DSA: Rabenerbe. Heike Wolf

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DSA: Rabenerbe - Heike Wolf Das Schwarze Auge

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auch wenn es mich anekelt, wie sie mich betrachten und darüber nachdenken, wie ich mich in ihre nächste Orgie einfüge, anstatt sich anzuhören, was ich ihnen zu sagen habe.«

      »Und dennoch tut Ihr es.«

      »Es ist meine Pflicht.«

      »Die wem nützt? Euch? Eurem General?« Reto stieß leise schnaubend Luft durch die Nase aus. »Ihr gehorcht ihm, weil er Euch vor Eurem Onkel schützt.«

      »Ich stehe an der Seite des Generals, weil ich es für das Richtige halte. Ich habe keine Angst vor meinem Onkel«, fuhr Amato auf, aber er wusste selbst, wie leer seine Worte klangen. Er hatte Angst, aber nicht um sich selbst, sondern um Reto. Um Ismelde, um Cortez, um alle, an die er sein Herz gehängt hatte, obwohl er es nicht wollte. Und damit machte er sich zum Niemand in diesem Spiel. Goldo hatte ihn als Kind zweier Vipern bezeichnet, aber er war ein Schoßhund geblieben. Beliebt, aber harmlos, weil er es nicht wagte, das Spiel nach seinen Regeln zu spielen.

      »Vielleicht muss ich selbst zur Viper werden«, sagte er leise und hob die Hand, zögerte aber, sie auf Retos Brust zu legen. Langsam ließ er sie wieder sinken. Er wich dem Blick des Nordländers aus, als er sich abwandte und wieder ans Fenster trat.

      »Geh bitte.« Er atmete tief ein, um die Frische des Regens aufzunehmen, der sich inzwischen wie ein grauer Vorhang über die Stadt gelegt hatte. Hinter sich hörte er, wie Reto sich bewegte, unentschlossen, doch dann klang das dumpfe Geräusch der Faust auf dem ledernen Brustpanzer, und die Schritte entfernten sich.

      Amato starrte hinaus in den Regen, während die Tür hinter ihm ins Schloss fiel.

      II

      Said

      Der Durstige Hai war eine Taverne von vielen, die sich zwischen den Brabaker Baracken und dem Hafen drängten und in denen der Wein gepanscht und die Huren billig waren. Hier traf sich der Bodensatz der Schwarzen Perle, lichtscheue Gestalten, die ihre Dienste für ein paar Kupferstücke feilboten. Gestrandete Existenzen, die ihr jämmerliches Dasein im Reisbrand zu ertränken suchten, ehemalige Sklaven und Tagelöhner, die oft nicht wussten, wovon sie die hungrigen Mäuler zu Hause stopfen sollten, und das wenige Geld lieber versoffen, als schimmligen Reis davon zu kaufen. Dazwischen fand man auch fremde Gesichter, Seeleute aus dem Norden, die die Neugier auf das verruchte Al’Anfa hierhertrieb, oder Questadores mit großen Träumen, aber kaum einem Dirham in den Taschen. Al’Anfa war eine Stadt, die Träume verschlang, und das galt mehr als irgendwo anders für die heruntergekommenen Kaschemmen zwischen Baracken und Hafen, wo dem Rausch viel zu schnell die Ernüchterung folgte.

      Gewöhnlich mied Said Spelunken wie den Hai. Nicht, weil er sich vor dem fürchtete, was ihn dort erwartete. Diese Art Furcht hatte ihm Meister Darjin schon vor Jahren ausgetrieben. Die Gestalten, die im Durstigen Hai ein- und ausgingen, witterten, wenn man Angst vor ihnen hatte. Angst verriet Schwäche, und wer schwach war, wurde in dieser Stadt gefressen.

      Said war nicht schwach, und wahrscheinlich zählten Meister Darjins Schüler zu den gefährlichsten Raubtieren der Stadt. Doch auch sie mussten sich vor dem Jäger in Acht nehmen, wenn man sie entdeckte, ehe sie zum tödlichen Sprung ansetzen konnten. In einer Kaschemme wie dem Hai lief man ständig Gefahr, sich seiner Haut erwehren zu müssen und dabei unbeabsichtigt mehr von sich preiszugeben, als gut war. Dass Said trotzdem Krüge mit billigem Reisschnaps und Wein durch den rauchverhangenen Schankraum schleppte, war Teil der letzten Prüfung, die ihn frei machen würde. Er arbeitete erst seit einigen Tagen im Durstigen Hai, aber er hatte genug Zeit und Gelegenheit gefunden, sich umzusehen und herauszufinden, dass ihn die Gäste mochten, auf eine Art, wie man hier eben einen jungen Burschen mochte, der ein hübsches Gesicht und ein wenig Mohablut in den Adern hatte.

