Energiepolitik und Elektrizitätswirtschaft in Österreich und Europa. Axel Kassegger

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Energiepolitik und Elektrizitätswirtschaft in Österreich und Europa - Axel Kassegger

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wurde dem Thema Energie ein eigenes Kapitel gewidmet und festgestellt, dass Energiepolitik grundsätzlich in die Kompetenz der EU fallen sollte. Die entscheidende Rechtsgrundlage für die weitere Energiepolitik der Europäischen Union ist der Artikel 194 des AEU-Vertrages31, der aufgrund seiner Bedeutung nachfolgend im Wortlaut angeführt wird.

       Titel XXI – Energie Artikel 194

       (1) Die Energiepolitik der Union verfolgt im Geiste der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten im Rahmen der Verwirklichung oder des Funktionierens des Binnenmarkts und unter Berücksichtigung der Notwendigkeit der Erhaltung und Verbesserung der Umwelt folgende Ziele:

       a) Sicherstellung des Funktionierens des Energiemarkts;

       b) Gewährleistung der Energieversorgungssicherheit in der Union;

       c) Förderung der Energieeffizienz und von Energieeinsparungen sowie Entwicklung neuer und erneuerbarer Energiequellen und

      d) Förderung der Interkonnektion der Energienetze.

      (2) Unbeschadet der Anwendung anderer Bestimmungen der Verträge erlassen das Europäische Parlament und der Rat gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren die Maßnahmen, die erforderlich sind, um die Ziele nach Absatz 1 zu verwirklichen. Der Erlass dieser Maßnahmen erfolgt nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Ausschusses der Regionen.

      Diese Maßnahmen berühren unbeschadet des Artikels 192 Absatz 2 Buchstabe c nicht das Recht eines Mitgliedstaats, die Bedingungen für die Nutzung seiner Energieressourcen, seine Wahl zwischen verschiedenen Energiequellen und die allgemeine Struktur seiner Energieversorgung zu bestimmen.

      (3) Abweichend von Absatz 2 erlässt der Rat die darin genannten Maßnahmen gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments, wenn sie überwiegend steuerlicher Art sind.

      Damit ist die Kompetenz der Europäischen Union in Energiefragen eindeutig festgelegt. In nationalstaatlicher Kompetenz bleiben gemäß Absatz 2 lediglich das Recht, „die Bedingungen für die Nutzung seiner Energieressourcen, seine Wahl zwischen verschiedenen Energiequellen und die allgemeine Struktur seiner Energieversorgung zu bestimmen“, wobei dieses auch gemäß Artikel 192 an die Europäische Union derogiert werden kann, allerdings nur nach Einhaltung eines besonderen Verfahrens32, das einen einstimmigen Beschluss des Rates nach Anhörung des Europäischen Parlaments, des Wirtschafts- und Sozialausschusses sowie des Ausschusses der Regionen voraussetzt. In diesem Fall können das Europäische Parlament und der Rat auch Maßnahmen beschließen, „welche die Wahl eines Mitgliedstaats zwischen verschiedenen Energiequellen und die allgemeine Struktur seiner Energieversorgung erheblich berühren.“33

      Eine weitere sehr wichtige Änderung brachte der Vertrag von Lissabon 2007. Der gesamte Gesetzgebungsprozess der EU wurde novelliert und hat bis heute in dieser Form Gültigkeit, deswegen erfolgt eine kurze Erläuterung im nachfolgenden Kapitel.

      Der Gesetzgebungsprozess in der EU nach Lissabon 2007

      Der Gesetzgebungsprozess der Europäische Union unterscheidet sich grundlegend von den üblichen Verfahren der Gesetzgebung in den Mitgliedstaaten. Es gibt derzeit zwei Arten von Rechtsakten: Richtlinien und Verordnungen. Im Entwurf zum EU-Verfassungsvertrag, der durch Referenden in Frankreich und den Niederlanden 2005 abgelehnt wurde, war eine Änderung der Bezeichnung dieser Rechtsakte vorgesehen. Richtlinien sollten demnach „Europäische Rahmengesetze“ heißen, Verordnungen „Europäische Gesetze“. Bezeichnungen, die den Charakter dieser Rechtsnormen sicher besser wiedergeben, aber an politischen Widerständen gescheitert sind und deshalb im Vertrag von Lissabon 2007 nicht übernommen wurden. Die Rechtsakte des sekundären Unionsrechts heißen somit weiterhin Richtlinien und Verordnungen.

