DSA: Rabenerbe. Heike Wolf

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DSA: Rabenerbe - Heike Wolf Das Schwarze Auge

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Begegnung eine Gelegenheit machte, neue Verbündete zu gewinnen, fiel es Amato immer noch schwer, zwanglos zu plaudern und gleichzeitig jedes Wort auf die Goldwaage zu legen. Das ganze Geschacher und Taktieren ekelte ihn an, auch wenn er längst Teil davon geworden war. Als Mitglied des Kleinen Rats gehörte er zu den bedeutsamsten Persönlichkeiten der Rabenstadt, sodass er sich vor Einladungen und Bittgesuchen kaum retten konnte. Allerdings verhalf ihm seine Stellung auch dazu, sich allmählich dem Einfluss seines allmächtigen Onkels zu entziehen. Denn auch die Macht Goldo des Großartigen endete inzwischen vor der Tür zu Oderins Besprechungsraum.

      »Wir wollen ihn nicht aufhalten«, fuhr er fort und schenkte der Frau ein flüchtiges Lächeln, damit sie die Absage nicht als Herabsetzung ihres verehrten Admirals verstand. »Don Coragon hat zu diesen Zeiten sicher Wichtigeres zu tun als mit mir zu plaudern. Ich danke Euch aber für Eure Zeit. Ihr habt mir sehr geholfen.«

      »Jederzeit, Don Amato.« Die Offizierin verbeugte sich zackig, doch als sie sich aufrichtete, war die Begeisterung wieder militärischer Höflichkeit gewichen. »Ich freue mich, wenn ich zu Diensten sein konnte.«

      Das bezweifelte Amato. Ganz sicher hatte sie Besseres zu tun, als ihm Dinge zu erklären, die wahrscheinlich jeder aufmerksame Hafenarbeiter besser wusste. Seit Wochen schon zog der General die Truppen zusammen, ohne dass er das Ziel dieses immer offensichtlicher geplanten Feldzugs nannte. Amato fragte sich, wie er die Söldner bei Laune hielt. Schon jetzt war die Lage am Hafen schwierig, weil gelangweilte Seesoldaten die umliegenden Tavernen und Schänken unsicher machten und Hafenarbeiter drangsalierten. Die Offiziere hatten alle Hände voll zu tun, für Ruhe zu sorgen und die Mannschaften zu disziplinieren. Lange konnte Oderin nicht mehr zögern, wenn die Begeisterung für den bevorstehenden Feldzug nicht in Unmut umschlagen sollte.

      Amato verabschiedete sich und bedeutete seinem Beschützer, ihm zu folgen. Reto war Mittelreicher, ein Gladiator, den Amato einst freigelassen hatte, weil ihm der unbeugsame Geist des Mannes imponiert hatte. Und noch etwas anderes, Tieferes, das er nie ausgesprochen hatte. Es war ohnehin hoffnungslos, und Amato hatte versucht, es zu verdrängen. In einer Stadt wie Al’Anfa durfte man sein Herz nicht leichtfertig verschenken, sodass er seins tief in seiner Brust eingeschlossen hatte. Liebe machte ihn verletzlich, nicht nur für seine Gegner, die ihn am liebsten im Hanfla treiben sähen, sondern auch und vor allem für Goldo, der ein unfehlbares Gespür dafür hatte, wie man Spielfiguren zurück in die Reihe zwang. Dass er sich weitgehend von Goldos Einfluss befreit hatte, war ihm nur gelungen, weil es nichts mehr gab, womit sein Onkel ihn zwingen konnte. Auch wenn es bedeutete, allein zu sein.

      »Ich habe noch nie so viele Kriegsschiffe auf einem Haufen gesehen«, brummte Reto, der sich trotz der Jahre im Süden immer noch nicht an die schwüle Hitze gewöhnt hatte. Schweiß stand ihm auf der Stirn, den er mit einem schmutzigen Tuch beiseite wischte. »Der General scheint wirklich Großes zu planen.«

      Amato nickte. Zu gerne hätte er mit Reto über den kommenden Feldzug gesprochen. Schließlich war der Mittelreicher in seinem vorigen Leben Krieger gewesen und verstand vermutlich viel mehr vom Taktik und Kriegskunst als er selbst. Aber solange der General schwieg, war auch er zum Stillschweigen verpflichtet.

      »Es scheint so«, sagte er daher unbestimmt und trat zu der Sänfte, die am Kai auf ihn gewartet hatte. »Ich will nach Hause. Sorg dafür, dass uns unterwegs niemand aufhält. Ich will nachdenken.«

      Retos Blick verriet, dass er ahnte, was in ihm vorging. Aber zu Amatos Erleichterung beließ er es dabei und knurrte stattdessen Befehle in Richtung der Träger, die ihrem Herrn gehorsam beim Einsteigen halfen.

