DMT - eBook. Markus Berger

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Halluzinogene der I. Ordnung Pseudohalluzinationen, während jene aus der II. Ordnung echte Halluzinationen8 erzeugen können.

      In Chemikerkreisen wird DMT mit dem kryptischen Namen 3-[2-(Dimethylamino)ethyl]-indol oder kurz N,N-Dimethyltryptamin bezeichnet; ein anderer Name ist Desoxybufotenin. Ehemalige Trivialsynonyme sind Nigerin und Nigerina. DMT ist »ein weißer, beißend riechender kristalliner Stoff, der sich in organischen Lösungen und in wässrigen Säuren auflöst, aber nicht in Wasser« (Pellerin 2001: 184). DMT gehört zu den Indolen bzw. zu den substituierten Indol-Alkaloiden, die wiederum zu den Tryptaminen zählen. Indole »stammen biogenetisch von der Aminosäure Tryptophan ab«. (Breitmaier 2002: 46) Der US-amerikanische Chemiker und Pharmakologe Alexander Shulgin erklärt es auf seine Weise: DMT ist »N,N-Dimethyltryptophan ohne die Carboxylgruppe. Es ist Bufotenin oder Psilocin ohne die Hydroxylgruppe. (…) Es ist ein kurzwirksames Psychedelikum, das in vielen Kulturen der Welt seit langer Zeit gebraucht und verehrt wird. Für einige Nutzer bedeutet es die Verbindung mit einer lebendigen magischen Welt und mystischen Wesenheiten, für andere ist es die dunkle Enthüllung der negativsten Aspekte der Psyche. Auch alles, was dazwischen liegt, ist möglich.« (Shulgin und Shulgin 1997: 249)

      3-D-Ansicht des DMT-Moleküls.

      Der US-amerikanische Psychiater und Psychedelikaforscher Dr. Rick Strassman hat viele Jahre lang klinische Studien mit Dimethyltryptamin am Menschen durchgeführt. Er erläutert: »DMT ist die psychedelische Substanz aus der chemischen Gruppe der Tryptamine mit der einfachsten Struktur. Im Vergleich zu anderen Molekülen ist DMT relativ klein. Es wiegt 188 ›Molekulareinheiten‹ oder Gramm/Mol, was bedeutet, dass es unbedeutend größer als Glucose ist, die einfachste Zuckerverbindung in unserem Körper mit einem Molekulargewicht von 180, und nur zehnmal schwerer als ein Wassermolekül mit einem Molekulargewicht von 18. Zur besseren Einordnung dieser Werte sei erwähnt, dass das Molekulargewicht von LSD 323 und das von Meskalin 211 beträgt.« (Strassman 2004: 82)

      Strassman nennt DMT das »Bewusstseinsmolekül« (im Original: »Spirit Molecule«), weil er davon überzeugt ist, dass dem DMT eine Schlüsselrolle bei der Erzeugung des menschlichen Bewusstseins zukommt. In seinem gleichnamigen Buch, in dem er den Prozess seiner bahnbrechenden Studie detailliert dokumentiert, erläutert der Wissenschaftler, »dass das Gehirn ›Hunger‹ auf DMT zu haben scheint. Es verwendet kostbare Energie für den aktiven Transport dieser Substanz vom Blut in seine innersten Regionen, als ob DMT für die normalen Hirnfunktionen notwendig sei.« (Strassman 2004: 436f.)

      Strassman erklärt aber auch, DMT öffne »unserem Bewusstsein einen Zugang zu den erstaunlichsten und alle unsere Erwartungen übersteigenden Visionen, Gedanken und Gefühlen. Es stößt die Tür zu Welten auf, die jenseits dessen liegen, was wir uns vorstellen können.« (Strassman 2004: 68) Dabei gehört DMT »zur ›Normalausstattung‹ des Menschen und anderer Säugetiere, ist in Meerestieren, Gräsern und Erbsen, in Kröten und Fröschen, in Pilzen und Schimmel, in Rinden, Blüten und Wurzeln vorhanden«. (Ebd.) Alexander T. Shulgin (1925–2014) geht sogar noch einen Schritt weiter und stellt in seinem Buch »TiHKAL – The Continuation« fest: »DMT is everywhere!«, zu Deutsch: »DMT ist überall.« (Shulgin 1997: 247)

      In der Tat: DMT ist in seinen Abwandlungen ein häufig vorkommender Pflanzen- und Pilzwirkstoff, der in vielen weltweit zu findenden Gewächsen und Organismen nachweisbar ist. Allein im Amazonasgebiet existieren zahlreiche Pflanzen, die DMT und 5-MeO-DMT enthalten (5-MeO-DMT = 5-Methoxy-DMT, ein nahe verwandtes Molekül, das sehr ähnliche psychedelische Eigenschaften aufweist wie N,N-DMT), aber auch im deutschsprachigen Raum existieren zwei bzw. drei Gattungen von Gräsern (Phalaris, Phragmites und seltener Arundo), in denen diese beiden Halluzinogene nachweisbar sind. DMT ist überdies eine körpereigene Substanz in Mensch und Tier und eventuell auch ein Botenstoff – der Fachmann spricht in diesem Fall von einem endogenen (körpereigenen) Neurotransmitter (Botenstoff).

       WAS SIND TRYPTAMINE?