      Eine Richtlinie ist ein Rechtsakt des sekundären Unionsrechts, in dem von allen EU-Ländern zu erreichende Ziele festgelegt werden.34 Richtlinien gelten nicht unmittelbar, sondern müssen erst von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umgewandelt werden. Es bleibt den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen, wie sie die Richtlinien umsetzen. Sie haben also bei der Umsetzung der Richtlinie einen gewissen Spielraum. Wenn die Richtlinie allerdings die Einführung konkreter Berechtigungen oder Verpflichtungen verlangt, muss das nationalstaatliche Recht, das ihrer Umsetzung dient, entsprechend konkrete Berechtigungen oder Verpflichtungen begründen. 35

      Eine Verordnung ist ein Rechtsakt des sekundären Unionsrechts mit allgemeiner Gültigkeit und unmittelbarer Wirksamkeit in den Mitgliedstaaten.

      Beschlüsse (meist des Rats oder der Kommission) sind für diejenigen verbindlich und unmittelbar anwendbar, an die sie gerichtet sind. Ein Beschluss kann beispielsweise an ein EU-Land oder ein einzelnes Unternehmen gerichtet sein.

      Empfehlungen sind nicht verbindlich und haben keine unmittelbaren rechtlichen Konsequenzen. In einer Empfehlung können die Institutionen der Europäischen Union ihre Ansichten äußern und Maßnahmen vorschlagen, ohne dass dies für diejenigen, an die sich die Empfehlung richtet, rechtlich bindend wäre.

      In einer Stellungnahme können sich die Institutionen in unverbindlicher Form zu einem Sachverhalt äußern. Stellungnahmen können von der Kommission, dem Rat, dem Europäischen Parlament sowie dem Ausschuss der Regionen und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss abgegeben werden.

      Gesetzgebung in der EU ist Aufgabe des institutionellen Dreiecks“, bestehend aus Europäischer Kommission, Europäischem Parlament und Rat der Europäischen Union36.

      Bei der Annahme der Rechtsakte wird zwischen dem „ordentlichen Gesetzgebungsverfahren“ (früher Mitentscheidungsverfahren), bei dem das Parlament mit dem Rat gleichberechtigt ist, und den „besonderen Legislativverfahren“ unterschieden, die nur für besondere Fälle gelten, bei denen dem Parlament nach wie vor nur eine konsultative Rolle zukommt.

      Das Mitentscheidungsverfahren wurde 1992 mit dem Vertrag von Maastricht eingeführt, 1999 wurde seine Anwendung mit dem Vertrag von Amsterdam ausgeweitet. Mit dem Vertrag von Lissabon 2007 wurde das Mitentscheidungsverfahren in „ordentliches Gesetzgebungsverfahren“ umbenannt. Seitdem wird es als Beschlussfassungsverfahren für die Annahme der meisten Rechtsvorschriften der EU angewandt. Es gilt für rund 85 Politikbereiche. Das ordentliche Gesetzgebungsverfahren läuft grundsätzlich in folgenden Schritten ab37:

      1. Die Kommission unterbreitet dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Vorschlag.

      2. Der Rat und das Parlament nehmen einen Gesetzgebungsvorschlag entweder in erster oder in zweiter Lesung an.

      3. Erzielen beide Organe in zweiter Lesung keine Einigung, wird ein Vermittlungsausschuss einberufen.

      4. Ist die vom Vermittlungsausschuss vereinbarte Fassung in dritter Lesung für beide Organe annehmbar, wird der Rechtsakt erlassen.

      Wird ein Gesetzgebungsvorschlag zu einem beliebigen Zeitpunkt des Verfahrens abgelehnt, oder können das Parlament und der Rat keinen Kompromiss erzielen, so wird der Vorschlag nicht als Rechtsakt erlassen und das Verfahren endet. Das Recht, einen Gesetzesvorschlag zu machen, das legislative Initiativrecht, kommt der Kommission38 zu. Das Europäische Parlament und der Rat haben dieses Recht nicht.

      Neben dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren

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