Das Günter-Prinzip. Stefan Frädrich

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Das Günter-Prinzip - Stefan Frädrich Günter, der innere Schweinehund

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in unseren Handlungen weit weniger motiviert. Schon gar nicht für Spitzenleistungen oder gar Abenteuer.

      Geschichten und Abenteuer treiben uns an

      Übrigens sind Abenteuer ja immer ähnlich aufgebaut – sei es in Kino, TV, Roman oder im Computerspiel: Da gibt es Heldin oder Held. Und die leben in eigentlich stabilen Verhältnissen, alles ist okay in ihrem Leben. Dann aber kommt plötzlich eine große Herausforderung: Es liegt eine Leiche im Vorgarten, es stolpert der vermeintliche Traumpartner ins Leben oder jemand ruft zur Suche nach dem Heiligen Gral auf. Und was machen Heldin oder Held dann? Sagen sie »Och, das ist Sache der Polizei!«, »Ich habe doch schon einen Freundin!« oder »Soll jemand Indiana Jones anrufen!«? Natürlich nicht! Sie nehmen die Herausforderung an, verlassen ihre bequeme kleine Welt und begeben sich auf die Piste – mittenrein in die Mordermittlungen, ins Gefühlschaos oder auf Archäologiereisen.

      Und schon beginnt eine oft rasante Achterbahnfahrt von einer Veränderung zur nächsten. Ständig passiert etwas, kaum steht mal etwas still. Es wird geliebt und gehasst, gefangen und getötet, gesucht und wieder verloren. Bis das Abenteuer vorbei ist: Der Mörder ist gefasst, der richtige Partner liegt im Doppelbett, der Heilige Gral steht sicher im Museum. Und bis es so weit ist, fühlen wir uns prächtig unterhalten: Wir fiebern ständig mit und wollen wissen, was passiert und wie es ausgeht. Sogar wenn der Film spät nachts kommt und wir eigentlich hundemüde sind! Wir überwinden ein schlechtes Gefühl in dem Bewusstsein, einem höheren Ziel zu folgen. Wie der Olympialäufer beim Training. Alles dank der richtigen Handlung, des richtigen Rahmens, des übergeordneten Sinns.

      Es sind also Abenteuer und Geschichten, die uns besonders gut antreiben. Nicht umsonst verpacken auch sämtliche Kulturen dieser Welt ihre Identität und wichtigsten Botschaften in Story-Form. Religionen vermitteln ihre eigene Ethik, Märchen die jeweiligen Werte ihrer Zeit. Und Zeitungen vermitteln Märchen – je nachdem, wo sie gedruckt werden: in Hamburg, Washington oder Pjöngjang. »Der Struwwelpeter« zähmt widerspenstige Kinder. Hollywood vermittelt den Glauben an ein Happy End. Und der Hundertmeterläufer sagt sich eben: »Ich will bei Olympia gewinnen.« Genau so, wie sich der Unternehmer sagt, er will Marktführer werden. Oder wie die Fußballnationalmannschaft die EM oder WM gewinnen will. Sobald die Story steht, beginnt die freiwillige Leistung – selbst wenn es zwischendurch mal anstrengend wird. Wir konstruieren unsere eigene Wirklichkeit. Wir erschaffen uns unsere eigene Welt, unseren Rahmen, der bestimmt, was wir nun tun.

      ÜBUNG

      Das eigene Abenteuer erleben

      Betrachten Sie Ihre typischen Schweinehundesituationen einmal durch die Abenteuerbrille: In welcher einzigartigen Story spielen Sie mit? Welches Drehbuch können Sie durch Ihr eigenes Handeln mitschreiben? Was wollen Sie erreichen? Was können Sie dadurch Spannendes erleben? Was wird sich dadurch verändern? Was wird das für Sie bedeuten? Welches Risiko gehen Sie dadurch ein? Welches Risiko gehen Sie ein, wenn Sie nicht beherzt handeln?

      Überlegen Sie zum Beispiel, mal einen anderen Urlaubsort zu besuchen, und Günter sträubt sich: »Da kennst du dich doch gar nicht aus!«? Dann stellen Sie sich mal vor, was Sie alles erleben können: eine spannende Hotelsuche im Internet, unbekannte Flughäfen, abenteuerliche Transportbusse, exotische Buffets voller unbekannter Gerichte, ungewohnt klingende Sprachen, völlig neue Gerüche, spannende Tauchkurse, viele neue Menschen. Und und und. Oder Sie erwägen eine Umschulung? Wow! Dann können Sie sogar völlig neue Wissenskontinente entdecken: Unbekannte Wörter und Zusammenhänge, neue Menschen und Geschäftsfelder, Aha-Erlebnisse und Lernerfolge – und hinterher fühlen Sie sich, als sei Ihr Gehirn gewachsen. Was für ein Abenteuer! Kaum auszudenken, wenn Sie immer noch den alten Job machen müssten, in dem Sie schon so viele lange Jahre tätig waren …

      Vorsicht, ESOTERIK!?

