moment tun, um unser Überleben zu sichern? Jedenfalls nicht mehr an der Keule schnitzen, um das Mammut zu erlegen. In unserer Zeit müssen wir unseren Geist, unseren Verstand hegen, pflegen und schützen. Unser Geist ist die wichtigste Ressource des 21. Jahrhunderts. Oder wie es der Schauspieler Mel Gibson im Film »Braveheart« formulierte: »Es ist der Verstand, der Männer aus uns macht.«

      Darum erleben wir gerade den Massenausbruch psychischer Krankheiten, von Depression, Burnout und Angststörungen bis hin zu sogenannten somatoformen Störungen, epidemischer Schlaflosigkeit und existenzieller Verzweiflung. Es sind diese Krankheiten des Geistes, des Gehirns, die den Menschen befallen und ihm zu schaffen machen. Das war innerhalb jeder der bisherigen zwei Transformationen so, doch innerhalb der Dritten Transformation ist es am schlimmsten. Wir erleben eine immense Verdichtung von Information und Kommunikation, gepaart mit maximalem Anspruchs- und Effizienzdenken, eingepfercht in eine vereinsamende Gesellschaft. Das ist für das Wohlbefinden oder das viel zitierte »Stresserleben« Sprengstoff vom Feinsten.

      Egal, um welche Problemstellung es geht: ob E-Mail-Flut, Burnout, Stressbewältigung, Cloud Computing, Krankheiten durch ungesunde Büroarbeit, sogar Lohn- und Arbeitszeitmodelle – im Grunde geht es um die gigantische technologische Umwälzung der Dritten Transformation.

       Die Drei Transformationen

      Alvin Toffler zog in seinem Werk einen großen Bogen, zeitlich wie geografisch. Meine Einteilung der Transformation ist etwas kleiner dimensioniert.

      Die Erste Transformation ergab sich aus der Industrialisierung. Man kann gar nicht sagen, auf welchen Lebensbereich die Industrialisierung keinen Einfluss hatte. Sie stellte praktisch alles auf den Kopf: die Familie, die Produktionsweisen, die Infrastruktur (Eisenbahnen), die Erziehung, das Staatswesen, alles. Es wäre naiv zu glauben, dass eine solche im weitesten Sinne »traumatisierende« Erfahrung, die ganzen Völkern widerfuhr, als für den menschlichen Geist unwichtig abzuhaken wäre. Als 1835 die erste Eisenbahn, der »Adler«, von Nürnberg nach Fürth fuhr, warnten damalige Ärzte davor, die Jungfernfahrt mitzumachen. Bei der hohen Geschwindigkeit der Lokomotive würde man den Verstand verlieren. Der menschliche Geist könne dieser Sinnesverwirrung nicht standhalten.

      Natürlich hat er standgehalten. Diese kleine Anekdote zeigt jedoch, wie umwälzend manche Erfahrungen und technologischen Neuerungen wahrgenommen werden können. Im besten Falle nutzen wir das störende Element des Neuen, das Disruptive, um uns kreativ daran zu reiben und daran zu wachsen. Im schlechtesten Fall entsteht daraus eine kollektiv-soziale Klage, ein andauernder Kulturpessimismus, der in erster Linie vor neuen Technologien warnt, bevor er sich den damit verbundenen Chancen widmet.

       Auch wenn der »gefühlte« Eindruck ein anderer ist: Die Welt ist sicherer geworden und die Armut weniger

      Dabei wird leicht vergessen, dass es mit der Welt im Großen und Ganzen doch sichtbar aufwärtsgeht. Man denke nur an die Bekämpfung ehemals tödlicher Krankheiten, an den Siegeszug der Demokratie in der Welt – auch wenn es manchmal anders scheint: »Es ist fast egal, welchen Indikator man nimmt – Bildung,

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