Colombia Es Pasión!. Matt Rendell

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Colombia Es Pasión! - Matt  Rendell

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und diszipliniert, mit großen Plänen und seiner eigenen Sicht der Dinge.«

      Es bereitete ihn auf seine zukünftige Karriere als Sportler vor.

      Dann geschah etwas Unvorhergesehenes, das den Verlauf all ihrer Leben veränderte.

      Von dem kleinen Taschengeld, das Nairo und Dayer jeden Tag für Schulausgaben erhielten, legte Nairo, 14 Jahre alt, genug beiseite, um sich ein altes Mountainbike zu kaufen. Es bot ihm ein Mittel zu so etwas wie Selbstverwirklichung – etwas, was in einer ruralen Welt begrenzter Möglichkeiten sonst schwer zu bekommen war – und er begann, das Rad als einen Gefährten zu begreifen, als etwas beinahe Menschliches. Wie Alfredo es ausdrückt: »Für ihn war es nicht nur ein Transportmittel, es war eher wie seine rechte Hand.«

      Sobald er das Radfahren beherrschte, brachte er es seinem jüngeren Bruder bei – »Auf die alte Art«, sagt Dayer, »indem er mich einen Berg hinunterstieß!« Drei Tage nach seiner Initiation gelang es Dayer irgendwie, ein eigenes Rad aufzutreiben, und die beiden Jungen heckten einen Plan aus: die 16,5 Kilometer lange Abfahrt zur Schule hinab- und dann wieder hinaufzufahren.

      »Wir hatten schwere Räder, Jeans und Schultaschen«, sagt Dayer. »Wir schafften es gerade so eben.«

      Dann schafften sie es wieder. Und wieder.

      »Von da an«, berichtet Nairo, »nahmen wir nicht mehr den Bus.« Etwaigen vorschnellen Rückschlüssen meinerseits zuvorkommend, setzt er hinzu: »Nicht, weil wir es uns nicht leisten konnten: Es waren hin und zurück nur tausend Pesos [um die 25 Cent]. Ich tat es, weil ich ein Rad hatte und weil es mir so gefiel.«

      Einige Wochen vergingen und Nachbarn und Schulfreunde schlossen sich ihnen an, bis sie schließlich ein kleines Peloton von insgesamt zehn oder zwölf Fahrern bildeten.

      »Wir deckten unsere Räder über und über mit Aufklebern, Reflektoren und Lampen ein«, sagt Dayer. »Es war ein ziemlicher Anblick.«

      Der Entschlossenste von ihnen war zweifellos Nairo. Alfredo erinnert sich, dass Nairo, wenn es regnete, nass und verschmutzt in der Schule eintraf. Seine Lehrer übten Nachsicht mit ihm und wuschen ihn, wenn er unterwegs zu Fall gekommen war. Ebenso die Busfahrer, die ihn und sein Rad umsonst nach Hause brachten, wenn er stürzte.

      Auf einer seiner Ausfahrten hatte Nairo nicht weit von zu Hause einen Sturz: »Ich trug keinen Helm oder dergleichen. Ich war eine Weile bewusstlos, ging aber nicht ins Krankenhaus.«

      Dass er dennoch weitermachte, verrät viel darüber, wie sehr er sich seiner neuen Leidenschaft verschrieben hatte.

      Ein Jahr später wurde er in Tunja von einem Taxi angefahren und diesmal wurde er ins Krankenhaus gebracht.

      Alfredo sagt: »Wir sorgten uns um ihn, aber wir unterstützten ihn auch.« Seine Familie verstand, dass das Radfahren für Nairo von besonderer Bedeutung war.

      Die Gefahren der Nationalstraße Tunja–Arcabuco waren der Familie eines anderen Humboldt-Schülers nicht verborgen geblieben, der Nairo zum nächsten Schritt in seiner Radsportkarriere brachte: die Teilnahme an Rennen. Cayetano Sarmiento, der Sohn einer campesino-Familie, die in der Nähe einer Trinkwasserquelle namens Agua Varuna lebte, auf halbem Weg den Anstieg von Arcabuco nach Vereda La Concepción hinauf, erzählte mir: »Mein Vater baute Kartoffeln an und hatte Vieh, ich half mit der Ernte und dem Melken, dann verkaufte ich unsere Kartoffeln auf dem Markt. Damals war die Nationalstraße Tunja–Arcabuco die Hauptverkehrsstraße in Richtung [der Provinz] Santander. Sie war sehr gefährlich für ein Kind, daher ließ mein Vater mich erst zur Schule gehen, als ich sieben war, und ich machte meinen Abschluss erst mit 17.«

      Er, Nairo und Dayer wurden dicke Freunde, obwohl Nairo drei Jahre jünger war und Dayer fünf. Das war 2004, im gleichen Jahr, in dem ein junger, sportverrückter Mann namens Victor Hugo Silva zum Bürgermeister von Arcabuco gewählt wurde und die Schulmeisterschaften der Provinz in die Stadt holte. Einige Wochen vor dem Wettkampf im Mai besuchte Silvas Sportkoordinator Rusbel Achagua die Schule. »Ich meldete mich für das Radfahren an«, erinnert sich Cayetano.

