Friedens- und Konfliktforschung. Ines-Jacqueline Werkner

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Friedens- und Konfliktforschung - Ines-Jacqueline Werkner

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wenn zwei gleich oder ähnlich vergesellschaftete Akteure (z.B. zwei staatliche Akteure) – und damit gleiche oder ähnliche Interessenstrukturen und Präferenzen der Konfliktaustragung – aufeinandertreffen. Eine asymmetrische Konfliktstruktur herrscht dagegen vor, wenn zwei ungleich vergesellschaftete Akteure (staatlicher und nichtstaatlicher Akteur) – und damit divergierende Interessenstrukturen und Präferenzen der Konfliktaustragung – aufeinandertreffen (vgl. Daase 1999, S.93f.).

      Bezüglich asymmetrischer Konfliktstrukturen lassen sich verschiedene Konstellationen der Kriegsführung unterscheiden: Asymmetrien der Stärke und Asymmetrien der Schwäche (vgl. Münkler 2006a, S.140f.). Asymmetrien der Stärke resultieren – militärisch betrachtet – aus einer militärorganisatorischen und/oder waffentechnischen Überlegenheit. Im Fokus des Bestrebens steht hier die Gewinnung neuer Räume und Sphären. Das reicht von der Eroberung von Land- und Seeräumen über den Luft- und Weltraum bis hin zur heute dominant werdenden Sphäre des Cyberraums. Ziel dieser Strategie ist die Unverwundbarkeit. Stellt die unterlegende Seite ihre Ansprüche nicht zurück, liegt eine militärische Reaktion auf die Asymmetrie der Stärke in der „Resymmetrierung militärischer Ungleichgewichte“ (Münkler 2006a, S.141). Ein Beispiel hierfür stellen die Rüstungsspiralen zu Zeiten des Kalten Krieges dar. Gelingt diese Strategie angesichts nicht verfügbarer Ressourcen oder divergierender Vergesellschaftungsformen der Akteure nicht, bleibt der unterlegenden Seite – militärisch betrachtet – als Reaktion nur die „Form der strategischen Asymmetrie aus Schwäche“ (Münkler 2006a, S.141; Hervorh. d. Verf.). Ein klassisches Beispiel stellt der Partisanenkrieg dar. In diesem geben sich die Kämpfer nicht als solche zu erkennen, sie operieren aus dem Untergrund, greifen überfallsartig an und tauchen wieder unter. Ziel dieser Strategie ist die Unerkennbarkeit. Mit ihr soll der Krieg räumlich und zeitlich entgrenzt werden, um auf diese Weise die überlegende Seite zu zermürben (vgl. Münkler 2006a, S.141).

      Die verschiedenen Konfliktstrukturen und Kriegsformen haben zugleich Auswirkungen auf die Legitimität des (militärischen) Konfliktaustrags. Während sich in symmetrischen Konfliktstrukturen Streitkräfte zumeist staatlicher Konfliktparteien gegenüberstehen, die sich angesichts ihrer Gleichheit der militärischen Organisation und ihrer im Völkerrecht verankerten Regelungen als gleichrangige und legitime Gegner ansehen, stehen sich in asymmetrischen Kriegen Konfliktparteien gegenüber, die sich in ihrer militärisch-strategischen Zielsetzung grundlegend voneinander unterscheiden. Dabei werden asymmetrische Kriege nicht unter den Bedingungen wechselseitiger Anerkennung als iustus hostis geführt, womit auch die Regelungen des humanitären Völkerrechts ihre Bindekraft zu verlieren drohen (vgl. Daase 1999, S.95f.; Münkler 2006a, S.217; Schmidt 2012, S.35).

      Die Frage der Normkonformität zeitigt wiederum stabilisierende respektive destabilisierende Konsequenzen. Dementsprechend resümiert Christopher Daase (1999, S.101):

      „Wo den Normen und Regeln gemäß gehandelt wird, wie im konventionellen Krieg, dort werden diese Normen und Regeln reproduziert, und diese Reproduktion führt zur Stabilisierung des politischen Systems. Wo Normen gebeugt und Regeln gebrochen werden, wie im unkonventionellen Krieg, dort verlieren sie an Gültigkeit, was zur Destabilisierung des politischen Systems beiträgt.“

      Zusammenfassend betrachtet lassen sich asymmetrische Konstellationen der Kriegsführung mittels verschiedener Divergenzkriterien2 näher charakterisieren:

       Akteursdivergenz: Die Akteure weisen in der Regel unterschiedliche Vergesellschaftungsformen auf (staatliche versus nichtstaatliche Akteure, qualitative Divergenz). Dabei sind nichtstaatliche Akteure im Kampf gegen staatliche Streitkräfte stets auch zahlenmäßig unterlegen (quantitative Divergenz).