      »He, Süßer!« Eine Seefahrerin, der eine Fieberfäule das halbe Gesicht zerfressen hatte, hob ihren Krug und schwenkte ihn auffordernd. »Schenk uns ein! Geht auf mich, die Runde!«

      Johlen begleitete ihre Worte, als die anderen zustimmend ihre Becher auf die zerfurchte Tischplatte donnerten. Es waren raue Gesellen, Schmuggler oder heruntergekommene Freibeuter, die unter der Flagge der Rabenstadt segelten. Der Durstige Hai lag nah genug am Hafen, um den Abschaum der Meere anzuziehen, Männer und Frauen, die nicht viel zu verlieren hatten und ihre Heuer lieber mit schmutzigen Huren und schlechtem Fusel durchbrachten, als sie mit in Efferds Arme zu nehmen. Vermutlich war das der Grund, warum der Wirt ausgerechnet hier eine Taverne unterhielt. Seeleute brachten Neuigkeiten, und es gab kaum einen anderen Ort, wo so viele Nachrichten aus aller Welt zusammenliefen wie in den Kaschemmen am Hafen.

      Said nickte, um anzuzeigen, dass er verstanden hatte, und schob sich zwischen den Tischen hindurch zur Theke.

      »Wein«, sagte er mit gesenktem Blick, während er die leeren Krüge abstellte. Er vermied es, den Wirt anzusehen, wenn er sprach. Als er im Hai angefangen hatte, hatte er vorgegeben, ein Freigelassener zu sein, der nach dem Tod seines Herrn auf der Straße saß und verzweifelt nach einer Möglichkeit suchte, ein paar Dirham zu verdienen. Der Wirt hatte nicht nachgefragt, aber Said war der Blick nicht entgangen, mit dem ihn der Mann gemessen hatte. Said kannte diese Art Blick. Es war der gleiche, mit dem Nuradjian ihn gelegentlich ansah, wenn er meinte, Meister Darjin bemerke es nicht. Said war es nur recht, wenn der Wirt sich mehr als den Schankdienst erhoffte. Es machte seinen Auftrag leichter.

      Der Wirt nickte kaum merklich, und sah an Said vorbei zu dem Tisch mit den Seeleuten. »Halte dich von der Rothaarigen fern«, sagte er mit gesenkter Stimme. »Sie hat ein Auge auf dich geworfen. Denk nicht einmal daran, verstanden? Ich bezahle dich, und du tust, was ich dir sage.«

      Said hob den Kopf, um den Blick des Wirts zu erwidern, eine Winzigkeit zu lang. »Natürlich«, sagte er leise. »Ihr bezahlt mich.«

      »Vergiss das nicht.« Der Wirt packte die Krüge, um sie aufzufüllen. Wein schwappte über den Rand und lief über seine schwieligen Pranken, als er sie zu Said hinüberschob. »Beeil dich und kümmere dich dann um den Tisch an der Tür. Die brauchen nicht mehr viel.«

      Said nickte. Er kannte die Geschäfte des Wirts inzwischen, der daraufsetzte, seine Gäste so betrunken zu machen, dass sie sich nicht einmal an ihren eigenen Namen erinnern konnten und sich nicht beschwerten, wenn er die Zeche kurzerhand selbst aus ihren Geldbeuteln nahm. Immer ein paar Münzen zu viel. Es war ein einträgliches Geschäft, zumal die Stadtwache sich nicht groß darum scherte, was hier unten am Hafen geschah.

      Said brachte den Wein zu dem Tisch mit den Seeleuten und schenkte ein, während er sich innerlich sammelte. Das war die Gelegenheit. Wenn er nicht noch weitere Abende im Hai verbringen wollte, musste er die Dinge in die Hand nehmen und den Wirt endlich dazu bringen, etwas zu unternehmen.

      »Der Wein«, sagte er überflüssigerweise und streifte dabei wie zufällig den Arm der Matrosin. Ein scheues Lächeln huschte über seine Züge. »Ruft, wenn Ihr noch etwas braucht.«

      »Nicht so hastig, Süßer.« Wie erwartet packte die Frau sein Handgelenk. Sie grinste und offenbarte dabei eine Reihe schlechter Vorderzähne. »Du leistest uns doch sicher etwas Gesellschaft, hm? Na los, trink einen mit uns.«

      Mit einem Ruck zog sie ihn auf ihren Schoß und legte den Arm um ihn. Die Ausdünstungen ihres ungewaschenen Körpers stiegen Said in die Nase, und für einen winzigen Moment verspürte er das Verlangen, sich loszureißen und der Matrosin mit ihrem eigenen Krug die Kehle aufzuschneiden. Noch vor ein paar Jahren wäre es ihm schwer gefallen, gelassen zu bleiben, und auch jetzt spürte er die Wut, die wie ein wildes Tier in seinem Innern kratzte. Aber er hatte gelernt, das zornige Biest im Zaum zu halten. Er musste diese Rolle spielen, bis er seinen Auftrag zu Ende gebracht hatte. Danach würde alles anders sein.

      »Ich muss arbeiten«, wandte er halbherzig ein,

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