Friedrich Schiller – Basiswissen #02. Bert Alexander Petzold

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Friedrich Schiller – Basiswissen #02 - Bert Alexander Petzold Basiswissen

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Pflanzschule besuchte. Schillers Vater sträubte sich, doch als Bürger waren ihm gegenüber dem Herzog freilich die Hände gebunden. Schillers Jugend und Adoleszenz waren mit seiner Aufnahme am 16. Januar 1773 besiegelt – ginge es nach dem Herzog, würde er sein gesamtes Leben im Dienst des Hofes bleiben. Gleichzeitig ermöglichte die Ausbildung an der Pflanzschule Schiller, zuerst Jura und später Medizin anstatt der Theologie zu studieren.

      Johann Friedrichs Beziehung zum Herzog blieb auf Lebzeiten ambivalent. Zum einen war er sich dem Privileg einer vorzüglichen Bildung bewusst, auf der anderen widerstrebte ihm die Fremdbestimmung durch den Herzog bereits von jungen Jahren an.

       3. Schiller schreibt das Drama „Die Räuber“ (1777–1782)

      Zur Zeit der deutschen Kleinstaaterei waren die vielen Fürstentümer, ob groß oder klein, abhängig von einem effizienten Beamtentum, das dementsprechend gut ausgebildet sein musste. Nicht zuletzt also wegen der hohen Nachfrage wurde der eigene Werdegang oft dadurch bestimmt, welche Positionen im Fürstentum unterbesetzt waren. Schillers zukünftiger Freund und Förderer Christian Gottfried Körner, der aus wohlhabenden, gutbürgerlichen Verhältnissen stammte, beschreibt 1785 seine Möglichkeiten:

      „Um diese Zeit musste ich mich für eine der drei Fakultätswissenschaften bestimmen. Theologie würde mich gereizt haben, wenn nicht schon die Philosophie Zweifel in mir erregt hätte. Die unangenehmen Situationen praktischer Ärzte verleidete mir die Medizin. Jurisprudenz blieb allein übrig. Ich wählte sie als Brotstudium.“

      Herzog Karl Eugens Interesse an einer funktionalen Beamtenriege und einer höfischen Bildungselite ging aber nicht bloß von einem Sinn für Staats- und Verwaltungsangelegenheiten aus. In Wirklichkeit steckte sein Hof notorisch in finanziellen Schwierigkeiten.

      Der Hof von Herzog Karl Eugen galt nämlich mit seinem herausragenden Ballett, der italienischen Oper und dem französischen Theater sowie einem ausgezeichneten Orchester als einer der prunkvollsten in ganz Europa. Die damit einhergehenden Unkosten wollte der Herzog decken, indem er die württembergischen Landeskinder, nicht selten unfreiwillig, an seiner Pflanzschule in den verschiedensten Künsten unterrichtete und so eine an seinen Hof gebundene Elite heranzog.

      So entstand mit der „Militärischen Pflanzschule“ eine Akademie von Rang, die ebenso Allgemein- und Handelsschule wie Kunst-, Theater- und Musikakademie war. Ganz nach dem Zeitgeist fand schon 1772 neben den Künsten auch die Wissenschaft ihren Platz im Lehrplan, und so etablierte sich die Akademie ebenfalls im Zeichen der Aufklärung. 1775 zog die Akademie von der Solitude nach Stuttgart und wurde damit vollends zur Militärakademie.

      Mit dem Umzug nach Stuttgart schlug die Akademie ihren Weg zur hohen Karlsschule und Universität ein, den sie 1781 mit der Ehrung durch Kaiser Joseph den II. vollendete. Stadt und Akademie beeinflussten sich von Anfang an gegenseitig, so bemerkte Otto Borst bereits 1775: „Mit der aufklärerischen Haltung und mit den Elementen einer rationalen Wissenschaftlichkeit, die aller supranaturalen Verklärung der Herrschaft so entgegensteht und begreifliche Spannungen in der Carlsschule selbst ausgelöst hat, kommt zugleich spezifisch städtisches, urbanes Denken nach Stuttgart, eine Zufuhr, die in ihren historischen Rückwirkungen innerhalb der Stadtgeschichte gar nicht überschätzt werden kann.“

      Der breitgefächerte Lehrplan und der moderne Anspruch machte die Akademie zum einmaligen Phänomen und zog Reisende aller Art nach Süddeutschland. Selbst der Herzog konnte sich dem Einfluss nicht entziehen und wandelte sich vom starren Absolutisten und Despot zum aufgeklärten Herrscher nach dem Vorbild Friedrichs des II. von Preußen. Der Wunsch nach einer Gelehrtenrepublik bewegte den Dynasten, er und seine Mätresse Franziska von Hohenheim bemühten sich um die Schüler nach dem Vorbild der bürgerlichen Familie.

