Das Günter-Prinzip. Stefan Frädrich

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Das Günter-Prinzip - Stefan Frädrich Günter, der innere Schweinehund

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Umständen, auf die ich hier nicht näher eingehen möchte.

      Emotionale Startsignale

      Demnach geht es zunächst also nur ums Überwinden der Anfangsträgheit. Und hier wird es tricky! Denn was benötigt man, um in Schwung zu kommen, wenn man gemütlich im Sicherheitsbetriebssystem läuft? Klar: Startsignale! Und zwar emotionale: Entweder bringt uns die Aussicht auf ein schönes Gefühl in Schwung. Oder der Wunsch, ein schlechtes Gefühl zu vermeiden. Nennen wir das mal das »Lust-Schmerz-Prinzip«. Menschen und Schweinehunde wollen Lust erleben und Schmerzen vermeiden. Ganz einfach.

      Das Lust-Prinzip

      Nun könnte Günter fordern: »Ist doch super, dann brauche ich nur möglichst oft eine Belohnung, damit ich mich bewege!« Klingt verlockend. Doch wenn Günter so tickt, denkt er meist nur kurzfristig. Er will ein schnelles Leckerli – leider ohne darauf zu achten, was ihm (uns) auf lange Sicht wirklich guttut. Im Gehirn wird dabei der sogenannte »Nucleus Accumbens« stimuliert, eine Art Lustknopf in unserem limbischen System, also den Nervenbahnen im Hirn, die Gefühle verarbeiten. Immer wenn der Lustknopf gedrückt wird, erlebt Günter einen kurzen emotionalen Kick – nicht aber anhaltendes Glück. Bedürfnisbefriedigung quick and dirty.

      Beispiel: Sie sitzen am Schreibtisch und arbeiten, sind also gerade in einem Gleichgewichtszustand. Dann kommt ein Kollege ins Büro und hat – wie fast jeden Tag – eine leckere Schwarzwälder Kirschtorte mitgebracht. Augenblicklich sagt Günter nun: »Los, steh auf und hol dir ein Stück!« Und schon ist der Gleichgewichtszustand verlassen und ein Tortenstück verdrückt. Ganz unabhängig vom guten Vorsatz, sich gesünder zu ernähren und ein wenig schlanker zu werden. Uuups! Daran ist dann wohl der innere Schweinehund schuld. Typisch Lust-Prinzip eben.

      Sie bemerken das Dilemma? Selbst wenn das Erleben schöner Gefühle erst mal gutzutun scheint, ist noch lange nicht gesagt, dass es uns langfristig auch wirklich guttut. Außerdem lenken uns kurzfristige Kicks zwar für einen Moment von unseren Routinen und Gleichgewichtszuständen ab, dann aber landen wir meist wieder dort, wo wir zuvor waren. Egal, ob wir wollen oder nicht. Denn: »Der Kick ist vorbei, wann kommt der nächste?«, meint Günter nun – und wartet auf das nächste Mal lecker Fressen, Saufen, Sex oder Faulenzen. Darauf hat er schließlich immer Lust.

      Demotivation durch Belohnung Nun ist zwar gegen vereinzelte Belohnungen in Form von schönen Gefühls-Kicks nichts zu einzuwenden – schließlich machen sie wirklich Spaß. Blöd allerdings wird es, wenn wir es damit übertreiben: Dann bewegt sich Günter nämlich bald nicht mehr freiwillig – so ganz ohne Belohnungs-Kick. Warum sollte er auch die gemütlichen Routinen und Gleichgewichtszustände verlassen, wenn es dafür nicht mal etwas gibt?

      Und so entwickelt sich oft eine Art Belohnungssucht – ohne Kicks fehlt uns (Günter) nun etwas. Und das demotiviert! Denn die meisten Dinge des Alltags sollten wir hinkriegen, ohne extra etwas dafür zu erwarten: ein gewisses Maß an Anstrengung bei der Arbeit, dem Partner im Haushalt helfen, regelmäßig Sport machen – alles eigentlich Selbstverständlichkeiten! Doch was, wenn Günter ohne Belohnung keinen Finger mehr rührt, weil er sie für sein gutes Recht hält? Wenn wir für jede extra Anstrengung im Job ein fettes Lob vom Chef brauchen? Oder besser noch einen Bonus auf dem Konto! Was, wenn wir für jede kleine Gefälligkeit unserem Partner gegenüber besondere Anerkennung erwarten? Und wenn wir ohne die Aussicht auf ein Weißbier hinterher erst gar nicht mehr zum Sport gehen? Dann hat sich unser lustgesteuertes Motivationssystem ins Knie geschossen. Wir werden zu emotional Bedürftigen, die freiwillig keinen Finger mehr krümmen. Au weh.

      Don’t eat the Marshmallow – yet!