      Tryptamin (chemische Bezeichnung: 2-(Indol-3-yl)-ethylamin) selbst ist, wie der Name schon verrät, ein Amin (Abkömmling des Ammoniaks), das durch einen chemischen Abspaltungsprozess (Decarboxylierung) aus der Aminosäure Tryptophan entsteht. In entsprechend hoher Dosierung (5 bis 15 Gramm) kann Tryptamin auf oralem Wege eine Stimmungsaufhellung bis Euphorisierung sowie eine leicht veränderte Wahrnehmung herbeiführen. Intravenös appliziert (bis 250 mg), soll Tryptamin laut Alexander Shulgin und anderen Forschern kurzzeitig zu ähnlichen Wahrnehmungsveränderungen und Körpergefühlen führen wie eine geringe (nicht quantifizierte) Dosis LSD. (Shulgin und Shulgin 1997: 580f.; Bigwood 1977; Ott 1993: 197)

      Tryptophan oder genauer L-Tryptophan ist eine sogenannte essenzielle Aminosäure, die in allen Pflanzen und Tieren vorkommt, die aber der menschliche Körper nicht selbst herstellen kann, weshalb wir sie über die Nahrung aufnehmen. Tryptamin hingegen ist ein natürliches Stoffwechselprodukt in Menschen, Tieren und Pflanzen, und es gibt eine Vielzahl an Abkömmlingen, die der Fachmann Tryptamin-Derivate nennt und die der Einfachheit halber kurz als Tryptamine bezeichnet werden. Tryptamine gehören zu den Indol-Alkaloiden, einer Stoffgruppe chemischer Verbindungen, die in so gut wie allen Organismen und damit auf der ganzen Welt vorkommen und verschiedene Funktionen im Stoffwechsel von Lebewesen erfüllen. Beim Menschen z. B. wirkt Tryptamin unter anderem auf das Zentralnervensystem und auf die glatte Muskulatur von Blutgefäßen und Gebärmutter ein.

      »Vom Tryptamin als biogenem Amin leiten sich die einfachsten Indol-Alkaloide pflanzlicher und tierischer Herkunft ab. Diese Alkaloide stehen dem in Blut und Geweben der Säugetiere und des Menschen vorkommenden, gefäßverengenden Serotonin (5-Hydroxytryptamin) sehr nahe und wirken je nach Substitutionsmuster mehr oder weniger halluzinogen.« (Breitmaier 2002: 47) Indol-Alkaloide (oder Indol-Monoamine) sind Alkaloide (organische, stickstoffhaltige und meist basische Substanzen), die einen Indolring bzw. Tryptamin als Teilstruktur aufweisen – oder wie der Psychiater, Psychotherapeut und Psychedelikaforscher Hanscarl Leuner es ausdrückt: »Substanzen, die gemeinsam ein Indolring bzw. die Kombination eines Benzol- mit einem Indolring kennzeichnet.« (Leuner 1981: 34)

      Die Gruppe der Indole ist besonders groß, über 1500 Indol-Alkaloide sind bislang bekannt. Sie »stellen neben den Isochinolin-Alkaloiden die umfangreichste Alkaloidgruppe dar« (Trachsel 2011: 191). Viele natürlich vorkommende, aber auch synthetisch erzeugte Tryptamine sind als Psychedelika von Bedeutung, denken wir neben DMT an Psilocin und dessen Phosphorsäureester Psilocybin als hauptwirksame Inhaltsstoffe der Psilocy-bin-Pilze (Magic Mushrooms), an die Mutterkornalkaloide bzw. Lysergsäurederivate wie LSD, LSA und viele andere sowie an die Beta-Carboline vom Harmala-Typus, die z. B. in der Ayahuasca-Liane (Banisteriopsis caapi) und in der Steppenraute (Peganum harmala) vorkommen und ebenfalls die Tryptamingrundstruktur aufweisen, aber eine eigene Stoffklasse bilden.

       WIRKUNG

      Die Wirkung von DMT, 5-MeO-DMT und einigen der verwandten Moleküle ist in weiten Teilen eine primordiale, sprich: eine nicht zu verbalisierende. Zwar lassen sich gewisse Aspekte beschreiben und bildlich darstellen. Der Kern der Erfahrung, das damit einhergehende Gefühl muss jedoch erlebt werden. Auch die frühen beobachtenden wissenschaftlichen Studien konnten keinen Aufschluss über die Effekte von DMT und Co. bringen – letztlich muss die Substanz von dem, der wissen will, wie sie wirklich wirkt, im Selbstversuch getestet werden. Die psychedelische Aktivität einiger Moleküle des DMT-Komplexes beim Menschen, z. B. von a-MT (DL-alpha-Methyltryptamin), DMT, DET und anderen, wurde von Mitte der Fünfziger- bis Anfang der Sechzigerjahre gut erforscht (Böszörményi et al. 1959; Murphree et al. 1961; Sai-Halasz et al. 1958; Szára 1956 und 1957). Allerdings konnten Studien, die unbekannte Substanzen lediglich an Testpersonen probierten, keinen echten Aufschluss über die pharmakologische Wirksamkeit der Substanzen bringen. David E. Rosenberg, Harris Isbell und E. J. Miner vom NIMH Addiction Research Center im Public Health Service Hospital in Lexington, Kentucky, untersuchten z. B. psychedelische Substanzen, unter anderem DMT und 6-HO-DMT, an

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