Fass mich nicht an!. Reinhold Ruthe

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Fass mich nicht an! - Reinhold Ruthe

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nicht. Die 14-Jährige ist ein Beispiel dafür. Sie behält alles für sich.

      Die Äußerung, dass sie in den Lehrer verliebt ist, haben die Eltern nicht ernst genommen. Keine Rückfragen, kein lebendiger Austausch darüber. Die Schülerin hat Fragen und Unsicherheiten, macht sie aber mit sich selbst ab. Und das Unheil nimmt seinen Lauf.

      2. Kinder und Jugendliche können schwer zwischen sexuellem Begehren und Liebe unterscheiden

      Die 14-Jährige fühlte sich anerkannt, gemocht und geliebt. Vielleicht glaubte sie, dass der ältere Lehrer, also ein angesehener Mann, es einmal ernst mit ihr meinen würde. Sie bekam Zuwendung, Anerkennung und Bestätigung. Sie wurde ernst genommen, wenn auch unter zwielichtigen Motiven. Dinge, die sie leider zu Hause vermisste. Das Sexuelle wurde ihr zu viel. Aber sie wusste, dass es zur Liebe gehört. Sie kam nicht auf den Gedanken, konnte auch nicht darauf kommen, dass der Lehrer sie lediglich als Sexobjekt benutzte.

      3. Die Schülerin konnte dem Lehrer nicht widersprechen

      Sie machte sich ihre Abhängigkeit nicht klar. Denn ihre Noten und ihre Beurteilung hingen davon ab. Schon ihre ältere Schwester hatte ähnliche Erfahrungen gemacht. Alles blieb im Dunkeln, weil Eltern und Kinder über sexuelle Gefühle, über versteckte Wünsche und Sehnsüchte, über Verliebtheit und Liebe nicht offen gesprochen hatten. Kinder haben Respekt vor den Erwachsenen. Diese sind ihnen überlegen. Wer als Kind

      zur Artigkeit,

      zur Anpassung,

      zur Höflichkeit,

      zur Achtung gegenüber Erwachsenen erzogen wurde,

      kann leicht überfahren werden.

      4. Mangelnder Austausch über Sex und Liebe macht einsam.

      Je weniger über Sexualität, Liebe, Geborgenheit, Zärtlichkeit, Verliebtheit und viele unbegreifliche Sehnsüchte gesprochen wird, desto einsamer fühlt sich das Kind. Es fragt nicht, weil es sich schämt. Es leidet still vor sich hin und kann viele Zusammenhänge nicht deuten. Auch nach Offenlegung des Missbrauchs leidet das Mädchen, „saß nur noch zu Hause, hatte keine Freunde mehr“, heißt es in dem Bericht.2

       Die Opferrolle der Missbrauchten

      Wer systematisch vertuschen, betrügen, verführen und missbrauchen will, findet viele unerlaubte Wege. Kinder und Jugendliche sind in der Regel in einer unterlegenen Situation.

      Und wer verführen will, dem fallen ungeahnte Möglichkeiten ein, Opfer zu finden.

      Wer aber in der Familie, in Schulen, Heimen und anderen Einrichtungen sexuelle Gewalt und sexuellen Missbrauch verringern und verhindern will, findet hilfreiche Anregungen, konkrete Erziehungstipps und Einstellungen. Wer sich ernstlich hineindenkt, wird für seine Erziehungs- und Präventionspraxis Anregungen finden, die ihm weiterhelfen.

      Die Professoren Sabine Andresen und Wilhelm Heitmeyer schreiben: „Eine Erfahrung, die betroffene Kinder häufig machen, nämlich kein Gehör zu finden und der Lüge bezichtigt zu werden, setzt sich bis ins hohe Erwachsenenalter fort. Immer noch muss ein betroffenes Kind im Durchschnitt acht Personen ansprechen, bis ihm jemand glaubt.“ 3

      Wer vorbeugen will, muss aber verstehen,

      wie Täter und Opfer miteinander umgehen,

      wer besonders gefährdet ist,

      wer die Täter und Täterinnen sind

      und was sie selbst zu Tätern oder Täterinnen macht.

       Die Strategie der Täter und die Reaktion der Opfer

      Werfen wir zunächst noch einmal einen Blick auf die Machenschaften der Täter und die Befindlichkeit und Einstellungen der Opfer, in der Regel sind es Kinder.

