Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk. Jaroslav Hašek

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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk - Jaroslav Hašek Große verfilmte Geschichten

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      »Was sagen Sie?« fragte einer der Arzte. »Machen Sie fünf Schritte nach vorn und fünf Schritte zurück.«

      Schwejk machte zehn.

      »Ich habe Ihnen doch gesagt«, sagte der Arzt, »Sie solln fünf machen.«

      »Mir kommts auf paar Schritte nicht an«, sagte Schwejk.

      Hierauf forderten ihn die Ärzte auf, er möge sich auf einen Stuhl setzen, und einer klopfte ihm auf die Knie. Dann sagte er zu dem andern, daß die Reflexe vollständig normal seien, worauf der zweite den Kopf schüttelte und Schwejk selbst auf die Knie zu klopfen begann, während der erste Schwejks Augenlider emporhob und seine Pupillen untersuchte. Dann gingen sie zum Tisch und warfen ein paar lateinische Ausdrücke hin.

      »Hören Sie, können Sie singen?« fragte einer von ihnen Schwejk. »Könnten Sie uns nicht irgendein Lied vorsingen?«

      »Ohne weiters, meine Herren«, antwortete Schwejk. »Ich hab zwar weder Stimme noch musikalisches Gehör, aber ich will versuchen, Ihnen den Gefallen zu tun, wenn Sie sich unterhalten wolln!«

      Und Schwejk legte los:

       »Der junge Mönch im Lehnstuhl dort

       blickt nieder in tiefem Sinnen,

       zwei bittre heiße Tränen fort

       auf seine Wangen rinnen.

       Weiter kann ichs nicht«, fuhr Schwejk fort. »Wenn Sie aber wollen, sing ich Ihnen:

       Wie ist mir heute bang zumute,

       wie schwer hebts meine Brust,

       dort in der Ferne, im Schein der Sterne

       dort, dort allein ist meine Lust.

       Und auch das kann ich nich weiter«, seufzte Schwejk. »Ich kann noch die erste Strophe von ›Kde domov mùj?‹2 und dann noch: ›General Windischgrätz und die hohen Herren, als die Sonne aufging, gaben die Befehle‹, und noch paar solche Nationallieder, wie: ›Gott erhalte, Gott beschütze‹ und ›Als wir nach Jaromĕř zogen‹ und ›Wir grüßen dich vieltausendmal‹.«

      Die beiden Herren Ärzte blickten einander an und einer von ihnen stellte an Schwejk die Frage: »Wurde Ihr Geisteszustand bereits einmal geprüft?«

      »Beim Militär«, antwortete Schwejk feierlich und stolz, »bin ich von den Herren Militärärzten amtlich für einen notorischen Idioten erklärt worn.«

      »Mir scheint, Sie sind ein Simulant!« schrie der zweite Arzt Schwejk an.

      »Ich, meine Herren«, verteidigte sich Schwejk, »bin kein Simulant, ich bin ein wirklicher Idiot, Sie können sich darüber in der Kanzlei der Einundneunziger in Budweis oder beim Ergänzungskommando in Karolinenthal erkundigen.«

      Der ältere von den Ärzten winkte hoffnungslos mit der Hand und sagte, auf Schwejk weisend, zu den Wärtern: »Diesem Mann da geben Sie seine Kleider zurück, und bringen Sie ihn in die dritte Klasse auf den ersten Korridor, dann kommt einer zurück und trägt alle Dokumente über ihn in die Kanzlei. Und sagen Sie dort, daß mans bald erledigen soll, damit wir ihn hier nicht lang auf dem Hals haben.«

      Die Ärzte warfen noch einen niederschmetternden Blick auf Schwejk, der ehrerbietig rücklings zur Tür zurückwich, wobei er sich höflich verneigte. Auf die Frage eines der Wärter, was er da für Dummheiten mache, erwiderte er: »Weil ich nicht angezogen bin, bin nackt und will den Herren nichts zeigen, damit sie nicht denken, daß ich unhöflich oder ordinär bin.«

      Von dem Augenblick, wo die Wärter den Befehl erhalten hatten, Schwejk seine Kleider zurückzugeben, wandten sie ihm nicht mehr die geringste Sorgfalt zu. Sie befahlen ihm, sich anzukleiden, und einer führte ihn in die dritte Klasse, wo er während der paar Tage, deren es bedurfte, um in der Kanzlei seinen schriftlichen Hinauswurf durchzuführen, Gelegenheit hatte, hübsche Beobachtungen zu machen. Die enttäuschten Ärzte gaben ihm das Gutachten mit auf den Weg, daß er ein »Simulant von schwachem Verstand sei«, und weil man ihn vor dem Mittagessen entließ, kam es zu einem kleinen Auftritt.

