Warum es Bullshit ist, andere ändern zu wollen. Nele Kreyßig

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Warum es Bullshit ist, andere ändern zu wollen - Nele Kreyßig Dein Leben

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Handlungsfeld: Mehr Toleranz für andere Sichtweisen und Lebensmodelle entwickeln, zurückhaltender werten und gelegentlich lieber erst mal nach dem Warum fragen und neugierig auf andere Lebensmodelle sein.

       b) Aktiv zustimmend: Supporter/-in

      Sie sind eine echte Unterstützung und geben lieber Tipps, als zu kritisieren. Auf Sie kann man zählen, ohne kritische Worte befürchten zu müssen.

      Mögliches Handlungsfeld: Etwas mehr Zurückhaltung üben. Nicht jeder möchte gleich Hilfe und gut gemeinte Ratschläge. Und manchmal kann auch vorsichtige und konstruktive Kritik ein wahrer Freundschaftsdienst sein.

       c) Passiv ablehnend: stille/-r Kritiker/-in

      Sie ziehen sich eher zurück, als einen offenen Konflikt zu riskieren. Doch Ihre Mimik und Gestik sprechen häufig eine eindeutige Sprache: Ihr Umfeld spürt dann, dass Sie nicht begeistert sind, kann Ihre Reaktion aber schwer einordnen.

      Mögliches Handlungsfeld: Wenn Sie in wichtigen Fällen formulieren, was Sie fühlen und wo Ihre Bedenken liegen, können Sie als Sparringspartner/-in wertvoll für Ihr Gegenüber sein.

       d) Passiv zustimmend: Akzeptierer/-in

      Sie wollen sich nicht einmischen, selbst wenn Sie gut finden, was ein anderer tut oder plant. Ihr Gegenüber weiß daher nicht so recht, woran es bei Ihnen ist, und wünscht sich gelegentlich eine eindeutige Reaktion von Ihnen.

      Mögliches Handlungsfeld: Trauen Sie sich ruhig etwas mehr aus der Deckung. Sie können ja vorher fragen, ob Ihre Meinung erwünscht ist.

      Vielleicht haben Sie auch mal a), mal b) oder auch c) und d) angekreuzt und ordnen sich daher nicht eindeutig einem dieser (zugegeben sehr plakativen) »Typen« zu. Unsere Wertungen haben eben genauso viel mit uns selbst wie mit dem jeweiligen Gegenüber zu tun. Auch wenn wir glauben, wir reagieren »objektiv« und »vernünftig« auf eine Situation, wurzeln unsere Urteile immer stark in eigenen Überzeugungen und Erfahrungen. Unabhängig davon gibt es Menschen, die eher meinungsstark und schnell im Urteil sind, solche, die sich eher zurückhalten, solche, die vor allem auf negative Punkte hinweisen, und solche, die spontan eher wohlwollend reagieren. Wie ist das bei Ihnen? Nehmen Sie das Ergebnis meines spielerischen Tests nicht als festgemeißeltes Urteil, sondern als Anregung, sich selbst und andere im Alltag einmal genauer zu beobachten. Wie sehr neigen Sie und andere zu Urteilen? Wie stark folgen Sie (bzw. die anderen) dabei spontanen Impulsen und eigenen Überzeugungen, ohne sich in die Situation des Gegenübers zu versetzen? Dabei unterstützt Sie das WEWAW-Modell (s. übernächste Seite), mit dem ich auch in Unternehmen arbeite, die zum Beispiel verschiedene Mitarbeitergenerationen oder Persönlichkeiten im Team erfolgreich zusammenführen wollen.

      Unser Urteil sagt viel über uns aus.

      Wenn Sie die WEWAW-Schritte am Modell durchgehen, schauen Sie sich Ihre Wertungen praktisch in Zeitlupe an. Dabei wird Ihnen wahrscheinlich bewusst, dass es keineswegs so ist, dass wir rational (mit dem Verstand) auf unsere Umgebung reagieren. In der Regel flammt zuerst spontan und blitzschnell eine Emotion in uns auf (etwa Ärger, Überraschung, Angst oder auch Freude, Neugier). Erst dann bewerten wir unsere Wahrnehmung und handeln. Die Bewertung (Idiot! Zicke! Feigling! Wow, das ist ein Toller!) erfolgt direkt nach der Emotion, dazwischen liegen oft kaum Sekunden. Auch an die Auswirkungen Ihrer Reaktion und Ihres Handelns werden Sie im Alltag umso öfter denken, je häufiger Sie diese kleine Übung machen.

