Om mani padme hum. Wilhelm Filchner

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Om mani padme hum - Wilhelm Filchner Edition Erdmann

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größer, als ich ursprünglich gedacht hatte.

      Dankbar nahm ich die zahlreichen Anregungen des Professors Gultjajew an, eines alten Forschers mit jungem Herzen, der früher viel in Turkestan und im Pamir magnetisch vermessen hatte.

      Allmählich musste ich mich nun wieder zum Asiaten umstellen und meine ganze Denkart danach einrichten. Wer in diesem Erdteil vorwärtskommen will, muss sich zu ganz anderen Ansichten bequemen, als sie dem Europäer geläufig sind. In Asien heißt die Parole sonderbar genug: »Schnell, aber langsam!«

      Am 23. Januar händigte mir das »Mittelasiatische Meteorologische Institut« ein Schreiben aus, das von Professor J. Gultjajew unterzeichnet war und in dem auf die ungeheuren Schwierigkeiten und die jammervollen Wegeverhältnisse hingewiesen wurde, die ich auf der begonnenen Expedition zu überwinden haben würde.

      Die nächsten Tage vergingen mit unterhaltsamen Beschäftigungen, Abstempelung meines Passes und Verhandlungen auf dem »Hauptzollamt für Außenhandel in Mittelasien«; mein Gepäck wurde plombiert, sodass ich von Zollschwierigkeiten an der Grenze verschont blieb. Man kam mir auf jede Weise und höflich entgegen.

      Nach einem Abkommen mit dem »Zentralobservatorium« in Leningrad gingen alle meine wissenschaftlichen Beobachtungen in zwei Exemplaren nach Leningrad zurück. Von dort sollte das Original nach Potsdam an das »Meteorologisch-Magnetische Observatorium« weitergeschickt werden, während die Kopie beim »Zentralobservatorium« in Leningrad bleiben sollte. Am 27. Januar, abends um acht Uhr, verabschiedete ich mich von meinen Taschkenter Freunden und trat die Reise in der Richtung auf Westchina an.

      Ich verließ die Hauptbahnlinie und fuhr auf einer Zweigbahn nordwärts über Tschak-pak, Aulie-ata, Merke nach Pischpek, wo mich früh am 29. Januar Dr. Woßkressenski empfing und gastfreundlich aufnahm.

      Die Arbeiten in Pischpek waren nicht vom Glück begünstigt, da schlechtes Wetter einsetzte. Meine Pischpeker Freunde halfen mir bei den Vorbereitungen für meinen Gepäcktransport und bei der Platzbelegung auf dem Autobus, der mich von hier aus nach Wjernyi bringen sollte.

      Für den Lasttransport kamen 30 Pud – ein Pud gleich 32 deutsche Pfund – infrage, wofür 50 Rubel verlangt wurden. Ich hatte Glück. Es ging gerade ein Transport ab nach Dscharkent, an die russisch-chinesische Grenze, der mein Gepäck aufnehmen konnte.

      Es gelang mir auch, einen Platz im Autobus und ferner die Erlaubnis zu erhalten, die nötigsten wissenschaftlichen Instrumente mitzuführen, da man bei dem schlechten Wetter statt der üblichen zehn nur fünf Fahrgäste zuließ.

      Am 2. Februar in der Frühe waren die Reisenden versammelt: zwei Kirgisen in guten Kleidern und dicken Pelzen, ein kräftiger Hebräer aus Kasalinsk mit großem Schnauzbart, zusammengewachsenen, buschigen Augenbrauen und ein Mechaniker der Autostation, ehemaliger Deutscher. Besonders der Hebräer nahm sich meines empfindlichen magnetischen Instruments freundlich an, das, um Erschütterungen zu vermeiden, während der ganzen Fahrt im federnden Wagen auf einem Bündel aus Pelzmänteln in der Schwebe gehalten werden musste.

      Am Pass Kurdai überschreitet wir die Wasserscheide zwischen den Flussgebieten des Tschu und des Ili, und nach 50 Stunden rattern wir bei herrlichem Sonnenschein in Wjernyi ein, wo die schöne Spazierfahrt ihr Ende findet.

      Ich begebe mich zum »Meteorologischen Observatorium«, das im äußersten Süden der Stadt am Fuß des Sailjiski-Ala-tau erbaut ist. Bei der Transportgesellschaft miete ich einen Pferdewagen zur Reise nach Dscharkent. Kostenpunkt: 65 Rubel.