      Schwejk erklärte, wenn man jemanden aus dem Irrenhaus hinauswerfe, dürfe man ihn nicht ohne Mittagessen hinauswerfen.

      Dem Auftritt machte der vom Pförtner herbeigeholte Schutzmann ein Ende, der Schwejk aufs Polizeikommissariat in die Salmgasse brachte.

       5

       Auf die schönen sonnigen Tage im Irrenhaus folgten für Schwejk Stunden voller Nachstellungen. Polizeiinspektor Braun arrangierte die Begegnungsszene mit Schwejk mit der Grausamkeit römischer Henkersknechte aus der Zeit des reizenden Kaisers Nero. Hart, wie damals, als man sagte: »Werft diesen Lumpen, den Christen, vor die Löwen«, sagte Inspektor Braun: »Steckt ihn hinters ›Katr‹!«

      Kein Wort mehr und kein Wort weniger. Nur die Augen des Herrn Polizeiinspektors Braun leuchteten dabei in einer sonderbaren perversen Wollust.

      Schwejk verneigte sich und sagte stolz: »Ich bin bereit, meine Herren. Ich denk, daß Katr dasselbe bedeutet wie Separation, und das is nicht das ärgste.«

      »Machen Sie sich hier nicht zu breit«, entgegnete der Polizist, worauf Schwejk sich vernehmen ließ: »Ich bin ganz bescheiden und dankbar für alles, was Sie für mich tun.«

      In der Separation auf der Pritsche saß ein melancholischer Mann. Er saß apathisch da, und seinem Äußeren merkte man an, daß er beim Kreischen der Schlüssel in der Tür der Separationszelle nicht daran glaubte, daß sich für ihn die Tür zur Freiheit öffnen könnte.

      »Kompliment, Euer Gnaden«, sagte Schwejk, während er sich zu ihm auf die Pritsche setzte, »wieviel Uhr kanns beiläufig sein?«

      »Die Uhr ist nicht mein Herr«, entgegnete der melancholische Mann.

      »Hier is es nicht so übel«, fuhr Schwejk im Gespräch fort, »die Pritsche ist aus gehobeltem Holz.«

      Der ernste Mann antwortete nicht, stand auf und fing an, rasch in dem kleinen Raum zwischen Tür und Pritsche auf und ab zu gehen, als hätte er Eile, etwas zu retten.

      Schwejk betrachtete inzwischen mit Interesse die auf die Wände gekritzelten Inschriften. Da gab es eine Inschrift, in der ein unbekannter Arrestant einen Kampf mit der Polizei auf Leben und Tod gelobte. Der Text lautete: »Ihr werdet es euch auslöffeln.« Ein anderer Arrestant hatte geschrieben: »Steigt mir am Buckel, Hornochsen.« Ein anderer wiederum stellte einfach die Tatsache fest: »Ich bin hier am 5. Juni 1913 gesessen, und man ist anständig mit mir verfahren. Josef Maretschek, Kaufmann aus Wrschowitz.« Ferner gab es hier eine Inschrift, die durch ihre Tiefe erschütterte: »Gnade, großer Gott –« und darunter: »Leckts mich am A.« Der Buchstabe »A« war jedoch durchgestrichen, und an der Seite stand mit großen Buchstaben »Rockschoß«. Daneben hatte irgendeine poetische Seele Verse geschrieben: »Ich sitz traurig an dem Bache, am Himmel zeigt sich schon der Mond, und blicke auf die dunklen Berge, wo mein teures Schätzchen wohnt.«

      Der Mann, der zwischen Tür und Pritsche auf und ab lief, als wollte er den Marathonlauf gewinnen, blieb stehen, setzte sich abgehetzt wieder auf seinen

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