      An der Akademie selbst herrschte strikt militärische Ordnung. Die Schüler trugen durchgehend Uniform, wurden zu jedem Zeitpunkt überwacht und der Tagesablauf war auf die Sekunde durchgetaktet. Der junge Schiller war am 16. Januar 1773 aufgenommen worden und fühlte sich eingeengt, schon 1774 fehlte ihm der Ehrgeiz für das Jurastudium, oft war er krankheitsbedingt abwesend. Er vernachlässigte die Studien zugunsten der Literatur, schrieb zusammen mit Kommilitonen, die später Freunde wurden. Sie fühlten sich verbunden, nicht zuletzt weil das Schreiben an der Akademie verkannt und der reine Akt zur politischen Haltung wurde.

      Für Schiller war 1775 nicht nur wegen des Umzugs der Akademie nach Stuttgart bedeutend, denn Jakob Friedrich Abel übernahm im selben Jahr den Philosophieunterricht. Dessen Lehren, die Aufklärung mit Sturm und Drang verwoben, trafen bei Friedrich auf äußerst fruchtbaren Boden – und so wurde er zum Beispiel von dessen „Rede über das Genie“ schon damals stark beeinflusst. Schiller entschied sich zudem, zur Medizin zu wechseln, fand sich zwar in der Naturwissenschaft eher wieder, blieb aber als Arzt auf Lebzeiten dilettantisch. Seine Aufmerksamkeit galt zu jenem Zeitpunkt vornehmlich den Studien – die erste Dissertation wollte er über die „Wirkung der Materie auf den Geist“ schreiben, sie wurde wegen der höchstens abstrakten Beziehung zur Medizin abgelehnt. Der Herzog sympathisierte zwar mit Schillers forschem Ton, trug ihm aber trotzdem ein weiteres Jahr an der Akademie auf.

      Die grobe Idee für „Die Räuber“ hatte Schiller schon 1777 gefasst, schlussendlich geschrieben hat er das Drama aber erst 1780. Sein allumfassender, stände- und generationsübergreifender Erfolg, der mitunter auf die tiefe Verankerung im Zeitgeist und den Protest gegen das Väterliche und alles Etablierte zurückzuführen ist, ließ im ersten Moment jedoch auf sich warten.

      Schiller fand keinen Verleger und ließ das Werk daraufhin in Mannheim anonym und auf eigene Kosten drucken. Er musste dafür einen Kredit über 150 Gulden aufnehmen, eine Summe, die bei seinem damaligen Regimentsgehalt von 23 Gulden beachtlich war und für ihn durchaus im Schuldturm enden konnte. Für den jungen Literaten hing also einiges an dem Erfolg seiner Räuber.

      Schon in der Druckfassung erfreute sich das Werk einiger Popularität, auch weil Schiller darin das Feudalsystem so offen kritisiert. So war der Andrang groß, als bekannt wurde, dass sich der Mannheimer Intendant Wolfgang Heribert von Dalberg dem Werk angenommen hatte. Die Uraufführung erfolgte am 13. Januar 1782 im Mannheimer Nationaltheater. Schiller reiste heimlich nach Mannheim, um selbst, aber stets anonym, beizuwohnen, und wurde so Zeuge des regelrechten Theaterskandals, den ein anwesender Kritiker wie folgt beschrieb: „Das Theater glich einem Irrenhaus, rollende Augen, geballte Fäuste, stampfende Füße, heisere Aufschreie im Zuschauerraum! Fremde Menschen fielen einander schluchzend in die Arme, Frauen wankten, einer Ohnmacht nahe, zur Thüre. Es war eine allgemeine Auflösung wie im Chaos, aus deßen Nebeln eine neue Schöpfung hervorbricht.“

       4. Flucht aus Stuttgart nach Mannheim (1782)

      Der Erfolg der „Räuber“ ebbte in den folgenden Monaten nicht ab, im Gegenteil. Regelmäßige Aufführungen erfreuten sich nicht nur eines stetig großen Publikums, sondern einer größtenteils atemberaubenden Resonanz. Ein Kritiker schrieb damals sogar: „Haben wir je einen teutschen Shakespear zu erwarten, so ist es dieser.“

      Freilich sprach sich ein solches Spektakel schnell herum, und so waren die „Räuber“ bereits im Frühjahr 1782 auch in Stuttgart in aller Munde. Herzog Karl Eugen hingegen war alles andere als erfreut darüber, dass sein Zögling und angehender Arzt an seiner frisch ernannten Universität im Ausland den Dichter und Dramaturgen gab. Er mahnte Schiller noch im Guten, jegliches nicht-akademisches Schreiben zu unterlassen, den Druck seines Werkes im Ausland einzustellen und seine Dissertation zu Ende zu bringen.

      Schiller war sich der Ernsthaftigkeit der Situation bewusst. Auch wenn der Herzog ihm und seiner Familie zugetan war, mochte er die Geduld des Herrschers nicht strapazieren. Am 1. April 1782 wendete er sich in einem Brief an den Intendanten Dalberg:

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