      Man steht ja manchmal auch als professioneller »Motivationsfuzzi« im Verdacht, unlautere Methoden anzuwenden: Suggestionen, Manipulationen, unberechtigten Optimismus. Motto: »Wie kann der Kerl es wagen, mir sagen zu wollen, dass das Leben schön und die Welt gut ist?!« Dabei ist mir (und etlichen tollen Kollegen) Seriosität sehr wichtig. Wer die Mittel positiver Psychologie anwendet, macht nichts anderes als das, was jeder Mensch ohnehin jeden Tag tut: Er schafft sich seine eigene Wirklichkeit.

      Nun könnte man sagen, eigene Wirklichkeiten zu schaffen, sei demnach eine Art Grundrecht. Jeder dürfe somit alles Mögliche behaupten – und jeder andere könne sich sein eigenes Bild davon machen. So weit, so gut. Problematisch aber wird es, wenn wissentlich Behauptungen getätigt werden, die sich nicht nachweisen lassen oder die sogar vulgo »falsch« sind. Meist fließt dabei ein individueller Verfälschungsfaktor in die subjektive Beurteilung mit ein: eben die eigene Wahrnehmung! Und die führt einen manchmal an der Nase herum.

      Die magische

      TOILETTE

      Beispiel: Sie sitzen in der Kneipe und gucken im TV ein Fußballspiel. Und weil Sie viel Bier getrunken haben, gehen Sie mal schnell zum Pinkeln. Nun stellen Sie sich vor, Ihre Mannschaft schießt währenddessen ein Tor. Was könnte nun gemäß den Gesetzen der konstruierten Wirklichkeit geschehen? Sie könnten glauben, das Tor und Ihr Pinkeln stünden in einem kausalen Zusammenhang! Wehe, wenn Sie nun auf der Toilette bleiben und Ihre Mannschaft wieder ein Tor schießt: Dann könnte es sein, dass Sie fortan sämtliche Spiele vom stillen Örtchen aus beobachten – immerhin unterstützen Sie damit Ihr Team …

      Unlogisch? Klar! Weil einigermaßen vernünftig vermutet werden kann, dass eben kein kausaler Zusammenhang zwischen Pipimachen und Toreschießen besteht. Trotzdem wäre denkbar, dass ein entsprechend Verpeilter daran glauben könnte. Und er würde bald alles Mögliche an Begründungen ins Feld führen, warum er mit seiner Sichtweise recht hätte – selbst wenn die Tore nach wie vor nicht am Fließband (oder sogar für die Gegenmannschaften!) fallen: Vielleicht hat er falsch gestanden? Hatte das falsche T-Shirt an? Etwas Falsches gegessen? Dennoch: Unterm Strich »fühlt« er, das Richtige zu tun. Immerhin wird er durch ständig neu fallende Tore in seiner Wahrnehmung bestärkt.

      Hilfe, ein

      Wahn!

      Es entsteht also eine Art Wahnsystem: Seine Überzeugung wird zur subjektiv empfundenen Gewissheit, die sich selbst füttert, obwohl sie keinen objektiven Kriterien standhält. Den Gegenbeweis anzutreten und wieder ein paar Spiele außerhalb der Toilette zu verbringen, um die Kausalität kritisch zu überprüfen, kommt nicht infrage. Dumm gelaufen …

      Was will ich mit diesem Beispiel sagen? Ich möchte erklären, wie Esoterik funktioniert. Denn ähnlich wie unser pinkelnder Fußballfan steckt auch unsere alltägliche Umwelt voller wirrer Pseudokausalitäten, die – mit ein bisschen Ideologie aufgepeppt – unter erstaunlich gewohnten Handelsnamen die Runde machen: Homöopathie, Akupunktur, Bachblüten, Bioresonanz, Traditionelle Chinesische Medizin, Heilsteine, Holopathie, Meridianklopftherapie und so weiter und so fort. Alle haben dabei eines gemeinsam: Keiner weiß wirklich, wie es gehen soll – obwohl viele wirre Theorien kursieren. Es bestehen eben keine Kausalitäten. Trotzdem machen es viele.

      LOGISCHE ERKLÄRUNGEN

      Ein bisschen ist es wohl wie bei der schlichten Erkältung: Wann gehen wir damit zum Arzt? Wenn es uns richtig dreckig geht. Und wann geht es uns dreckig? Wenn die Krankheit maximal ausgeprägt ist. Was aber passiert nach der maximalen Ausprägung? Die Erkrankung wird wieder besser. Und zwar völlig unabhängig vom Arztbesuch. Das bedeutet, dass der Arzt uns nun so ziemlich jedes Mittelchen geben kann – alles »bewirkt«, dass es uns bald besser geht. Wir glauben, dass die Besserung etwas mit dem Mittelchen vom

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