Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk. Jaroslav Hašek

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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk - Jaroslav Hašek Große verfilmte Geschichten

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mir ihn rufen lassen, und wenn er sich zu nichts bekennt, so laß ich ihn frei und laß ihn zu dir bringen, und du machst das schon beim Regiment aus.«

      Nachdem der Feldkurat gegangen war, ließ sich Auditor Bernis Schwejk vorführen und ließ ihn bei der Tür stehen, weil grade ein Telefonogramm von der Polizeidirektion eingetroffen war, das besagte, daß das verlangte Material zu der Anklageschrift Nummer 7267, betreffend den Infanteristen Maixner, in der Kanzlei Nummer 1 von Hauptmann Linhart übernommen worden sei.

      Inzwischen betrachtete Schwejk prüfend die Kanzlei des Auditors.

      Man kann nicht behaupten, daß sie, insbesondere mit den Photographien an den Wänden, einen sehr günstigen Eindruck gemacht hätte. Es waren Photographien verschiedener Exekutionen, die von der Armee in Galizien und Serbien durchgeführt worden waren. Künstlerische Aufnahmen abgebrannter Hütten und Bäume, deren Zweige sich unter der Last von Gehenkten senkten. Besonders gelungen war eine Photographie aus Serbien mit einer gehenkten Familie. Ein kleiner Knabe, Vater und Mutter. Zwei Soldaten mit Bajonetten bewachen den Baum mit den Hingerichteten, und irgendein Offizier steht als Sieger im Vordergrund und raucht eine Zigarette. Auf der andern Seite im Hintergrund ist die Feldküche in voller Arbeit zu sehen.

      »Also was ist mit Ihnen, Schwejk?« fragte Auditor Bernis, als er das Telefonogramm zu den Akten legte, »was haben Sie angestellt? Wollen Sie gestehn oder wollen Sie warten, bis die Klage gegen Sie abgefaßt sein wird? So gehts nicht weiter. Glauben Sie nicht, daß Sie vor einem Gericht stehen, wo Sie vertrottelte Zivilisten verhören werden. Sie stehen vor einem k. u. k. Militärgericht. Ihre einzige Rettung vor einer strengen und gerechten Strafe kann ein Geständnis bilden.«

      Auditor Bernis hatte eine eigenartige Methode, wenn er das Material gegen den Angeklagten verloren hatte. Wie man sieht, war durchaus nichts Besonderes daran, und wir dürfen uns auch nicht wundern, daß die Ergebnisse einer solchen Untersuchung und eines solchen Verhörs in allen Fällen gleich Null waren.

      Auditor Bernis glaubte so überaus scharfsinnig zu sein, daß er, ohne Material gegen den Angeklagten zu besitzen, ohne zu wissen, wessen er beschuldigt war, weshalb er hier im Garnisonsarrest saß, durch Beobachtung des Betragens und aus der Physiognomie des zum Verhör Vorgeführten kombinierte, warum man diesen Menschen wohl eingesperrt habe.

      Sein Scharfsinn und seine Menschenkenntnis waren so groß, daß er einen Zigeuner, der wegen des Diebstahls einiger Dutzend Wäschestücke (er war Gehilfe eines Magazineurs in einem Magazin!) in den Garnisonsarrest gekommen war, politischer Verbrechen beschuldigte und behauptete, der Angeklagte habe in einem Wirtshaus mit Soldaten von der Errichtung eines selbständigen Nationalstaates gesprochen, der aus den Ländern der böhmischen Krone und der Slowakei bestehen und einen slawischen König an der Spitze haben sollte.

      »Wir haben Dokumente«, sagte er dem unglücklichen Zigeuner, »es bleibt Ihnen nichts übrig, als zu gestehn, in welchem Wirtshaus Sie es gesagt haben und von welchem Regiment die Soldaten waren, die Ihnen zugehört haben, und wann das war.«

      Der unglückliche Zigeuner dachte sich sogar das Datum, das Gasthaus und das Regiment seiner vermeintlichen Zuhörer aus, und als das Verhör beendet war, lief er einfach aus dem Garnisonsarrest.

