Der moderne Mann in unsicheren Zeiten. Thomas Tuma

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Der moderne Mann in unsicheren Zeiten - Thomas Tuma Dein Leben

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doch keine wirklich wichtigen Fragen.

      Doch, weil zugleich das Tempo der Veränderung enorm zugenommen hat und uns chronisch verunsichert. Es ist ja noch nicht sooo lange her, dass es kein Internet, Navi oder Smartphone gab, dafür Stadtpläne, Wählscheiben-Telefone und die DDR. Patchwork kannte man nur von Omas Flickenteppich, und Burn-out war noch nicht mal erfunden. Alte Sascha-Lobo-Anekdote: »Wie ging man denn früher online, Papi, als es noch keine Computer gab?«

      Aha, Sie wünschen sich die gute alte Zeit zurück!

      Um Gottes willen, keineswegs! In meiner Schulzeit waren die Informatik-Profis noch die Alukoffer-Außenseiter, die bei der Mannschafts-Aufstellung im Schulsport immer die Dreingaben waren. Heute regieren sie Hidden Champions im Bereich B-to-B-Solutions mit loft-ähnlichen Dependancen auf drei Kontinenten. Das ist doch toll.

      IT ist nicht so Ihr Ding, was?

      Zu meiner Schande muss ich gestehen: Ich könnte weder meine eigene Homepage programmieren noch im Darknet Anabolika oder Flammenwerfer kaufen. Mir fehlt es schon am nötigen Vokabular, um mich auch da zu verbessern, pardon: um meine Skills straight to the point zu leveragen. Früher hat man mit so einer IT-Ignoranz ja noch kokettiert. Heute ist sie nur noch peinlich. Und das meine ich völlig unironisch.

      Aber Sie klingen leicht fortschrittsfeindlich …

      … bin aber das totale Gegenteil: Ich finde all die skizzierten Entwicklungen spannend und beobachte mit großem Interesse, wie schnell alles geht … So schnell, dass wir mit unseren Verhaltensweisen nicht immer Schritt halten können.

      Wir Männer bleiben Neandertaler?

      Da hat sich meiner Ansicht nach doch nicht nur bei uns in Deutschland erfreulicherweise viel verändert. Ich kann nicht für jeden alleinreisenden Nachwuchs-Salafisten aus unsicheren Herkunftsländern sprechen. Aber schauen Sie sich nur mal die Männerfiguren in Film oder Literatur an! Wie Sean Connery als James Bond noch mit Frauen umsprang und wie sein Nachfolger Daniel Craig in den vergangenen Jahren agierte. Das ist ein Unterschied wie zwischen Steinkeule und Magnet-Resonanz-Tomograph. Und da sind nur wenige Jahrzehnte vergangen …

      … womit wir endlich beim Gender-Thema wären.

      Für manche ein echtes Schlachtfeld, auf dem ich mich schon deshalb alles andere als zu Hause fühle. Aber natürlich finden sich alle Verhaltenstipps zu Geschlechterfragen im Buch …

      … Sie mogeln sich mit billiger Reklame um eine Antwort!

      Wenn ich Reklame machen wollte, würde ich ja sagen: »Der moderne Mann« ist das ideale Geschenk nicht nur für Männer, sondern auch für deren Frauen, Mütter, Affären, Sozialtherapeutinnen und Bewährungshelferinnen.

      Hören Sie auf!

      Und hatte ich erwähnt, dass das Buch nicht nur Lebenshilfe bietet, sondern auch eine wunderbare Geschenkidee ist? Quasi für die ganze Familie. Ich kann auch deshalb hier so hemmungslos dafür werben, weil ich an den Milliardenumsätzen, Hollywood-Verfilmungen und Streaming-Drittverwertungsrechten gar nicht beteiligt bin.

      Da sind wir ja schon zwei.

      Sehen Sie, Herr K. Und wir »modernen Männer« werden immer mehr.

      Beklagen Sie sich gerade?

      Nichts liegt mir ferner. Es gibt ohnehin nichts Schlimmeres als jammernde Männer. Wenn ich hier überhaupt etwas empfehlen darf, dann: Mehr Haltung bitte! Wer rumheult, hat schon verloren.