      Bei Dr. Nikolai Wassiljewitsch Bespaltschew und seiner Frau, einer Polin, fand ich gastfreundlichste Aufnahme und jede nur denkbare Unterstützung. Man hatte sich hier schon um mich gesorgt. Mit gemischten Gefühlen erfuhr ich, dass ein Student verschwunden war, der wahrscheinlich auf dem Marsch von Pischpek hierher von Räubern überfallen, beraubt und erschlagen wurde.

      Wjernyi heißt kirgisisch recht klangvoll Alma-ata, auf Deutsch: »Apfel-Vater«. Dieser Name ist jetzt gebräuchlicher als der russische. Alma-ata hat ungefähr sechs Werst im Durchmesser und liegt an der blauen Alma-tinka.

      Meine Gastfreunde wurden mir außerordentlich nützlich beim Einkauf von Ausrüstungsgegenständen für die Weiterfahrt nach der chinesischen Grenze. Auch bei der Beladung meines Reisewagens, der eine Plane aus Matten und starken Holzreifen aufgesetzt hatte, half mir das Ehepaar.

      An Seilen und Netzen, die von der Decke des gewölbehaften Gerippes herabhingen, wurden im Hohlraum die empfindlichen wissenschaftlichen Instrumente aufgehängt, sodass sie vor Erschütterungen bewahrt blieben.

      So sehr mir Regierung und Bevölkerung in der Sowjetunion meine Tätigkeit erleichterten, so schwierig gestaltete sie sich in der Zone um Pischpek und Wjernyi. Ich kam dort in das berüchtigte Erdbebengebiet, das bis zum Issyk-kul hinüberreicht, einer mächtigen Wasseransammlung zwischen dem Tarimbecken und der Balkaschniederung. Noch kurz vor meinem Eintreffen, in der Nacht vom 12. zum 13. Januar, waren die Einwohner durch einen gewaltigen Erdstoß, den ein ungeheures Getöse begleitete, in Angst und Schrecken geraten. Nahezu alle Fensterscheiben waren zersprungen.

      Was werden die nächsten Stunden bringen? Diese bange Frage las ich auf allen Mienen. Auch die liebe junge Frau Bespaltschew – sie war trotz zarter Gesundheit als Lehrerin tätig – lebte in ständiger Furcht vor neuen Erdstößen.

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      Der Reisewagen, in dem das empfindliche magnetische Instrument K, an der Wagendecke aufgehängt, frei schwebend transportiert wurde.

      Seit dem schweren Erdbeben von 1887, bei dem viele Häuser samt der Kathedrale zerstört wurden und mehr als vierhundert Menschen den Tod fanden, pflegen die Einwohner von Wjernyi beim geringsten Anzeichen von Erdbewegungen ihre Häuser zu verlassen und im Freien zu kampieren.

      Während meiner Anwesenheit in dieser Stadt, in einer sogenannten »ruhigen Zwischenpause«, konnte ich meine astronomisch-erdmagnetischen Beobachtungen mit den sehr empfindlichen Instrumenten ausführen, die noch immer leichte Erschütterungen anzeigten.

      Die Erdbeben setzen so plötzlich ein, dass die Einwohner oft nicht Zeit finden, sich ins Freie zu retten. Chinesen, mit denen ich später jenseits der Grenze zusammentraf, alte, erfahrene Söhne des Reichs der Mitte, wunderten sich nicht wenig über den »Leichtsinn« der Russen, an dieser berüchtigten Stelle eine Stadt zu bauen.

      Im Altertum stand hier eine blühende Chinesenstadt. Bei einem gewaltigen Erdbeben verschwand sie von der Bildfläche. Die ganze Erdbebenzone, in alten Zeiten rein chinesisches Gebiet, wird seitdem von den Chinesen gemieden.

      Nahe dem Ostende des Issyk-kul, wo man das Epizentrum des ganzen Erdbebengebiets vermutet, und zwar westlich der Stadt Prschewalsk – nach dem unsterblichen Asienforscher Prschewalski benannt – ist übrigens noch eine andere alte Chinesenstadt versunken.

      Die Erinnerung an diese Katastrophe lebt eigenartigerweise fast ausschließlich bei den Mohammedanern fort. Heute noch bringen kirgisische Taucher oder schwere Stürme allerlei Gegenstände ans Licht, wie chinesische Siegel, Mühlsteine, Silbergerät in vielfarbiger feiner Emaillearbeit byzantinischer Richtung.

      Am 9. Februar verlasse ich Wjernyi und erreiche über Saizewka (Tschilik) und

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