DSA: Rabenerbe. Heike Wolf

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DSA: Rabenerbe - Heike Wolf Das Schwarze Auge

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lassen. Das Brustfell war blutbesudelt, und die mächtigen Kiefer hatte die Raubkatze in den Nacken eines unglücklichen Treibers geschlagen, den sie wie eine Puppe mit sich schleifte.

      Esmeraldo legte den Kopf ein wenig zur Seite. Aus den Augenwinkeln nahm er wahr, wie Goldo den Hundeführern mit einer Handbewegung zu verstehen gab zu warten.

      Entschlossenheit. Das Wort hatte einen so wundervollen Klang. Einen vertrauten Klang. Goldo hatte gut daran getan, ihn hierherzuholen. Was war Amato doch nur für ein Narr.

      Der Tiger hielt inne. Ein tiefes Grollen drang aus seiner Brust, und der Blick der dunklen Raubtieraugen fand die Insassen der Sänfte. Ein wildes Exemplar wäre vielleicht gewichen und mit seiner Beute im Unterholz verschwunden. Dieser Tiger aber kannte die Käfige der Menschen, und er würde eher töten als weichen.

      Esmeraldo spürte eine tiefe Ruhe in sich, als er den Zeigefinger an den Abzug legte. Es war einer dieser Momente, die eine Jagd zu etwas Besonderem machten, in dem selbst die Zeit den Atem anzuhalten schien. In dem es nur ihn und seine Beute gab. Der Moment des Jägers.

      In diesem Augenblick zerriss ein jähes Krachen seine Konzentration, als eine Gestalt aus dem Unterholz getaumelt kam. Esmeraldos Herz tat einen erschrockenen Satz, als er sie erkannte.

      Khaya war nackt, aber ihre Haut war von zahlreichen kleinen Wunden gezeichnet, wo die Treiber sie mit den Spießen vor sich hergetrieben hatten. Getrocknetes Blut klebte an ihren Händen und im Gesicht. Panik stand in ihren Augen, die sich gehetzt umblickten, wie ein in die Enge getriebenes Tier auf der Suche nach einem Fluchtweg. Als sie den Tiger entdeckte, schrie sie erschrocken auf. Im Zurücktaumeln fiel das zuckende Licht der Fackeln auf den Schmuckstein, der an einer Kette um ihren Hals hing.

      Esmeraldo sog scharf Luft zwischen den Zähnen ein.

      »Interessant.« Goldo sprach leise, als redete er mit sich selbst. »So ein hübsches, schreckhaftes Ding. Ich kann verstehen, dass Ihr sie mögt.«

      Esmeraldo presste die Lippen aufeinander. Noch immer hielt er die Armbrust im Anschlag, aber er spürte, wie seine Hand mit einem Mal zitterte. Der Tiger fauchte und ließ von seinem Opfer ab. Der schlanke Schweif zuckte unschlüssig hin und her, als versuche er abzuschätzen, ob die blutende Menschenfrau Gegnerin, Konkurrentin oder Beute sei.

      Khaya wich zurück, aber der Herzschlag reichte dem Raubtier aus, um eine Entscheidung zu treffen. Der massige Körper spannte sich zum Sprung.

      Es gab ein hässliches Geräusch, als die Armbrust den Bolzen frei gab. Tief bohrte sich das Geschoss in den Hals des Raubtieres und warf es noch im Sprung zur Seite. Mit einem dumpfen Schlag fiel es zu Boden und blieb zuckend liegen.

      Esmeraldo hörte, wie Goldo hinter ihm leise Beifall klatschte, aber er kümmerte sich nicht darum. Kalte Entschlossenheit erfüllte ihn, als er die Winde nahm, um die Armbrust erneut zu spannen. Sein Blick fasste Khaya, die wie angewurzelt stand und zu ihm hochstarrte. Sie war immer noch schön, trotz des Bluts, das ihre helle Haut besudelte. Erleichterung lag auf ihren Zügen, und einen Moment schien es, als wollte sie etwas rufen, ihn bitten, sie zu sich zu holen.

      Ihr Lächeln erstarb, als er die Waffe hob und einen weiteren Bolzen in die Führungsrinne legte. Ihre Augen weiteten sich ungläubig, dann flackerte Verstehen in ihnen auf, und sie taumelte zurück.

      Esmeraldo legte die Armbrust an und verengte die Augen, während er sein Ziel suchte. Deutlich sah er das Kleinod auf ihrer Brust, das im Licht der Fackeln funkelte. Es stand ihr gut, und es war ein Jammer. Aber Goldo wollte Entschlossenheit. Und er, Esmeraldo, wollte die Zukunft.

      Für einen Moment trafen sich ihre Blicke, und Esmeraldo erkannte das blanke Entsetzen in ihren Augen. Diese schönen Augen, die ihn heute Morgen noch mit so viel geheuchelter Verliebtheit betrachtet hatten. Sein Finger krümmte sich um den Abzug.

