Der lautlose Schrei. Sophia Gabriel Hildesheimer-Kießling
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© 2020 novum Verlag
ISBN Printausgabe: 978-3-99064-668-7
ISBN e-book: 978-3-99064-669-4
Lektorat: Marie Schulz-Jungkenn
Umschlagfoto: Konrad Hildesheimer
Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh
Innenabbildungen: Konrad Hildesheimer
Widmung
„Vernunft ist die Rose am Kreuz der Gegenwart“
Georg Wilhelm Friedrich Hegel, 1770–1831
Gewidmet ist dieses Büchlein jenem Menschen,
der gerade noch ist,
bevor er sich aus dem Leben
in eine unerreichbare Sphäre verabschiedet …
***
„Die Schizophrenie des Menschen
nimmt ihren Weg und mündet ins Nichts.“
Paul Celan
„Noch feiert der Tod das Leben in dir.
Närrin in der Spirale der Eile
Jeder Schritt weiter entfernt von den kindlichen Uhren …“
Nelly Sachs
Vorwort
Es handelt sich um Impressionen aus dem Innern bei den folgenden Wortereignissen. Sie wurden geboren aus dem Nachklang des Gehörten – an einer Tagung zum Thema Transhumanismus..
Es entstand der Eindruck, daß der Mensch sich vom Menschen verabschiedet, insofern er bereit ist, sein Menschsein und alles, was ihn ausmacht, der sogenannten „künstlichen Intelligenz“ zu opfern und sich selbst dann restlos aufzugeben, ‚den Stecker zu ziehen‘ und sich dann töten zu lassen oder sich selbst umzubringen.
Die Erschütterung in der Seele und der innere Aufruf, zu diesem Geschehen in der Welt nicht schweigen zu können, gaben den Anlaß zu dieser Herausgabe.
Eine vorrangig eindrückliche Tatsache muß vorausgeschickt werden, um die Texte zu verstehen:
Es wurde an der Tagung mitgeteilt, daß den Visionisten des sogenannten Transhumanismus nicht mehr mit ethischen Vorstellungen beizukommen ist, sondern nur noch mit Logik argumentiert werden kann.
Was bleibt außer den Tränen über das menschliche Schicksal?
Nicht gemeint ist das Schicksal eines konkreten Menschen –
obwohl es uns nur, ja nur als einzelne angeht … – wie denn sonst? –
gemeint ist jedoch das Schicksal des Menschen überhaupt.
***
„Ecce Homo – siehe, das ist der Mensch!“
Johannesevangelium 19,5b
Der geschundene, dornengekrönte Leib im Purpurmantel der bewahrten Königswürde, da die Menschenwürde scheinbar herausgepeitscht ward, steht schweigend vor dir. –
Was ist Würde?
***
Würde, Ethik – keine Worte mehr, die verstanden werden. Die menschlichen Begriffe sind jenseits der Grenze des Fassungsvermögens geraten. Die Worte der Vernunft, aus dem Herzen gerufen, verhallen im Nichts. Der Schrei ist endlos. –
Wer bleibt noch horchend in dieses Entsetzen?
An wen geht der Appell, dieser Morgenruf aus den letzten Sternennächten, deren Gesang wieder hörbar werden möge, nachdem so viel künstliches Blaulicht die Augen schmähte?
Manche jungen Menschen lassen aufhorchen; die Engel und Wesen, die sie schauen, sehe ich noch nicht. Wer sagt darum, daß die Hoffnung zu Ende sei?
***
Eintauchend in die Welt der kindlichen Erinnerung, schaue ich den Apfelbaum im goldenen Septemberlicht unter seidenblauem Himmel und reinste Freude durchdringt mein Herz – … ich verkoste sie stark, daß sie Kraft werde, geboren aus dem Aufprall an der unsichtbaren Mauer der unheimlichen Macht, die sich lautlos verbreitet …
***
Was soll das?: Die Schlange hat doch die Wahrheit gesagt! –
Hat sie denn die ganze Wahrheit gesagt? Wißt ihr noch, was das Wort Ganzheit bedeutet, da ihr uns als ‚behinderte Biokonservative‘1 bezeichnet, weil wir keine unverwundbaren Prothesen tragen? Wie schmeckt euer Gott-geworden-Sein?
1 Die Vertreter des sogenannten Transhumanismus betrachten die „normalen“ Menschen als Vormenschen, als Zurückgebliebene, Behinderte – Bio-Konservative. Wer sich nicht seinen Körper durch unverletzbare Prothesen ersetzen läßt, ist – „behindert“ in ihren Augen …
Geschmacklos geworden ist die verheißene Zukunft.
Gilt auch hier: „Ach, Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“, da sie versuchten, den Baum der Erkenntnis für sich zu erobern?
Lukasevangelium 23.34
„Wer Ohren hat, der höre …“
Apokalypse des Johannes 2.11
Was, wenn die künstlichen Organe, ja, das