Das Günter-Prinzip. Stefan Frädrich

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Das Günter-Prinzip - Stefan Frädrich Günter, der innere Schweinehund

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als schädlich entlarvt: Jeden Abend die Füße hochlegen und Chips essen (tut gut) führt eben langfristig zu Trägheit und Schwäche (tut nicht gut).

      4. Das Prinzip »ABENTEUER«

      Survival of the fittest?

      Okay, das bewusste Wahrnehmen unserer Gefühle und ihre Betrachtung unter zeitlichen Aspekten relativiert also unseren bequemen Lust-Schmerz-Autopiloten. Und das ist sehr wichtig – auch unter dem Gesichtspunkt der Leistungsfähigkeit! Schauen wir uns dazu noch mal die Gruppe Menschen an, die vorm Tiger davonläuft: In der Regel folgt deren Laufleistung ja der Normalverteilung: Die Allermeisten laufen im Mittelfeld, ein paar wenige an der Spitze der Gruppe und ein paar andere wenige am Ende. Was bedeutet das?

      Nun, der alte Charles Darwin hat ja gesagt: »Survival of the fittest«. Doch das ist falsch. Denn in der Natur überleben nicht nur die Fittesten, sondern auch das Mittelmaß. Was Darwin meinte, war vielmehr »Death of the unfittest«. Den Letzten fressen die Tiger. Und das kommt tatsächlich den Umständen in der wahren Welt ziemlich nahe. Wer nicht einmal ein Minimum an Leistungsfähigkeit draufhat, verschwindet vom Markt. Das erleben Antilopen, wenn sie von Löwen gejagt werden und leistungsmäßig zu den ganz Schlechten gehören. Das erlebt jede Firma, wenn sie einen wichtigen Startschuss nicht hört und die Mitbewerber schneller reagieren. Und das erleben jedes Wochenende junge Männer beim Balzen in den Clubs, wenn sie sich zu seltsam verhalten haben und deshalb wieder mal alleine nach Hause müssen. Nein, Leistungsfähigkeit sieht anders aus. Gewisse Mindeststandards sind einfach überlebenswichtig. Selbst für die Schnarchnasen, die nur nach dem Lust-Schmerz-Prinzip leben.

      Das graue Mittelfeld

      Die im Mittelfeld hingegen haben es besser: Sie versuchen, sich in ihrer Leistungsfähigkeit einfach nur dem Umfeld anzupassen – und obwohl sie keine wirklich guten Leistungen zustande bringen, leben sie so ziemlich sicher. Schließlich definiert die Masse, was gerade Standard ist. Und solange man sich daran hält, bleibt man am Leben – selbst wenn man sich hin und wieder auch mal notgedrungen anstrengen muss, um sich halbwegs in Schuss zu halten: täglich von neun bis fünf zur Arbeit gehen, um das Mittelklasse-Leben zu finanzieren, ein- bis zweimal pro Woche trainieren, um die Freizeit-Liga zu halten, und die lieben Kunden kriegen jedes Jahr brav eine Weihnachts- und Geburtstagspostkarte, weil man das so macht. Alles ganz normal eben.

      Dass es im Mittelfeld nicht unbedingt bunt zugeht, ist offensichtlich. Doch wozu auch? Oberste Maxime ist, sicher am Leben zu bleiben. Und die kriegt man mit einer ordentlichen Portion Lust-Schmerz-Prinzip schon hin. Auch unser Betriebssystem »Sicherheit« mit seinen Routinen und Gleichgewichtszuständen scheint hier gut zu passen. Wir verwalten, was wir haben. Und wenn wir Zwischengas geben müssen, tun wir es. Zwar bremsen wir hinterher freilich wieder ab und bewegen uns dann wie zuvor, aber das ist schon okay: Wozu sich auch überanstrengen? Wenn der Tiger sowieso nur den Langsamsten frisst.

      Die gut trainierte Spitze

      Ganz anders hingegen sieht es an der Spitze der Laufgruppe aus. Da rennen nur die Besten und müssen sich für die Flucht vor dem Tiger nicht einmal besonders anstrengen. Es reicht ihnen, eine normal gute Leistung abzurufen und sie joggen den anderen vergleichsweise locker davon. Warum? Weil ein Tiger hinter ihnen herläuft? Nicht unbedingt, denn sie können auch schnell laufen, ohne dass sie dafür in Gefahr geraten müssen. Dann vielleicht, weil sie lebende Laufwunder sind? Möglich. Aber die Frage ist doch: Warum sind sie solche Laufwunder?