      »Sie wollen nicht gestehen«, sagte Auditor Bernis, als Schwejk schwieg wie das Grab, »Sie wollen nicht sagen, warum Sie hier sind, warum man Sie eingesperrt hat? Mir könnten Sies wenigstens sagen, bevor ich es Ihnen selbst sage. Ich mache Sie nochmals darauf aufmerksam, daß Sie gestehn sollen. Es ist besser für Sie, weil es die Untersuchung erleichtert und die Strafe mildert. Das ist grad so bei uns wie bei den Zivilisten.«

      »Melde gehorsamst«, ließ sich die gutmütige Stimme Schwejks vernehmen, »ich bin hier im Garnisonsarrest als Findling.«

      »Wie meinen Sie das?«

      »Melde gehorsamst, ich kann das auf sehr einfache Art erklären. Bei uns in der Gasse is ein Kohlenmann, und der hat einen ganz unschuldigen zweijährigen Buben gehabt, und der is mal zu Fuß von den Weinbergen bis nach Lieben gekommen, wo ihn ein Polizist gefunden hat, wie er auf dem Trottoir gesessen is. Er hat also diesen Buben aufs Kommissariat gebracht, und man hat ihn dort eingesperrt, den zweijährigen Buben. Wie Sie sehn, war der Bub vollständig unschuldig, und man hat ihn doch eingesperrt. Und wenn er sprechen gekonnt hätt und jemand ihn gefragt hätt, warum er dort sitzt, hätt ers auch nicht gewußt. Und mit mir gehts so ähnlich. Ich bin auch ein Findling.«

      Der scharfe Blick des Auditors überflog Schwejks Gestalt und Gesicht und zerschellte an ihm. Aus diesem vor dem Auditor stehenden Geschöpf strahlte eine solche Gleichgültigkeit und Unschuld, daß Bernis aufgeregt in der Kanzlei auf und ab zu gehen begann. Und hätte er dem Feldkuraten nicht versprochen, ihm Schwejk zu schicken, weiß der Teufel, wies mit Schwejk ausgefallen wäre.

      Schließlich blieb der Auditor wieder bei seinem Tisch stehen.

      »Hören Sie«, sagte er zu Schwejk, der gleichgültig vor sich hin schaute, »wenn ich Ihnen noch einmal begegne, so werden Sie dran denken. – Führen Sie ihn ab!«

      Nachdem man Schwejk auf Nummer 16 zurückgeschafft hatte, ließ Auditor Bernis Stabsprofos Slawik rufen.

      »Bis zur weiteren Entscheidung«, sagte er kurz, »wird Schwejk dem Herrn Feldkuraten Katz zur Disposition geschickt. Entlassungspapiere ausfertigen und Schwejk mit zwei Mann zum Herrn Feldkuraten führen!«

      »Soll man ihm Fesseln auf den Weg geben, Herr Oberleutnant?«

      Der Auditor schlug mit der Faust auf den Tisch.

      »Sie sind ein Ochs. Ich hab Ihnen doch deutlich gesagt, Entlassungspapiere ausfertigen.«

      Und alles, was sich während des Tages in der Seele des Auditors angehäuft hatte, Hauptmann Linhart und Schwejk, ergoß sich jetzt wie ein Sturzbach auf den Stabsprofos und endete mit den Worten: »Und jetzt werden Sie begreifen, daß Sie ein gekrönter Hornochse sind.«

      Das soll man eigentlich nur von Königen und Kaisern sagen, aber nicht einmal der gewöhnliche Stabsprofos, ein ungekröntes Haupt, war damit zufrieden. Nachdem er den Auditor verlassen hatte, traktierte er auf dem Gang den Arrestanten, der den Gang aufräumte, mit Fußtritten.

      Was Schwejk betrifft, nahm sich der Stabsprofos vor, ihn wenigstens noch eine Nacht im Garnisonsarrest schlafen zu lassen, damit er auch »noch was genieße«.

      Die im Garnisonsarrest verlebte Nacht gehört jederzeit zu seinen angenehmen Erinnerungen.

      Neben Nummer 16 befand sich der »Einzlik«, ein düsteres Loch, die Einzelhaft, wo auch in dieser Nacht das Gewinsel eines eingesperrten Soldaten ertönte, dem Feldwebel Řepa wegen irgendeines Disziplinarvergehens auf Befehl des Stabsprofos Slawik die Rippen brach.

      Als das Gewinsel verstummte, wurde in Nummer 16 das Knacken der Läuse vernehmbar, die den Arrestanten beim Suchen in die Hände gerieten.

      Über der Tür in einer Maueröffnung verbreitete die mit einem Schutzgitter versehene rauchende Petroleumlampe ein fahles Licht. Petroleumgestank vermischte sich mit den natürlichen Ausdünstungen der ungewaschenen menschlichen Körper und dem Gestank des Eimers, dessen Oberfläche sich nach jeder Benützung teilte, um eine neue Welle von Gestank in Nummer 16 zu werfen.

      Die schlechte Nahrung verursachte bei allen einen beschwerlichen Verdauungsprozeß, und die Mehrzahl litt an Winden, die sie in der nächtlichen Stille fahrenließen, wobei sie einander unter verschiedenen Scherzen mit diesen Signalen Antwort gaben.

      Auf

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