      Im Leben bringt uns oft die Fähigkeit weiter, uns Belohnungen kurzfristig zu versagen und sie stattdessen aufzuschieben. Der amerikanische Psychologieprofessor Joachim de Posada hält diese Fähigkeit sogar für den wichtigsten Faktor für Erfolg überhaupt.

      De Posada berichtet von einem Versuch der Standford University: Vierjährige Kinder bekamen die Aufgabe, 15 Minuten alleine in einem Raum zu verbringen. Vor ihnen auf dem Tisch lag ein Marshmallow – für die meisten Kinder eine Köstlichkeit. Dann wurde den Kindern erklärt: Wenn sie es schafften, den Marsmallow nicht zu essen, während sie alleine sind, bekommen sie hinterher zur Belohnung einen zweiten zusätzlich.

      Was war das Ergebnis? Zwei Drittel der Kinder aßen ihren Marshmallow vorzeitig. Ein Drittel aber lenkte sich zum Teil sehr mühevoll von der Aussicht auf den zu erwartenden Genuss ab und hielt die 15 Minuten tapfer durch. Das heißt: Diese Kinder verstanden schon im Alter von vier Jahren, wie wichtig für Erfolg die Fähigkeit ist, Belohnungen zu verzögern! Sie hatten Selbstdisziplin.

      14 bis 15 Jahre später fanden Verlaufsstudien statt: Was war aus den Kindern geworden, die nun mittlerweile 18 oder 19 Jahre alt waren? Die Ergebnisse waren deutlich: 100 Prozent der Kinder, die den Marsmallow nicht gegessen hatten, waren erfolgreich! Sie hatten gute Noten, waren gut drauf, hatten Lebenspläne und gute Beziehungen zu Lehrern und Mitschülern. Bei einem großen Anteil der Kinder aber, die den Marsmallow vorzeitig gegessen hatten, lief es weniger gut: Sie hatten meist schlechte Noten und die Schule längst verlassen. An die Universität oder Karriere war nicht mehr zu denken.

      Das Schmerz-Prinzip

      Die süchtig machende Lust-Orientierung alleine scheint also nicht auszureichen, um Günter wirklich zu dressieren und unser Leben dauerhaft zu verbessern. Unterm Strich tut er nämlich immer das Gleiche: Routinen und Gleichgewichtszustände beibehalten und den Status quo verwalten. Also braucht es manchmal einen viel deutlicheren Handlungsanreiz, damit wir unseren Allerwertesten hochbekommen: Schmerz.

      Was glauben Sie: Was ist der stärkere Antrieb? Das Erleben von schönen Gefühlen oder das Vermeiden von schlechten? Klare Sache: Das Vermeiden von schlechten Gefühlen ist biologisch betrachtet der stärkere Antrieb, weil es viel wichtiger ist! Denn wenn uns irgendetwas wehtut, könnte es gefährlich sein. Und dann sollte die oberste Priorität unseres Gehirns lauten: »Am Leben bleiben, um jeden Preis!« Nicht wahr? Also werden wir alles tun, um tatsächlich erlebten oder auch nur vorgestellten Schmerz, Angst oder allzu großen Stress und Unsicherheit zu vermeiden. Das Schmerz-Prinzip ist ein kategorisches Muss für uns. Dafür nehmen wir zwischenzeitlich sogar ein paar Unannehmlichkeiten in Kauf – und verändern unser Verhalten.

      Haben Sie zum Beispiel schon mal auf eine heiße Herdplatte gefasst? Autsch! Dieser Schmerz ist im Kopf sofort abgespeichert. Da fassen wir nie wieder hin – das Ding kann noch so schön orange leuchten! Oder haben Sie schon einmal von einer/einem Angebeteten einen Korb bekommen? Autsch, auch das sitzt manchmal sehr tief! Und wieder kommt das gleiche Prinzip zum Einsatz: Beim nächsten Möchtegernflirt rät Günter nun zur Defensive – wir verstecken unsere Bewunderung lieber. Zurückweisung tut zu sehr weh.

      Ach, gibt es nicht unzählige Traumata, die uns immer noch beeinflussen, obwohl sie oft Jahre zurückliegen? Schlechte Lehrer in der Schule. Ungerechtigkeit im Job. Die Trennung von Modern Talking. Nie wieder wollen wir also die Schulbank drücken, in einem Laden ohne Betriebsrat arbeiten oder einen Bild-Artikel über Dieter Bohlen versäumen! Alles zu schmerzhaft gewesen für uns.

      Die Flucht vor dem Tiger Oder stellen Sie sich vor, Sie sind mit Ihrer Familie im Zoo spazieren. Nach eineinhalb Stunden tun Ihnen die Oberschenkel weh, denn Sie waren schon mal besser trainiert.

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