      Sie können nur einen Menschen ändern: sich selbst!

      Im ersten Schritt geht es in diesem Modell darum, die eigenen Mechanismen zu verstehen. Wenn Sie sich öfter hinterfragen und sich selber besser verstehen, gelingt Ihnen im nächsten Schritt möglicherweise eine neue Bewertung (was gar nicht so einfach ist) oder zumindest ein anderes Verhalten: Sie reagieren anders, etwas überlegter und vorsichtiger, oder sparen sich den einen oder anderen Kommentar ganz. Denn die einzige Person, die Sie wirklich zuverlässig ändern können, sind – Sie selbst! Warum hier der echte Hebel für Veränderungen in Ihrem Leben liegt, werden wir uns später noch genauer anschauen (vgl. Kapitel 2 »Mehr Durchblick für Gelassenheit«).

       WEWAW-Modell: Wie werte ich im Alltag?

       Nehmen Sie ein Blatt Papier zur Hand und notieren Sie sich in welcher Situation Sie sich selbst als wertend wahrgenommen haben. (Seien Sie ehrlich zu sich selbst: Notieren Sie auch Wörter, die Sie eigentlich niemals sagen oder gar aufschreiben würden. Das ist Ihr Übungsfeld, hier werden Sie nicht bewertet!)

W Wahrnehmung Was nehme ich wahr? Was fällt mir besonders auf? (Z. B. unpassende Kleidung des Partners beim Geburtstagsfest einer Bekannten.)
E Emotion Welche Emotion löst das bei mir aus? (Z. B. genervt sein.)
W (Be-)Wertung Wie bewerte ich (aufgrund dieser Emotion) das Wahrgenommene bzw. die Person? (Z. B.: »Idiot! Wie oft habe ich das schon angesprochen!?«)
A Aktion Wie verhalte ich mich? Was sage ich (falls ich etwas sage)? Auch Nichthandeln ist eine Aktion! (Z. B. Augenrollen, ich strafe ihn, indem ich ihn beim Fest meide …)
W (Aus-)Wirkung Welche Auswirkung hat mein Handeln auf den anderen und auf unser Miteinander? (Z. B.: Er denkt: »Oh Mist, ich hab schon wieder was falsch gemacht und weiß nicht was.« Oder andere sprechen über uns: »Was ist bei denen denn los?«) Welche Auswirkung hat mein Handeln auf mich? (Z. B. weniger Freude bei dem Fest.)

      Bedeutet der kritische Blick auf unsere Neigung, zu bewerten, dass man einfach alles akzeptieren soll? Diese Frage wird mir manchmal gestellt. Die Antwort ist: Eindeutig nein! Etwas zurückhaltender, selbstkritischer und toleranter zu sein beim Formulieren von (Be-)Wertungen ist nicht gleichbedeutend mit einem Freifahrtschein für jede, jeden und alles. Da, wo die eigenen Werte massiv verletzt oder bestimmte Grenzen überschritten werden, sollten wir handeln. Das gilt nicht nur für juristische Grenzen (wie etwa bei Beleidigungen, Hetze, Verleumdungen oder Ähnlichem), sondern auch für persönliche Grenzen, die sich aus unseren Kernwerten ergeben. Wer für Toleranz und Weltoffenheit steht, wird hoffentlich die Stimme erheben, wenn am Kaffeetisch oder im Sportverein gegen Ausländer gehetzt wird. Auch da, wo die eigene seelische oder körperliche Unversehrtheit bedroht ist, muss man handeln. Wem als Kind Kälte oder gar Gewalt entgegengebracht wurde, der hat jedes Recht dazu, den Kontakt zu seinen Eltern abzubrechen. Behandeln Sie sich selbst genauso liebevoll, wie Sie eine enge Freundin oder einen engen Freund behandeln würden. In der Praxis belasten wir uns und unsere Beziehungen jedoch häufig mit Werturteilen zu Fragen, bei denen man durchaus unterschiedlicher Meinung sein kann – wie die Frage nach der »richtigen« Art und Weise, eine Hochzeit zu feiern. Wenn es dann geknallt hat, reiben wir uns mit etwas Abstand die Augen und fragen uns: War es das wirklich wert?

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