DSA: Rabenerbe. Heike Wolf

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DSA: Rabenerbe - Heike Wolf Das Schwarze Auge

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einer Stunde ...

      Esmeraldo stieß einen Fluch aus und schob die Sklavin zur Seite, die mit einem erschrockenen Laut vom Bett rutschte. Er rechnete nicht damit, dass man ihm einen triumphalen Empfang bereitete, dazu war Goldos Nachricht zu knapp, zu kurzfristig und vor allem nicht förmlich genug gewesen. Aber er sollte sich an Deck zeigen, wenn sie einliefen. Falsche Bescheidenheit hatte noch niemanden nach oben gespült, am allerwenigsten in der Stadt des Raben. Man nannte Goldo schließlich auch deshalb den Großartigen, weil er sich mit Gold und nicht mit Asche bestäuben ließ.

      »Ihr werdet erst einlaufen, wenn ich bereit bin«, befahl er barsch in Richtung der Tür. »Geht auf Euren Posten.«

      »Sehr wohl, Don Esmeraldo.« Die Antwort kam klar und zackig. »Ich schicke Euch Euren Leibburschen.«

      Die Schritte entfernten sich.

      Esmeraldo schwang die Beine aus dem Bett und schob die braunen Haare mit einer unwilligen Handbewegung zurück über die Schultern. »Steh auf«, herrschte er die Sklavin an, die sich die Lippe rieb. »Und zieh dir etwas an. Wir sind da.«

      Fünf Jahre hatte er in Sylla verbracht. Doch nun würde er endlich heimkehren. Nach Al’Anfa.

      Als er wenig später an Deck trat, fühlte er sich bereit, der Welt die Zähne zu zeigen. Esmeraldo zählte zu jenen Granden, die zu jung waren, um nach jahrelanger Schwelgerei fett und aufgedunsen zu sein oder hager und eingefallen vom Rauschkraut. Ehe man ihn nach Sylla entsandt hatte, um die unruhige Piratenstadt zu verwalten, hatte er unter Oderin du Metuant gedient. Der harte Drill des Generals hatte ihm nicht nur politisch genutzt, sondern ihn auch körperlich gestählt. So hatte er auch nach den Jahren in Sylla noch immer die breitschultrige Figur eines Soldaten, die durch die lange Weste und die breite Schärpe vorteilhaft betont wurde. Sein Gesicht war kantig, befehlsgewohnt, wie seine Leibmagierin einmal trocken festgestellt hatte, aber nicht unansehnlich. Nur seine Augen standen eine Wenigkeit zu eng beieinander, bei aller Perfektion ein Ärgernis, aber eins, das zu verschmerzen war. Ja, er war ein Glücksfall für seinen Großonkel, der ihn erst in den letzten Jahren wirklich wahrgenommen hatte. Doch das würde sich nun ändern.

      Die Capitana stand an der Reling. Als er nähertrat, drehte sie sich mit einer schneidigen Bewegung zu ihm um und neigte den Kopf.

      »Don Goldo hat mich beauftragt, Euch dies zu geben, sobald wir die Stadt erreichen«, teilte sie mit und reichte ihm ein sorgsam gefaltetes Papier. »Ihr sollt es lesen und gemäß seinen Anordnungen verfahren.«

      »Anordnungen?« Esmeraldo hob eine Augenbraue, nahm das Schreiben aber entgegen. Kurz blieb sein Blick an dem Siegel hängen, das eine protzige Krone zeigte, ehe er es brach und die Zeilen überflog. Dann ließ er es sinken.

      »Er will mich auf Gran Paligana sehen?«

      »Don Goldo weilt in letzter Zeit oft auf den Plantagen. Im Hafen steht eine Sänfte für Euch bereit.«

      Esmeraldo faltete den Brief wieder zusammen und nickte knapp. Es war sicher kein Zufall, dass ihn das Schreiben erst unmittelbar vor seiner Ankunft erreichen sollte. Goldo wusste, dass er so wenig Zeit haben würde, sich auf das Treffen vorzubereiten.

      Die Sonne spiegelte sich auf den Wellen der Goldenen Bucht, verlor sich im Dunst des grünen Küstenstreifens, hinter dem sich undurchdringlicher Dschungel bis an die Hänge des Regengebirges erstreckte. Esmeraldo wandte den Blick nach vorne und genoss den warmen Wind auf dem Gesicht, während sich vor ihm allmählich schwarz und mächtig der Vulkan Visra aus dem morgendlichen Dunst schälte, an dessen Hängen sich die Stadt emporzog.

