Sacklzement!. Katharina Lukas
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»Ich bin nicht blöd!«, ruft der beleidigt und schon ist Django zur Stelle und baut sich vor Liesi und Franz auf. Er sieht immer noch ziemlich gut aus, der Django, findet Gundi. Hat sich gut gehalten für sein Alter, muskulös, braun gebrannt und schlank. Nur statt seiner blonden Locken trägt er jetzt Vollglatze. Aus der Nähe bemerkt Gundi, dass der Kopf rasiert ist.
»Jetzt mal ganz langsam, Franze«, sagt Django mit hochgezogenen Brauen und dem Anschein, als ob er sich das Lachen nur mühsam verkneifen könne. »Der Hund vom Sackbauer hat sich also aufgehängt?« Er seufzt betroffen. »Hat er endlich ein Ende machen wollen, hm? Haben ihn vielleicht die Katzen in die Verzweiflung getrieben? Oder gibt’s einen anderen Grund? Hat er vielleicht sogar einen Abschiedsbrief hinterlassen?« Django genießt die Lacher der Dorfbewohner sichtlich. Ein paar klopfen ihm auf die Schulter.
»N… nein, es ist wahr«, wehrt sich Franz. »H… hinten im Scheideggerholz hängt er. Das ist k… kein Unfall gewesen!«
Django dreht sich zu seinem Publikum und breitet die Arme aus. »Dann brauchen wir die Mordkommission!«
Wieder gackern die Leute. Inzwischen hat sich eine Gruppe um Django gebildet, die mehr Sketcheinlagen auf Kosten des armen Franz erwartet. Ein paar andere stehen vor der Tür des Wirtshauses und telefonieren, und schließlich ist der Bräu der Erste, der sich wieder fasst.
»Jetzt wird erst mal gegessen«, sagt er und alle fügen sich.
Natürlich gibt es während des Schweinebratens nur ein Thema. Und vor der Nachspeise haben sich ein paar der Vereinsvertreter verabredet, die Sache in Augenschein zu nehmen. Zusammen mit Franz, der sich nach einem Knödel mit Soße wieder beruhigt hat, fahren sie zum Schauplatz des Geschehens. Als der ortsansässige Jäger wenig später mit seinem Anhänger auf dem Platz vor dem Wirtshaus hält, lassen alle ihren Nachtisch stehen. Auch Gundi und Liesi laufen hinaus und gaffen auf den großen weißen und mausetoten Hund auf der Ladefläche mit seiner gruselig langen blauen Zunge.
»Schau, wie es dem den Bläschel herausgetrieben hat!«, flüstert einer.
»Eindeutig. Der hat sich erhängt«, antwortet ein anderer. Man feixt wieder und raunt.
»Den Hund hat jemand abgemurkst, das ist euch schon klar, oder?«
»Aus Versehen ist der nicht verreckt …«
»Hat es eigentlich schon jemand dem Sackbauer gesagt?«
»Aus dem Weg!«, ruft schließlich eine tiefe Stimme, und wie auf Kommando treten die Dorfbewohner zurück und machen einem gut gekleideten älteren Herrn mit einem kunstvoll geschnitzten Spazierstock Platz. Der imposante Mann beugt sich langsam über den toten Hund und berührt zart dessen Kopf. Dann richtet er sich auf und sieht die plötzlich eingeschüchterten Dorfbewohner an wie das Gericht Gottes.
»Das war Mord«, verkündet er laut und keiner lacht mehr. »Das wird Konsequenzen haben! Wenn das eine Kampfansage sein soll …«
»Herr Professor Sackbauer«, unterbricht Bernleitner, weil er sich an sein Amt als Bürgermeister erinnert. »Das ist … Wir sind geschockt …«
Der Professor bringt ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen. Er weist den Jäger an: »Zu mir heim.«
Das Auto mit dem toten Hund fährt los, der Herr Professor richtet einen letzten strafenden Blick auf die Gaffer und geht ebenso grußlos, wie er gekommen ist. Die Dorfbewohner sehen ihm schweigend nach, bis er mit seinem Stock klickend in die kleine Seitenstraße zu seinem Hof abbiegt. Anschließend trollen sie sich leise, einer nach dem anderen, und Gundi fällt auf, dass Liesi nicht mehr da ist. Drinnen in der Wirtsstube sitzen nur noch Django und ein paar Männer. Sie verstummen, als Gundi hereinkommt, um die Rechnung zu bezahlen.
