Midrasch. Gerhard Langer

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Midrasch - Gerhard Langer Jüdische Studien

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      Einige SammelbändeSammelbände zum Thema Midrasch sind in den letzten Jahren erschienen. Dazu zählt etwa Mark Lee Raphaels Agendas for the Study of MidrashAgendas for the Study of Midrash in the Twenty-first Century von 1999. Darin findet sich u.a. ein Beitrag von Fraade zu den Bezügen zwischen den Qumranfunden und Midrasch, einer von Dvora Weisberg zu Frauen in rabbinischer Darstellung oder ein Artikel von Bregman zu visuellen Elementen im Midrasch.

      Drei weitere Bände, von Rivka Ulmer und Lieve Teugels 2005 (Schwerpunkt auf Philologie bzw. Textkritik), 2007 und 2008 herausgegeben, versammeln Beiträge des jährlichen Kongresses der Society for Biblical Literature. 2006 wurden die Current Trends in the Study of MidrashCurrent Trends in the Study of Midrash von Carol Bakhos ediert. Diese Bände enthalten in der Regel Beiträge zu klassischen rabbinischen Midrasch-Kompilationen, aber auch zum Weiterleben von dem, was als „midrashic dimension“ bezeichnet wird, in verschiedenen Gattungen der jüdischen (und sonstigen) Literatur des Mittelalters und der Neuzeit.

      The Literature of the SagesThe Literature of the Sages, der zweite Teil eines Projekts, dessen erster Teil 1984 erschien, umfasst drei ausführliche Kapitel zu Midraschim. Myron Lerner befasst sich dort mit den so genannten haggadischen Midraschim: Die „departmental analysis“ stellt einen Ansatz dar, bei dem mehrere Midraschim, die dasselbe biblische Buch auslegen, als Korpus untersucht werden: Die erhaltenen Texte werden nach formalen Kriterien in Kategorien unterteilt, beschrieben, die Sekundärliteratur referiert (vgl. Schäfers Editionen von Hechalot-Literatur und Reegs Midrasch von den zehn Märtyrern, Lerners Beitrag zu den Estermidraschim).

      2005 erschien die von Jacob Neusner und Alan Avery-Peck herausgegebene Encyclopedia of MidrashEncyclopedia of Midrash. Die zwei Bände umfassen 56 Artikel, die allgemeine Themen (mündliche Tora, Liturgie etc.), dem rabbinischen Midrasch vergleichbare Phänomene in der jüdischen und christlichen Literatur, die rabbinische Lektüre biblischer Bücher sowie die Theologie der klassischen Midraschim behandeln.

      2011 erschien in Israel eine Einführung in Midraschliteratur von Anat Reizel (Hebr.).

      |12|Ein Klassiker im deutsch- und englischsprachigen Raum ist Günter Stembergers Einleitung in Talmud und MidraschEinleitung in Talmud und Midrasch, die im dritten Teil eine konzise Darstellung der meisten Midraschim und die dazugehörige vermutlich ausführlichste Bibliographie enthält. Vom selben Autor erschien 1989 ein Buch zu Midrasch, das nach einer kurzen Einführung zahlreiche Textbeispiele anführt und kommentiert, die entweder repräsentativ für die drei klassischen Midrasch-Gattungen – d.h. die halachischen, exegetischen und homiletischen Midraschim – sind oder eine literarische Form wie die nacherzählte Bibel, wie sie in späteren Werken der rabbinischen Literatur verwendet wird, illustrieren. Die 2010 erschienenen zwei Sammelbände Judaica MinoraJudaica Minora enthalten einige Artikel Stembergers mit Bezügen zum Midrasch. Ebenfalls zahlreich sind die Beispiele in Jacob Neusners What is Midrash?What is Midrash? und A Midrash Reader.

      Ende 2013 brachten Michael Fishbane und Joanna Weinberg eine Sammlung wichtiger Beiträge zum Thema Midrasch unter dem Titel Midrash UnboundMidrash Unbound heraus. In vier Teilen, die von den Anfängen bis zum modernen Chabad-Chassidismus chronologisch fortschreiten, wird das Phänomen Midrasch in seiner Bandbreite im historischen Wandel ausführlich beleuchtet.

