Ackerbau, Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung. Wulf Diepenbrock
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Abb. I-4 Mittlere Termine der Winterroggenblüte in Deutschland, 1961–2000 (Chmielewski 2003, zit. in Chmielewski et al. 2003)
Das Klima an einem Standort bestimmt dessen Energiehaushalt. Dieser hängt im wesentlichen von der eingestrahlten Sonnenenergie ab. Die Gesamtstrahlung, welche an der Grenze der Erdatmosphäre ankommt (Solarkonstante 1368 +/– 5,3 W m–2), erreicht jedoch nur etwa zur Hälfte als Globalstrahlung die Erdoberfläche, der Rest wird in der Atmosphäre absorbiert oder in den Weltraum reflektiert. In Abhängigkeit von geografischer Breite, Jahreszeit, Tageszeit, Bewölkung, Höhenlage, Hangneigung und -richtung unterliegt die Globalstrahlung wiederum erheblichen Schwankungen. Für die Pflanzen ist nur der sichtbare Teil des elektromagnetischen Spektrums und hiervon wiederum lediglich der Wellenbereich 350–780 nm (blau, orangerot) von Bedeutung, da nur dieser für die Photosynthese und für Entwicklungsprozesse genutzt werden kann.
Die benötigten Lichtintensitäten für lichtabhängige Vorgänge in den Pflanzen sind verschieden (siehe auch Kap. II-2.2). Für die Photosynthese liegt der Sättigungswert bei den meisten Pflanzen (C3-Typen) im Bereich von 1000 bis 1500 μmol m–2 s–1 photosynthetisch aktiver Strahlung. Von C4-Pflanzen (Mais und Hirsen) kann die Strahlung hingegen bis in den Bereich von 1500 bis 1800 μmol m–2 s–1 genutzt werden. Dies liegt in der Nähe des Einstrahlungsmaximums an hellen Sommertagen, welches in Abhängigkeit von der geografischen Lage zwischen 1800 und 4500 μmol m–2 s–1 beträgt.
Das Lichtklima eines Standortes ist ein ertragsbegrenzender Faktor, weil die Prozesse der Stoffbildung, des Wachstums und der Entwicklung lichtabhängig sind. Dies sind die Keimung (Licht- und Dunkelkeimer), der Phototropismus (Hinwachsen des Sprosses zum Licht), die Photosysnthese (Assimilation), der Photoperiodismus (Einfluss der Tageslänge auf den Eintritt der generativen Entwicklungsphase) sowie sonstige morphogenetische Wirkungen (z. B. höhere Zellteilungsraten im Licht).
Eng mit dem Lichtklima ist das Temperaturklima eines Standortes verbunden. Es wird durch die Jahresmitteltemperatur charakterisiert, die jedoch nicht sehr aussagefähig ist, da gleiche Mittelwerte bei sehr unterschiedlichen Amplituden während eines Jahres zustande kommen können. Daher ist der Temperaturverlauf insbesondere während der Vegetationsperiode von größerer Bedeutung. Als Vegetationsperiode werden entweder jene Zeiten zusammengefasst, an denen die Tagesmitteltemperatur 5 °C überschreitet, oder bei empfindlichen Pflanzen die Dauer der zusammenhängend frostfreien Zeit. Steigende Temperaturen fördern Wachstum und Substanzbildung, da sich die Reaktionsgeschwindigkeit biochemischer Prozesse im Bereich zwischen 0 und 30 °C durch eine Temperaturerhöhung um 10 °C etwa verdoppelt. Nur bei ungenügender Wasserversorgung wirken hohe Temperaturen ertragsbegrenzend oder schädigend, denn in den gemäßigten Breiten erreichen Temperaturmaxima selten ein Niveau, welches das Temperaturoptimum höherer Pflanzen von 25 bis 30 °C wesentlich überschreitet.
Größere Bedeutung als die Temperaturmaxima haben aus pflanzenbaulicher Sicht die Minimumtemperaturen. Sie bestimmen über die Länge der Vegetationsperiode und damit über die anbaufähigen und -würdigen Kulturpflanzenarten auf einem bestimmten Standort. In strengen Wintern sind bei andauernden Frostperioden überjährige Kulturen wie Wintergetreide und Winterölfrüchte durch Auswinterung gefährdet, deren Frostresistenz etwa zwischen –15 °C (Gerste, Raps), –20 °C (Weizen) und –25 °C (Roggen) liegt (Tab. I-11).
Tab. I-11. Auswinterungsschäden an Wintergetreide und Winterraps in Ostdeutschland 2002/03 (ergänzt n. Lindloff 2003) | |||||
Land | Minimumtemperaturen | Auswinterung (%) | |||
Dezember | Januar | Februar | Wintergetreide | Winterraps | |
Brandenburg | –13,3 | –20,4 | –12,7 | 8 | 15 |
Mecklenburg-Vorpommern | –13,8 | –19,8 | –14,4 | 6 | 7 |
Sachsen | –13,9 | –20,5 | –14,6 | 6 | 10 |
Sachsen-Anhalt | –15,7 | –17,9 | –14,7 | 4 | 6 |
Thüringen | –13,6 | –17,5 | –15,2 | 4 | 5 |
Neben Stoffbildung und Wachstum ist der Temperaturhaushalt des Standorts auch für die Entwicklung der Pflanzen von Bedeutung. Bestimmte Arten benötigen für den Eintritt in die generative Phase eine mehr oder minder lange Zeitspanne (20 bis 40 Tage) mit niedrigen Temperaturen (0 bis 6 °C). Dieser als Vernalisation bezeichnete Effekt stellt sicher, dass die betreffenden Pflanzen im nachfolgenden Frühjahr und Sommer zum Blühen und Fruchten kommen.
