Von den Meyerschen in die große, weite Welt .... Werner Hetzschold
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Intensiv liest der junge Mann die Nachrichten, ausgeschrieben im Internet von Veranstaltern für Literaturwettbewerbe. Schon an vielen Wettbewerben beteiligte er sich, war auch schon viele Male erfolgreich. Bereits als kleiner Junge schrieb er. Sobald er das Alphabet beherrschte, verfasste er kleine Geschichten, die ihm wichtig waren, diese für die Nachwelt festzuhalten und zu bewahren. Er wollte Dichter werden. Bereits damals ahnte er, dass der Weg dorthin nicht einfach sei, übersät mit Stolpersteinen, gepflastert mit vielen Hindernissen. Trotzdem strebte er dieses Ziel geradezu verbissen an, verfolgt es bis heute mit der ihm eigenen Energie, Ausdauer und Zähigkeit. Bis heute wartet er vergebens auf die Benachrichtigung, die er erhalten sollte, sobald alles geprüft ist. Unter dieser gegebenen Konstellation bietet sich viel Raum für Spekulationen. Die Nicht-Beachtung und die Nicht-Kenntnisnahme seines Textes gewährt der Fantasie ein weites Feld der Interpretation. Auf den Fotos mustert der junge Mann noch einmal ausgiebig die illustre Gesellschaft, die Repräsentanten dieses in Deutschland einmalig stattfindenden Englisch sprachlichen Literaturwettbewerbes. Er kennt sie nicht, weiß nicht, was sie beruflich machen, weiß absolut nichts über sie. Auf seine erneute E-Mail hat er keine Rückmeldung bekommen. Seine Teilnahme-Gebühr haben sie kassiert, ohne etwas abzuliefern. Das ist Abzocke. Sie hätten schreiben können: Aufgrund ihrer mangelhaften Kenntnis der englischen Sprache war bedauerlicherweise ihre Nominierung nicht möglich. Als Veranstalter sollten sie eigentlich wissen, es ist nicht möglich, nicht zu kommunizieren. Wer redet, teilt etwas mit, wer schweigt ebenfalls. Der alte Mann sitzt in seinem winzigen Zimmerchen, das früher einmal sein Arbeitszimmer gewesen war, hinter seinem mit Büchern beladenen Schreibtisch, vor sich eine riesige Europa-Karte, für die er erst einmal Raum schaffen muss, um sie entfalten zu können. Vor wenigen Jahren noch konnte er die Karte ohne Brille lesen. Diese Zeit ist für immer vorbei. Das Alter hinterlässt auch bei ihm seine Spuren. Er plant eine Reise durch Ost-Europa, will berühmte Städte mit klangvollen Namen und Persönlichkeiten besuchen, die einst dort lebten, arbeiteten, ihre Spuren hinterlassen haben. Er plant eine Reise durch Landschaften, deren einstige Namen im Heute vergessen sind, der Geschichte zugeordnet werden, die aber immer wieder in der Literatur auftauchen, auch in der modernen. Zunächst wird ihn sein Weg nach Salzburg führen, dann nach Oberösterreich. Von Linz geht es weiter nach Böhmen. Prag kennt er sehr gut. Dann wendet er sich Schlesien zu und Galizien. Ob er nach Pommern, Preußen, Masowien, Litauen, Lettland, Estland, Wolhynien, Siebenbürgen oder Transsylvanien, Walachei, Bessarabien, Bukowina, Banat gelangt, weiß er noch nicht. Das hängt davon ab, wie er sich gesundheitlich fühlt. Es ist auch möglich, dass er von Galizien die Heimreise über die Slowakei nach Mähren, von dort nach Niederösterreich, in die Steiermark und nach Kärnten nach Hause wählt. Er wird sehen, was die Zukunft bringt, wie sie sich gestaltet.