      Achagua gab Cayetano ein paar grundlegende Trainingstipps und Nairo wurde neugierig. »Ich fing an, mit ihm zu trainieren«, erzählte mir Nairo, »und wir spornten uns gegenseitig an.«

      Obwohl er relativ spät mit dem Radsport begann, gewann Cayetano 2009 den Giro d’Italia der U23, bevor er fünf Jahre lang als Profi in Europa fuhr.

      Cayetano gab Nairo auch seine erste gepolsterte Radhose. Nairo benutzte sie, bis die Farbe verblasst und das Polster verschlissen war, dann gab er sie weiter an Dayer, der sie trug, bis sich die Nähte auflösten.

      Arcabuco hatte noch einen anderen jungen Radsportler vorzuweisen, Camilo Moyano, der bei den Panamerikanischen Spielen 2007 Silber im Omnium gewann und 2009 für Colombia Es Pasión in Europa fuhr. Sein Vater führte das erste nennenswerte Radgeschäft in Arcabuco. Cayetano, Nairo und Dayer fanden allerdings Unterstützung bei einem etwas schlichteren Betrieb.

      Ein ortsansässiger Geschäftsmann namens Héctor Garabito, der Mineralwasser aus einer der vielen Quellen abfüllt, die rund um das Dorf an die Oberfläche treten, vermietete an einen Mann namens Raúl Malagón, der sowohl Fahrradmechaniker als auch Imker war, ein leeres Ladenlokal in der Nähe der Kirche von Arcabuco.

      »Als ich anfing«, erzählte mir Nairo, »suchte ich Raúls Werkstatt auf, um mein Rad einstellen zu lassen und zu lernen. Er setzte unsere Maschinen instand und unterhielt sich mit uns über den Radsport. Im Gegenzug putzten wir Fahrräder und flickten Reifen.«

      Raúl entwickelte Trainingsstrategien, die auf die damalige Zeit und den Ort abgestimmt waren. So stattete er Nairo mit einem schweren Rad aus, damit sein junger Schützling kräftiger würde. Und, erinnert sich Nairo, »er verabreichte uns Pollen und Gelée Royale und füllte Wasser in die eine Trinkflasche und eine Honiglösung in die andere.«

      Raúls Schwester Maribel Malagón, die noch immer einen Gemischtwarenladen in Arcabuco betreibt, erinnert sich: »Mein Bruder betreute 13 oder 14 junge Fahrer, wobei Nairo der vielversprechendste von ihnen war. Raúl veranstaltete Tombolas und matachines [Feste mit Volkstänzen], um Geld aufzubringen. Nach einer davon kaufte er ein Rad für Nairo.«

      Nairo, sagt sie, war »winzig, schüchtern und edelmütig«.

      Raúl stellte Nairo sowohl Bürgermeister Silva und dessen Sportkoordinator Rusbel Achagua als auch einem jungen und enthusiastischen Ratsmitglied namens Jaime Póveda vor. »Wir konnten uns glücklich schätzen, sie zu haben«, erinnert sich Nairo. »Wenn wir etwas brauchten, waren sie immer für uns da, sie gaben uns so viel Unterstützung, wie es die Umstände erlaubten.«

      An Schultagen fuhr Nairo hinunter nach Arcabuco, schaute in der Werkstatt vorbei und absolvierte eine Einheit auf einer Rolle, die so oft repariert worden war, dass sie quasi Marke Eigenbau war. Nach der Schule kam er wieder, setzte sich eine weitere halbe Stunde auf die Rolle und absolvierte dann ein Zeitfahren hinauf nach Agua Varuna.

      Nairo erinnert sich: »Der Schulbus fuhr los und hielt hin und wieder an, um Schüler abzusetzen. Wir starteten einer nach dem anderen, im Abstand von zwei oder drei Minuten, und versuchten, den Bus einzuholen. Raúl, Rusbel oder Póveda fuhren im Auto oder auf dem Motorrad hinauf und stoppten unsere Zeiten – wenn sie es schafften.«

      Pedro Camargo, ein Agrarwissenschaftler im Büro des Bürgermeisters, der noch immer ehrenamtlich für den Radsportclub arbeitet, erinnert sich an das erste Mal, als Nairo sich seiner

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