      Die Antwort ist simpel. Gute Läufer sind deshalb gute Läufer, weil sie das Laufen ständig üben. Zwar ist auch ein gewisses Talent dafür ganz praktisch, im Wesentlichen aber ist Laufen Trainingssache. Nur wer oft und ausdauernd genug übt, schafft es nach ganz vorne. (Übrigens sogar dann, wenn das Talent zunächst nicht übermäßig stark ausgeprägt ist. Oder waren Sie als Kind ein Naturtalent beim Sprechen, Schnürsenkel zubinden, Schreiben? Egal – mittlerweile kann man Sie darin durchaus als »talentiert« bezeichnen.) Und genau hier unterscheidet sich die Spitzengruppe von allen anderen: Sie laufen regelmäßig – und zwar unabhängig davon, ob sie es müssen, weil ihnen gerade ein Tiger auf den Fersen ist. Sie laufen, weil ihnen das Laufen an sich so wichtig ist, dass sie es immer wieder trainieren. Und wenn dann mal zufällig ein Tiger um die Ecke kommt, können sie eine viel höhere Leistung abrufen als die anderen, die nur dann trainieren, wenn sie ab und zu »müssen«.

      Na, sehen Sie die Parallelen zum täglichen Leben? Wo etwa der eine mühsam mit Veränderungen kämpft, heißt sie ein anderer herzlich willkommen. Weil der eine sehr routineorientiert denkt und lebt, sieht er Veränderung als Bedrohung an. Während dem anderen schon immer Neugier und Flexibilität wichtig waren und er sich seit Jahren stets freiwillig weiterentwickelt. Wo die Wirtschaftskrise verkrusteten und vertriebsschwachen Unternehmen das Genick gebrochen hat, konnten andere mühelos wachsen. Weil sie sich auch in guten Zeiten stets verbessert haben und dann, als es drauf ankam, leistungsstark in die Lücken springen konnten, die sich auftaten. Wo der eine ewig alleine bleibt, hat der andere längst neue Kontakte geknüpft. Vielleicht weil der eine sozial unbeholfen auftritt, ihm Menschen suspekt sind und er sich kaum im sozialen Austausch übt? Dem anderen hingegen sind vielleicht Kontakte so wichtig, dass er ohnehin ständig Menschen kennenlernt – nicht nur kurz bevor er total vereinsamt. Sie erkennen das Muster: Zwar kann man sich auch im Mittelfeld durchaus mit Veränderungen arrangieren, sein Unternehmen verbessern oder neue Menschen kennenlernen. Man tut es aber nur, wenn man muss. Die Spitze hingegen tut es, weil sie es will.

      Warum aber wollen die an der Spitze immer so leistungsfähig sein? Die Antwort ist erst mal überraschend: Es geht den Top-Performern im Kern gar nicht um Leistungsfähigkeit an sich. Es geht ihnen meist um irgendetwas ganz anderes, das sie mit ihrer Leistungsfähigkeit erreichen wollen: Sie wollen ein aufregendes Leben führen, ein super Unternehmen haben oder sozial gut vernetzt sein. Die Leistungsfähigkeit ist nur die logische Folge ihrer Wünsche. Denn dafür trainieren sie. Es ist wie bei Olympia. Da treffen Sie keinen Hundertmeterläufer, der sagt: »Och, für mich ist so der Weg das Ziel!« Nein, die wollen gewinnen, wenn sie schon antreten. Oder zumindest ganz vorne mit dabei sein. Und genau dafür wird trainiert, genau dafür wird die Fähigkeit geübt, schnell zu laufen.

      Sie sehen: Diese Art der Motivation ist völlig anders als nur der Versuch, nicht vom Tiger gefressen zu werden. Sie wirkt tiefer, dauerhafter, echter. Ich nenne diese Art der Motivation mal das Prinzip »Abenteuer«. Na, erinnern Sie sich? War da nicht was? Stimmt genau: Das Prinzip »Abenteuer« ist nämlich neben dem Betriebssystem »Sicherheit« das zweite große Antriebssystem in unserem Gehirn. Das mit dem Drive nach vorne, welches dafür sorgt, dass wir lernen, uns weiterentwickeln, Risiken eingehen, Neues ausprobieren, uns durchsetzen, uns Fortschritte zutrauen, uns gut unterhalten und insgesamt unseren eigenen Weg gehen. Dank des Betriebssystems »Abenteuer« will Günter die Welt entdecken und erobern. Stichwort »Apple Mac«. Sie wissen schon.

      Es gibt einen Faktor, der ist mit Abstand am wichtigsten dafür, dass wir auf »Abenteuer« umschalten – und zwar die Tatsache, dass wir überhaupt einen Sinn in unserer Handlung sehen! So wie Günter hier im Bild. Sie sehen: Günter kämpft mit einem Drachen. Das sieht gefährlich aus und ist es auch. Es ist definitiv abenteuerlich, was unser Schweinehund hier macht. Nur: Günter macht das nicht nur einfach so aus Spaß. Er macht es, weil er zur Burg will. Denn dort wartet vielleicht ein Goldschatz, er kann König werden oder das sexy Burgfräulein abschleppen. Günter sieht also einen Sinn in seiner Handlung – und er kämpft. Und genau das ist der Punkt: Er hat einen Grund, ohne den er nicht kämpfen würde. Ohne Olympia würde der

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