      Da alle Kinder unterschiedlich empfinden und unterschiedliche Persönlichkeitseigenarten spiegeln, ist es hilfreich, die Schwachstellen zu erkennen, die von den Tätern ausgenutzt werden.

      Pädosexuell empfindende Väter, Erzieher und Lehrer finden in Familien, Schulen, kirchlichen Heimen und staatlich-sozialen Einrichtungen ihren Arbeitsplatz. Sie wissen, wie sie mit Kindern und Jugendlichen umgehen müssen, um sie für ihre Zwecke dienstbar zu machen. Sie haben ein sicheres Gespür, welche Kinder und Jugendliche ihnen machtlos ausgeliefert sind. Wer in Erziehung gegensteuern will, findet in den folgenden Opferbeschreibungen sicherlich ein paar Anregungen. Welche Kinder und Jugendlichen sind gefährdet?

       1. Kinder, die sich leicht beeinflussen lassen

      Selbst wenn eine gewisse Anlage zu dieser Lebenseinstellung vorliegen sollte, handelt es sich oft um Kinder und Jugendliche, die von Eltern in ihrem Selbstwert und in ihrem Selbstvertrauen nicht gestärkt wurden. Eltern hatten vielleicht zu wenig Zeit, schenkten nicht genug Geborgenheit und Selbstsicherheit. Die Kinder fühlen sich nicht wertgeachtet. Sie wollen aber geliebt und geschätzt werden. Sie verhalten sich eher nachgiebig, artig und angepasst. Sie sind auf diese Weise ein gefundenes Opfer für Erzieher, die sich ihnen liebevoll und einfühlsam nähern.

       2. Kinder, die sich einsam und unsicher fühlen

      Auch hier liegen häufig Versäumnisse in der Erziehung vor. Es sind Kinder und Jugendliche, die in der Familie, im Kindergarten oder in der Schule übersehen, vernachlässigt oder ausgegrenzt wurden. Sie stehen abseits, fühlen sich ignoriert und sehnen sich nach Anerkennung und Zuspruch.

      Genau um diese Kinder und Jugendlichen kümmern sich die pädosexuell empfindenden Erzieher. Sie schenken ihnen Aufmerksamkeit, Beachtung und Anerkennung. Die Kinder und Jugendlichen blühen auf und sind eine leichte Beute für die Erzieher oder Lehrer.

       3. Kinder, die sich durch Geschenke oder bessere Noten beeinflussen lassen

      Wer ein Kind für sich gewinnen will, findet viele Wege und Möglichkeiten, es abhängig und gefügig zu machen. Bestechung ist eine Methode, die fast immer funktioniert. Mit Schulnoten hat der Lehrer das Kind fest in der Hand. Es will nicht durchfallen und nicht sitzenbleiben. Es kann dem Lehrer bei Missbrauch kaum widersprechen. Willfährige Kinder bekommen kleine „Pöstchen“ innerhalb der Gemeinschaft, werden anerkannt von den Tätern, und die Jugendlichen nehmen diese Geschenke gern an. Den Missbrauch erleben viele positiv. Denn die Sexualität muss ja schließlich befriedigt werden.

      Kommen dann noch die Kinder aus sehr schwierigen Familienverhältnissen oder wurden vom Jugendamt vermittelt, sind die Gefährdungen doppelt so groß.

      Die Kinder sind haltlos, fühlen sich nicht geborgen und haben keine Erwachsenen, denen sie vertrauen können. Diese Unsicherheit wird in der Regel von Tätern ausgenutzt.

      Oft handelt es sich bei den Tätern um Menschen, die durchaus eine große Ausstrahlung haben und sich geschickt in Szene setzen können. Viele Täter redeten sich heraus, die Kinder und Jugendlichen hätten sie verführt. Oder sie gaben den Schutzbefohlenen die Schuld, sie hätten regelrecht Gefallen an den sexuellen Handlungen gehabt.

      Gerold Becker, der ehemalige Leiter der Odenwaldschule (s. hierzu auch Kapitel 6), soll erst kurz vor seinem Tode die Schuld für viele Verfehlungen auf sich genommen und sich bei den betroffenen Schülern entschuldigt haben. Dass er nie ernsthaft zur

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