»Du bist der größte Gauner von uns allen …«, sagt Alois Münchinger grinsend zu seinem Freund Django. Nach einer Halben Bier stehen sie zum Rauchen vor der Tür des Bräus, wo vor Kurzem der Sackbauer seinen gemeuchelten Hund gestreichelt hat.
»Warum?« Django nimmt die Zigarette, die ihm Alois anbietet, und lässt sich Feuer geben.
»Hast unserem sauberen Professor Sackbauer zeigt, wer was zu sagen hat im Dorf, stimmt’s?«, geiert Alois.
Django nimmt einen tiefen Zug und bläst den Rauch langsam aus. »Wieso ich?«
»Erhängt hat er sich, der Hund«, flüstert Alois und sieht Django verschwörerisch an. »Woher hast du das denn gewusst? Der Fürbitten-Franz jedenfalls hat nichts davon gesagt.«
»Ah so.« Jetzt grinst Django. Er nimmt einen letzten tiefen Zug, schnippt die Kippe in hohem Bogen auf die Straße und blickt ihr eine Zeit lang nach. »Das hat er jetzt davon«, stellt er fest. »Glaubt der feine Herr Kunstprofessor wirklich, dass wir uns das gefallen lassen? Dass der unser ganzes Dorf in den Dreck ziehen kann? Der schafft uns nichts an, das sag ich dir. Und jetzt weiß er das auch!«
Alois nickt.
Spätabends nach der Beerdigung mit Sketcheinlage sperrt Django die Tür zu seiner Villa neben dem elterlichen Hof auf. Ist eigentlich nicht schlecht gelaufen, der Tag heute mit der Überraschung beim Leichenschmaus, denkt er und lächelt zufrieden.
Als er ins Wohnzimmer kommt, im ersten Stock über seinem Büro, schallen ihm die schrillen Pfiffe von Tweety entgegen. Er hat ihn heute zu lange allein gelassen.
»Na, du Schlawiner?«, flötet Django und öffnet das Türchen zu dem großen Käfig, der zusammen mit einem belaubten Birkenast eine Ecke des riesigen Wohnzimmers einnimmt. Sofort hangelt sich der Nymphensittich an den Käfigwänden Richtung Ausstieg, klettert auf das Dach der Voliere und seine durchdringenden Laute gehen in ein angenehmeres Pfeifen über.
»Hast mich vermisst, du Lauser? Hast mich vermisst, was?«
Django beginnt zu pfeifen und zu schnalzen und lässt Tweety eine Weile an seinem Finger knabbern. Dann dreht er sich um und geht in die offene Küche. Kaum dass er sich eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank geholt hat, landet der Sittich auf seiner Schulter und Django lässt es geschehen wie einen Windstoß, den man nicht weiter bemerkt. Er greift nach einer Tupperdose mit Schnipseln von gelben Rüben. Der Bauunternehmer und sein Vogel sind seit sieben Jahren ein eingespieltes Team in ihrer feierabendlichen Wiedersehensroutine.
Auf dem Fernsehsessel legt Django die Füße hoch und sie beginnen ihr allabendliches Spiel, bei dem der Vogel auf der Hatz nach den Möhrenstückchen mit aufgestellter Federhaube auf Djangos Glatzkopf und Schultern herumklettert und flattert, während Django in Babysprache Versionen der Frage »Wo ist die böse Miezekatze?« säuselt. Schließlich hat Django genug und sein ausgestreckter Zeigefinger ist ein Befehl für den Vogel. Sofort klettert er darauf, und Django busselt seinen Gefährten drei-, viermal, bevor er ihm einen kleinen Schwung gibt. Tweety landet auf dem massiven Schrank im Kolonialstil und schwingt sich zurück zu dem aufgestellten Ast neben seinem Käfig, wo er üblicherweise den Abend verbringt, um von dort aus zusammen mit Django fernzusehen. Zumindest scheint Django das zu glauben, denn seine Selbstgespräche zum laufenden Programm richten sich an Tweety. Und der antwortet jedes Mal mit einem leisen Pfeifen.
Heute Abend kann sich Django nicht so recht auf das Fernsehprogramm konzentrieren. Der Sackbauer wird den Schwanz nicht gleich einziehen, denkt er. Der gibt jetzt erst recht nicht auf. Da muss er härtere Geschütze auffahren. Er weiß aber noch nicht, welche, und das wurmt Django. Schlecht