      Vielen Dank für das Interview, Herr Tuma.

       NEUE GESAMMELTE KOLUMNEN

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      1.

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      WIE MODERNE KUNST DAS BÜRO

      EROBERT

      Mit der Kunst im Büro fing Frau Dr. Schwielow an. Irgendwann hing hinter ihrem Vorstands-Schreibtisch plötzlich eines dieser Nagelbilder von Günther Uecker. Gut, es waren mehr so Nagelabdrücke auf Papier. Und nummeriert war das Werk auch (147 205). Aber das machte nichts, seither konnte sie über Uecker oder seine pommerischen Ursprünge reden, als hätte sie dort ihre Unschuld an ihn verloren.

      »Ostpommern, Westpommern, is’ mir alles so was von Latte«, murmelte Koslowski, der bei sich im Büro ein Star-Wars-Filmplakat (Episode IV) und den 2011-Jahreskalender eines mittelständischen Badezimmer-Armaturen-Herstellers aus dem Ostschwäbischen hängen hat. Im Gegensatz zu Koslowski hat Berger aus dem Marketing ein feines Gespür für Trends. Eine Woche später präsentierte er stolz ein hochgradig abstraktes Werk aus Elefanten-Dung und Handyplatinen: »Von einer blinden Berlinerin. Meisterschülerin von Schwarwelstedt, wenn euch das was sagt.«

      Tat es nicht, provozierte aber dennoch ein geradezu tektonisches Beben, das schnell bis in den Vorstand zurückzitterte, wo Frau Dr. Schwielow und die anderen sich fortan mit Werken unterschiedlichster Provenienz überboten. Russische Neo-Dadaisten. Videokunst aus Island. Kadaver-Art einer Abspaltung der flämischen Op-Art-Gruppe »Flghngdh«, die »übrigens Breughel als ihren gedanklichen Vater begreift«, wie Dr. Schwielow bei einem abendlichen »Art-Workshop« vor elf Kolleginnen aus den unteren Rängen in der Kantine erklärte. Herr K. war der einzige Mann. Es gab Pinot Grigio und Zuchtlachs-Canapés.

      Kunst ist der neue Weinkeller, verstand Herr K. Geldanlage mit Esprit. Wo man früher über die Kalkböden piemontesischer Südwest-Steilhanglagen fachsimpelte, kann man nun die Lebensläufe 22-jähriger Kunstakademie-Anfänger referieren, die vielleicht die nächsten Richters oder Gurskys werden – oder auch nur als verkrachte Bohemiens auf Flohmärkten enden. Man weiß es ja nie. Aber Geld ist zurzeit ja genug da.

      Als Herr K. zwei Wochen später seinen neu erworbenen zwölfteiligen Aquarell-Zyklus »burningaleppo« vorstellte, wusste er, dass er damit auf lange Zeit die innerbetriebliche Benchmark gesetzt haben würde. »Die Künstlerin ist von Syrien zu Fuß bis Ruhpolding gelaufen«, erklärte er. »Die Bilder trug sie in einer mit Wachs abgedichteten Flak-Patronenhülse bei sich.« Selbst Koslowski erschauderte, bevor Frau Dr. Schwielow ihre Sprache wiederfand: »Wahnsinn, diese Farbintensität! Diese pastose Kraft!« Auch Berger aus dem Marketing flankierte: »Und diese abgründige Hoffnung.« »Aber auch in Neon gegossene Melancholie, irgendwie«, fand Frau Stibbenbrook aus der Rechtsabteilung.

      An diesem Abend kam Herr K. sehr glücklich nach Hause. Nach dem Essen zog er seinen sechsjährigen Sohn beiseite: »Sag mal, kannst du mir noch ein paar so schöne Bilder zu unserem letzten Urlaub malen wie neulich? Darf ruhig ähnlich depri sein.«

      2.

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      IN HOTLINE-LABYRINTHEN

      Herr K. ist von der Kundenorientierung der deutschen Wirtschaft überzeugt – bis bei ihm zu Hause der Router kaputtgeht. Der was? »Das is’ das Ding, das dein WLAN am Laufen hält«, erklärt ihm seine augenrollende Tochter,

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