Anders als Strahlung und Temperatur, die als Standortfaktoren durch ihre Energie für die Pflanzen wirksam werden, wird Wasser als Stoffkomponente sowie als Transport- und Lösungsmittel benötigt. Etwa 1% wird im Zuge der Photosynthese mit CO2 in Kohlenhydrate eingebaut, der weitaus größte Teil dient der Transpiration. Die Menge an Wasser, welche Kulturpflanzen verbrauchen, um ein Kilogramm Trockenmasse zu erzeugen, wird als Transpirationskoeffizient bezeichnet (Liter Wasser je kg TM) (engl. water use efficiency – g TM je Liter Wasser). Die Effizienz der Wasserausnutzung variiert zwischen verschiedenen Nutzpflanzen stark um bis zum Dreifachen, kann aber auch innerhalb einer Art sehr unterschiedlich ausfallen (Tab. I-12).
Tab. I-12. Transpirationskoeffizienten ausgewählter Kulturpflanzen (n. Geisler 1988) | |
Arten | Transpirationskoeffizient(l H2O kg–1 TM) |
Hirsen | 200–300 |
Mais, Beta-Rüben | 300–400 |
Gerste, Roggen, Hartweizen | 400–500 |
Kartoffel, Weichweizen, Sonnenblume | 500–600 |
Hafer, Raps, Erbse, Ackerbohne, Rotklee | 600–700 |
Luzerne, Lein, Soja, Kohlrübe | > 700 |
Die an einem Standort auftretenden Niederschläge in Form von Regen, Schnee, Hagel, nässendem Nebel, Tau oder Reif können sehr unterschiedliche Dichte und Partikelgröße aufweisen und demzufolge auch sehr verschiedene Wirkungen hervorrufen. Ihre Höhe und Verteilung hängt von den Zirkulationsverhältnissen in der Atmosphäre ab. Sind die Niederschläge höher als die potenzielle Evapotranspiration, spricht man von humidem Klima mit abwärts gerichteter Wasserbewegung im Boden, Nährstoffverlagerung bis zur Auswaschung und Grundwasserneubildung. Überwiegt hingegen die potenzielle Evapotranspiration an einem Standort, dann herrscht semiarides Klima mit aufwärts gerichteter Wasserbewegung und gleichzeitiger Gefahr der Bodenversalzung durch Auskristallisation der im Bodenwasser gelösten Stoffe an der Bodenoberfläche vor.
Die atmosphärische Luft besteht zum überwiegenden Teil aus Stickstoff (rd. 78%) und Sauerstoff (rd. 21%). Stickstoff ist einer der wichtigsten Pflanzennährstoffe, doch die überwiegende Mehrzahl der Pflanzen kann ihn nicht direkt nutzen. Dazu sind nur Schmetterlingsblütler (Fam. Leguminosae) aufgrund ihrer Symbiose mit stickstoffbindenden Bakterien (Rhizobium-Arten) in der Lage (s. II-4.2). Freilebende Bodenbakterien (siehe I-2.1.2), die ihren Energiebedarf aus dem Abbau leicht zersetzbarer organischer Substanz bestreiten, vermögen ebenfalls atmosphärischen Stickstoff zu binden. Die Mengen sind jedoch gering und für den Ackerbau ohne praktische Relevanz.
Der Sauerstoff der Luft wird zur Atmung der Pflanzen sowie aller heterotrophen Organismen benötigt. In der Sprossumwelt der Pflanzen ist O2 stets in ausreichendem Maße vorhanden. Die Konzentration in der Bodenluft kann hingegen infolge von Gefügestörungen durch Verdichtungen sowie Verschlämmung und Verkrustung an der Bodenoberfläche (s. I-2.1.2) vermindert sein. Pflanzen reagieren unterhalb von 8 bis 10% mit vermindertem Wurzelwachstum auf sinkende Sauerstoffgehalte.
Der für die grünen Pflanzen essentiell wichtige Inhaltsstoff der Luft ist das Kohlendioxid (CO2), da es der Ausgangsstoff für die Assimilation ist. Mit durchschnittlich 0,037 Vol.-% (= 370 ppm; im Jahr 2001) ist der Gehalt sehr gering. CO2 resultiert aus der Atmung und dem Abbau organischer Substanz. Dem steht eine entsprechende Größenordnung an Assimilation gegenüber, die über Jahrmillionen ein Gleichgewicht bildeten. Seitdem wir Menschen zunehmend intensiver Energie aus fossilen Brennstoffen gewinnen