      Amato ließ die Vorhänge fallen, die ihn vor den neugierigen Blicken der einfachen Bevölkerung, der Fana, verbarg, und lehnte sich in die Kissen zurück. Er rümpfte die Nase, als er feststellte, dass seine Sklaven die Seide mit einem süßlichen Duftwasser besprengt hatten. Er musste ihnen sagen, dass sie das unterlassen sollten, dachte er seufzend, während er die Augen schloss und versuchte, den herablassenden Ausdruck im Gesicht der Offizierin aus seiner Erinnerung zu verbannen. Sie hatte sich nicht einmal Mühe gegeben, ihre Geringschätzung zu verhehlen. Aber letztendlich zeigte sie nur, was auch viele andere dachten, unverblümter vielleicht, weil sie womöglich meinte, es sich angesichts des drohenden Krieges leisten zu können. Not und Macht brachten die Menschen dazu, ihr wahres Gesicht zu zeigen, hatte Reto einmal zutreffend festgestellt. Der Mittelreicher sah die Dinge ohnehin erstaunlich nüchtern und klar.

      Er sollte mit seinem Beschützer sprechen, nicht über den Krieg, aber über die seltsame Beklemmung, die ihn seit Tagen nicht losließ. Wenn er mit jemandem reden konnte, dann mit Reto.

      Obwohl er als enger Berater des Generals einer der einflussreichsten Personen in der Stadt war, hatte Amato es bislang vermieden, sich auf dem Silberberg niederzulassen, wo die Grandenfamilien geschützt durch Mauern und Dukatengardisten ihre Paläste unterhielten. Stattdessen lebte er nach wie vor in der Villa in der Grafenstadt, die er nach dem Tod seines Vaters gekauft hatte. Desiderya hatte er das Anwesen genannt, und nur wenige wussten um die wahre Bedeutung dieses Namens, dessen Trägerin kaum noch eine blasse Erinnerung war. Und doch schien es Amato, als sei es erst gestern gewesen, dass die Gladiatorin in der Arena gestorben war. Es waren diese Momente, in denen er das Gefühl hatte, als sei die Zeit für ihn stehen geblieben. Mehr als zwölf Jahre waren ins Land gegangen, seit Goldo ihm den Sitz im damaligen Rat der Zwölf verschafft hatte, und doch fühlte er sich noch genauso unwohl wie am Anfang, wenn er versuchte, seinen Platz in dieser Schlangengrube zu finden.

      »Willkommen zurück, Herr«, begrüßte ihn seine Sklavin Ismelde, als die Sänfte schließlich zum Stehen gekommen war. Sie reichte ihm eine Hand, um ihm beim Aussteigen behilflich zu sein. »Wart Ihr erfolgreich?«

      »Ich denke schon.« Amato lächelte flüchtig und nickte ihr dankbar zu. Ismelde war Mittelreicherin wie Reto und ein Geschenk Goldos, als er nach der Terrorherrschaft der Duumvirn seinen Haushalt hatte neu ordnen müssen. Amato mochte die kluge Frau, die als junges Mädchen von Piraten geraubt und auf dem Sklavenmarkt verkauft worden war. Sie verstand ohne Worte, was er brauchte, und führte seinen Haushalt mit ruhiger, aber bestimmter Hand, ohne dass er sich ständig vergewissern musste, ob man ihn nicht hinterging.

      »Der Besuch war sehr aufschlussreich. Ich muss allerdings noch über ein paar Dinge nachdenken. Lass bitte etwas zu essen in mein Arbeitszimmer bringen, und sorg dafür, dass man mich nicht stört, ja?«

      »Wie Ihr wünscht, Herr.« Ismelde neigte den Kopf. »Lanista Cortez trug mir im Übrigen auf, Euch mitzuteilen, dass der Neuzugang Ärger macht. Sie hat ihn bis auf Weiteres in seiner Zelle untergebracht und bittet Euch um ein Gespräch.«

      Amato war sich sicher, dass die Lanista nicht gebeten hatte – Samana Cortez war die Ausbilderin seiner Gladiatoren und eine Frau, vor der selbst Reto Achtung hatte. Wenn sie ihn sprechen wollte, musste etwas ganz gewaltig im Argen liegen. Unschlüssig glitt sein Blick hinüber zu dem Weg, der an der Villa vorbei zum Ludus führte, wo seine Gladiatoren untergebracht waren. An anderen Tagen wäre er der Aufforderung wahrscheinlich ohne zu zögern nachgekommen und hätte sich selbst ein Bild der Lage gemacht. Sein Ludus galt als der beste der Stadt, und die Zeit, in der er als Ratsmitglied für die Arena verantwortlich gewesen war, hatte seinen Namen unwiederbringlich mit den Gladiatorenspielen verknüpft. Bei den Fana sprach man noch heute über den Zwischenfall, als er aus der Loge hinab in den Sand gesprungen war, um Reto vor dem Todesstoß zu bewahren. Diese Tat hatte ihm die Abhängigkeit von Goldo eingebracht, aber auch die Herzen des Volkes zugetragen. Dennoch waren ihm die Herzen der Fana bis heute fremd. Es erschreckte ihn, wenn man seine Sänfte umringte, weil man auf seine Fürsprache hoffte, auf eine Handvoll Münzen oder auch nur ein gutes Wort, das er nicht fand.

      Bei seinen Gladiatoren war es anders. Amato wusste, dass es unter den Granden einige gab, die sich nicht darum scherten, ob ihre Kämpfer die nächsten Spiele überstanden, weil sie sie für ersetzbar hielten und dem Volk lieber eine Orgie aus Blut und Tod als

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