      5. Midraschdefinitionen jüngerer Zeit

      In der Forschung der letzten Jahrzehnte findet sich eine ganze Reihe von Interpretationen und DefinitionenInterpretationen und Definitionen von Midrasch, die nicht selten als Widerschein wissenschaftlicher Zeitströmungen zu lesen sind (vgl. den Überblick bei Bakhos, Matters; Grohmann, Aneignung, S. 107–129). In der Vielzahl der Definitionen ist zu bemerken, dass manche sich stärker auf die literarische Struktur, andere mehr auf die aktualisierende Funktion, nicht selten gepaart mit der Bedeutung für die religiös-kulturelle Entwicklung des Judentums konzentrieren. Im Folgenden seien einige Ansätze kurz beschrieben. Gewisse Übereinstimmung herrscht in der Funktion des Midrasch für die Gemeinde und die GottesbeziehungFunktion des Midrasch für die Gemeinde und die Gottesbeziehung. Diese wurde bereits von Renée Bloch (Midrash) oder Roger Le Déaut (A-propos) betont. Auch Addison Wright (Literary Genre) hob die Bedeutung von Midrasch als religiöse Schrift hervor. Großen Einfluss übte Isaak HeinemannIsaak Heinemann (Darche ha-Aggada) mit seiner maßgeblich betonten Funktion der Haggada als „schöpferische Geschichtsschreibung“ und „schöpferische Philologie“ aus. Daran orientiert formuliert Ithamar GruenwaldIthamar Gruenwald, dass Midrasch den Versuch darstelle, „Schrift als die normative Konstante des Judentums zu behaupten“ (Midrash, S. 6), über Brüche und Krisen hinweg |13|und als intellektuelle Herausforderung, die Mut und religiöse Sensibilität verlangt. In seinem Bemühen, die „mentale Haltung oder Disposition“ zu beschreiben, die er mit dem Stichwort „midrashic condition“ verbindet, greift er auf Heinemanns Konzept zurück und spricht davon, dass nicht der bloße Akt des Verstehens zähle, sondern die Schaffung von Bedeutung, die mit den Bibelversen verbunden sei. Gruenwald gesteht den Midraschautoren großen Spielraum in der Macht über den Text zu, die jedoch durch die Tradition beschränkt sei, die auf die göttliche Inspiration der Schrift und grundlegende moralische Haltungen sowie die Bedeutung des Kultes Wert lege.

      Uneinigkeit herrscht darüber, ob Midrasch eher Ein literarisches Genre oder eine Methode des Textzugangesein literarisches Genre oder eine Methode des Textzuganges ist. Addison WrightAddison Wrights Definition geht von einem literarischen Genre aus, das aktualisierende Bedeutung hat. Schrifttext und Kommentar müssen dabei getrennt sein:

      Als Name einer literarischen Gattung bezeichnet das Wort Midrasch eine Komposition, die einen Schrifttext der Vergangenheit verstehbar, gebrauchsfähig und relevant für die religiösen Bedürfnisse einer späteren Generation zu machen sucht. Es ist so eine Literatur über eine Literatur […]. Ein Midrasch ist immer explizit oder implizit in den Kontext des biblischen Texts gestellt, den er kommentiert. (Literary Genre, S. 143)

      Midrasch ist demnach Auslegung von Schrift um der Schrift willen. Das Genre Midrasch beschränkt sich nach Wright aber nicht nur auf jüdische Texte, sondern kann beispielsweise auch auf pagane ägyptische Prophetentexte mit ähnlicher Struktur angewendet werden. Auch christliche Rezeption der hebräischen Bibel lässt er als Midrasch gelten. Andere Schriften, die Text und Kommentar aus seiner Sicht zu wenig trennen, schließt er jedoch vom Genre Midrasch aus.

      Lieve TeugelsLieve Teugels diskutiert in ihrem Buch Bible and Midrash: The Story of „The Wooing of Rebekah“ (Gen. 24) (vgl. auch ihren Beitrag Midrash in the Bible) Ansätze von Addison Wright, Robert Le Déaut, Daniel Boyarin, Michael Fishbane, Jacob Neusner und Gary Porton und stützt sich auf die formanalytische Definition Arnold GoldbergArnold Goldbergs, die sie übernimmt und erweitert. Goldberg hatte in mehreren Aufsätzen unterstrichen, dass der Begriff Midrasch ausschließlich für die rabbinische Literatur zu verwenden sei und von seiner Form bestimmt werden müsse. Demnach ist Midrasch immer Erläuterung des zitierten Bibeltextes, des Lemmas (Lemma der Offenbarungsschrift). Der Midraschsatz besteht aus Lemma, der Operation und dem Ergebnis (Dictum), schematisch „L“ „on“ → „D“ oder „D“ ← „on“ „L“. Im Midraschschriften vorkommende Formen wie Maschal oder Maʿase (dazu mehr unter VI) |14|sind kein Midrasch, wohl aber tritt Midrasch in Mischna oder den Talmudim auf.

      Teugels diskutiert auch die kritischen Ergänzungen Goldbergs durch Philip Alexanders Hinweis auf die „Methoden“ (Midrash and the Gospels) und sieht neben den formalen Kriterien für Midrasch ein Alleinstellungsmerkmal in der Mündlichkeit der Überlieferung und der Annahme der göttlichen Offenbarung. Midrasch ist ihrer Definition nach beschränkt auf „rabbinische Interpretation von Schrift, welche die lemmatische Form trägt“„rabbinische Interpretation von Schrift, welche die lemmatische Form trägt“ (Bible and Midrash, S. 168).

      Und weiter:

      Nach

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