      Es gab keinen Laut, als ihr gefällter Körper auf dem Dschungelboden aufschlug. Er zuckte noch einmal, dann lag er still, und die Hand, die sich im Sterben noch zur Faust geballt hatte, erschlaffte.

      Esmeraldo atmete tief durch, ehe er die Waffe absetzte.

      Dieses Mal applaudierte Don Goldo nicht. Seine Finger ruhten auf dem Griff des Gehstocks, als Esmeraldo sich umdrehte. Aber er nickte kaum merklich.

      Amato

      Wind war aufgekommen und trieb Amato eine einzelne, schwarze Strähne ins Gesicht. Irritiert schob sie der junge Grande beiseite und wandte die Augen zum Horizont, in Erwartung einer jener Sturmfronten, die sich plötzlich und nachtschwarz über dem Meer auftürmten. Man sagte, die Sturmherrin Rondra selbst reite den Wolken voraus und sammle die Winde, um sie über die Stadt hereinbrechen zu lassen wie der Zorn eines Giganten. Wie dürres Schilf rissen sie dann die Hütten der Elendsviertel mit sich und trieben das Wasser mit brausender Gischt über die Hafenanlagen. Doch es war nichts zu sehen. Tiefblau und ruhig lag das Meer unter der sengenden Sonne, die bereits jetzt am Vormittag auf die Bucht niederbrannte und eine nasswarme Schwüle über die Stadt legte.

      »Die Corona Paligana und die Paligana Quinta sind der Beitrag Eures Onkels, des großartigen Don Goldo«, riss ihn die Stimme der Offizierin aus den Gedanken. Man hatte sie dazu abbestellt, ihn durch den Kriegshafen zu führen, damit er sich ein Bild der Lage machen konnte. Ihre Begeisterung schien sich jedoch in Grenzen zu halten, denn sie leierte die Fakten herunter, als ginge sie davon aus, dass er ohnehin keine Ahnung davon hatte, was sie ihm zeigte. »Er kommt außerdem für die Besatzungen und die Bewaffnung auf. Dazu stellt er vier weitere Galeeren und vier Schivonen der Rabenschwingen-Klasse, die jedoch zurzeit nicht im Hafen liegen. Und die Paligana Octava, die auf dem Rückweg von Uthuria ist, um der Flotte Geleitschutz zu geben.«

      Amato nickte höflich. Er verstand tatsächlich wenig von den Kriegsvorbereitungen, die seit einigen Wochen die gesamte Stadt ergriffen hatten, und noch weniger von den verschiedenen Schiffsklassen, die ihm die Offizierin im Laufe der letzten Stunde vorgestellt hatte. Sein spärliches Wissen hatte er aus den Büchern, die Goldo ihm gegeben hatte, damit er im Rat nicht aus Unwissenheit alles abnickte, was man ihm vortrug. Er hatte sich ehrlich bemüht, war letztendlich aber zu dem Schluss gekommen, den Krieg lieber denjenigen zu überlassen, die etwas davon verstanden. Als der Hohe Rat der Zwölf noch Bestand gehabt hatte, war seine Stimme nur eine unter zwölf gewesen, und da jeder wusste, dass er sich allenfalls auf den Krieg in der Arena verstand, hatte man seiner Meinung ohnehin wenig Bedeutung zugemessen.

      Seit Oderin du Metuant jedoch die Macht an sich gerissen und Amato in seinen engen Beraterstab geholt hatte, konnte er sich nicht länger der Meinung anschließen, die ihm die vernünftigste schien. Und jetzt, da der Schwarze General Soldaten und Kriegsschiffe in der Stadt zusammenzog, musste Amato verstehen, was auf Oderins Kommandotisch nur Striche und Zahlen auf dem Papier waren.

      »Dort drüben liegt übrigens die Rabenflug.« Die Offizierin deutete auf eine größere Galeere der Golgari-Klasse. »Das Flaggschiff des Großadmiralissimus, Don Coragon Kugres«, fügte sie rasch hinzu, als ginge sie davon aus, dass Amato nicht einmal das wüsste. »Don Coragon wird heute wieder auslaufen. Aber wenn Ihr wünscht, kann ich anfragen, ob er Zeit hat, Euch zu empfangen. Ich kenne den befehlshabenden Offizier.«

      Amatos Braue hob sich. »Der Großadmiralissimus ist an Bord?«

      »Sicher.« Die Frau nickte. Ihre Augen, die zuvor eher gelangweilt geblickt hatten, glänzten mit einem Mal. Offenbar verehrte sie ihren Admiral ebenso inbrünstig wie die Garden den Schwarzen General. »Don Coragon ist das Herz und der Kopf der Flotte. Der größte Admiralissimus, den Al’Anfa je hatte. Natürlich bleibt er an der Seite seiner Leute. Wünscht Ihr, ihn zu treffen?«

      »Ein anderes

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