      Die Perle des Südens nannte man Al’Anfa, aber Esmeraldo wusste, dass seine Heimatstadt mehr war – ein Diamant, geschliffen durch Härte, das pulsierende Herz des Imperiums. In der Ferne waren bereits die Türme der Universität zu erkennen und die Villen und Plätze der Grafenstadt. Banner flatterten über der Arena im Wind, und er meinte fast, den Lärm der Straßen und Gassen bis hier draußen zu hören. Al’Anfa schlief nie, sagte man. Wenn die Sonne hinter den Gipfeln des Regengebirges versank, tauchten tausende Öllampen die Stadt in ein Meer aus Lichtern. Und wenn sich der Tag erhob und die letzten Nachtschwärmer sich trunken von Wein und Rauschkraut in einer dunklen Ecke verkrochen, schwärmten bereits die Sklaven aus, um die Brunnen und Plätze zu säubern, huschten Fischer und Feldsklaven auf die Märkte, um frische Früchte und den Fang der letzten Nacht feilzubieten. In den Hauswinkeln drückte sich bereits das Gesindel der Baracken oder aus den Vorstadthütten, auf der Suche nach einer Handvoll Reis. Wenn der Boronrufer schließlich den nahenden Morgen verkündete, zogen Prozessionen hinauf zur Stadt des Schweigens, dem höchsten Tempel des rabengestaltigen Totengottes Boron und Sitz seines mächtigsten Dieners, des Patriarchen von Al’Anfa. Dann erwachte auch der Silberberg, wo die Granden, die hohen Familien der Stadt, in ihren Villen residierten. Sie hatten in den letzten Jahren einen hohen Blutzoll gezahlt, aber ihre Macht war auch unter dem Schwarzen General ungebrochen, denn ihr Gold war das Blut, das die Adern der Stadt pulsieren ließ. In keiner anderen Stadt lagen Elend und Pracht so eng nebeneinander wie in Al’Anfa, in keiner anderen Stadt konnte man so hoch aufsteigen und so tief fallen. Und keine andere Stadt war so großzügig und zugleich so grausam.

      Esmeraldo sog die salzige Luft tief in die Lungen, und er spürte, dass er lächelte. Heimat. Hier war alles möglich. Seine Stadt, sein Spiel, und es würden seine Regeln sein, nach denen er es zu gestalten gedachte. Mit Goldos Wohlwollen und der Protektion des Schwarzen Generals gab es nichts, was ihn aufhalten konnte.

      ***

      Die Sonne neigte sich bereits über die Gipfel des nahen Regengebirges, als Esmeraldo sein Ziel erreichte. Gran Paligana war nicht ohne Grund die Lieblingsplantage Goldo Paligans. Natürlich diente der Ort in erster Linie dem Anbau von Arangen, einer jener Waren, die im Norden gute Preise erzielten und Al’Anfas Wohlstand begründeten. Daneben war die Plantage aber auch Oase und Refugium des Familienoberhaupts der Paligan. Vier Schritt hohe, strahlend weiß getünchte Mauern umgaben das innere Areal, in dem sich inmitten einer großzügigen Gartenanlage das Herrenhaus und die Quartiere der Haussklaven befanden. Der Duft von Amarant, Magnolien und Kakaobäumen lag in der Luft, und aus der Ferne drangen die leisen Klänge einer Laute. Die Villa selbst war im spätbosparanischen Kolonialstil gehalten, ein eingeschossiges, weitläufiges Gebäude, das verschiedene schattige Innenhöfe und Gärten umschloss und angenehme Kühle versprach. Mächtige Säulen beherrschten die Fassade und trugen ein Relief aus vergoldetem Marmor, das bedeutsame Vertreter des Hauses Paligan zeigte. Herrlich und stolz, teils mit dem Säbel in der Hand, teils als Kauffahrer und Ratsherren näherten sie sich dem zentral gesetzten göttlichen Raben. Ohne das Knie zu beugen, wie Esmeraldo wieder einmal feststellte, als die Sänfte endlich zum Stehen kam und ein dicklicher Sklave herbeisprang, um ihm beim Aussteigen zu helfen. Es war Goldos Botschaft, die jedem Besucher deutlich entgegensprang: Ein Paligan kniete nicht, er hielt den Stürmen stand, oder er ging unter.

      Esmeraldo straffte die Schultern. Die drückende Schwüle und das stete Schaukeln der Sänfte hatten ihm Kopfschmerzen beschert, und seine Kleidung klebte unangenehm am Körper. Es war Zeit, sich seinem Großonkel zu stellen.

      »Ich nehme an, Don Goldo erwartet mich?«, wandte er sich an den Sklaven.

      »Natürlich. Er befahl mir, Euch zu ihm zu bringen.« Der Sklave zeigte ein dienstfeiles Lächeln und hob dann die Hand, als Khaya ihnen folgen wollte. »Nur Euch. Eure Sklavin wird anderswo benötigt.«

      »Benötigt?« Esmeraldo runzelte die Stirn, als sich auf einen Wink des Sklaven hin zwei Gardisten aus dem Schatten der Säulen lösten, um Khaya in die Mitte zu nehmen. »Wenn ich mich recht erinnere, hat Don Goldo sie mir damals zum Geschenk gemacht.«

      »Das ist richtig. Ihr werdet sie wiedersehen.«

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