       Mitteldivergenz: Akteure in asymmetrischen Konstellationen verfügen über ungleiche Mittel. Das umfasst die Menge an Waffensystemen (quantitative Divergenz), aber auch deren Reichweite und Durchschlagskraft (qualitative Divergenz). Dazu gehört auch die Fähigkeit, bestimmte Räume und Sphären (Land, Wasser, Luft, Weltraum, Cyberraum) zu beherrschen. Neben unterschiedlichen technologischen Zugängen ist dies auch differierenden finanziellen Ressourcen geschuldet.

       Strategisch-taktische Divergenz: Während sich in symmetrischen Kriegen gleiche oder ähnliche Militärorganisationen mit vergleichbaren Strategien und Taktiken gegenüberstehen, zeigen asymmetrische Konstellationen deutliche Unterschiede auf (Strategie der Unverwundbarkeit versus Strategie der Unerkennbarkeit).

       Rechtsdivergenz: Reguläre Streitkräfte sind – zumindest in Demokratien – normgebunden und regelgeleitet; sie sind innerstaatlich (in der Regel auf verfassungsrechtlicher Ebene) verankert und unterliegen völkerrechtlichen Regelungen. Demgegenüber stehen die irregulären Kämpferinnen und Kämpfer, die „eigene Handlungs- und Rechtfertigungsmaßstäbe“ (Buciak 2008, S.36) entwickeln und sich in der Regel nicht an die Bestimmungen des humanitären Völkerrechts gebunden fühlen. Nicht selten führt die Irregularität auch in eine „Rebarbarisierung gewaltsamer Konfliktaustragung“ (Vogt 2008, S.45).

       Legitimationsdivergenz: Während sich die Akteure in symmetrischen Konflikten – und dafür stehen auch die völkerrechtlichen Regelungen – als gleichrangige und legitime Gegner ansehen, sprechen sich Akteure in asymmetrischen Konstellationen gegenseitig ihre Legitimität ab. Das eröffnet dann auch häufig Wege für Instrumentalisierungen ideologischer oder religiöser Art.

      5.2 Die neuen Kriege

      Mit dem Ende der Bipolarität und Blockkonfrontation wird verstärkt ein Wandel des Krieges konstatiert. Martin van Creveld argumentiert bereits 1991, dass der klassische zwischenstaatliche Krieg überholt sei und zunehmend nichtstaatliche Akteure, innerstaatliche Kriege sowie „low intensity conflicts“ an Bedeutung gewinnen. Andere Autoren sprechen von „wars of the ‚third kind‘“ (Holsti 1996), „kleinen Kriegen“ (Daase 1999) oder „wilden Kriegen“ (Sofsky 2002). Besondere Aufmerksamkeit erfahren hat der Begriff der „neuen Kriege“ – ein Terminus, der begrifflich auf Mary Kaldor (1999) zurückgeht und den Herfried Münkler (2002) prominent in die deutsche Forschungslandschaft eingeführt hat. Dabei setzen die einzelnen Autorinnen und Autoren dieses Theorems unterschiedliche Fokusse: So macht van Creveld vorrangig die Waffentechnologie und die Existenz atomarer Waffen für das Verschwinden des Krieges zwischen Großmächten verantwortlich, während Kriege an der Peripherie fortdauern. Kaldor betont die identitätspolitische Dimension der neuen Kriege, die die machtpolitische der alten Kriege ablöse. So werden die neuen Kriege im Namen der Identität (Nation, Stamm, Religion) geführt, wobei nationalistische oder ethnische Identitäten von Kriegsakteuren benutzt werden, um Bevölkerungsgruppen zu mobilisieren und die Diaspora zu unterstützen. Münkler (2002; 2006a, b; 2018) wiederum hebt auf drei Merkmale ab:

       die Entstaatlichung beziehungsweise Privatisierung des Krieges: Mit den neuen Kriegen habe der Staat sein Kriegsführungsmonopol verloren. So seien es zunehmend nichtstaatliche Akteure – Warlords, lokale Kriegsherren oder überregionale Kriegsunternehmer –, die das Kriegsgeschehen bestimmen und von ihm profitieren, während Staaten fast nur noch reaktiv auf Kriege reagieren.

       die Kommerzialisierung des Krieges: Die neuen Kriege führen zu einer Diffusion von Gewaltanwendung und Erwerbsleben. Münkler (2002, S.29) konstatiert: „Der Krieg wird zur Lebensform: Seine Akteure sichern ihre Subsistenz durch ihn, und nicht selten gelangen sie dabei zu beträchtlichem Vermögen. Jedenfalls bilden sich Kriegsökonomien aus, die kurzfristig durch Raub und Plünderungen, mittelfristig durch unterschiedliche Formen von Sklavenarbeit und längerfristig durch die Entstehung von Schattenökonomien gekennzeichnet sind, in denen Tausch und Gewaltanwendung eine untrennbare Verbindung eingehen.“ Dabei unterscheiden sich die Warlordfigurationen der neuen Kriege von klassischen Bürgerkriegskonstellationen. Während Letztere politisch konnotiert seien und innerstaatliche Auseinandersetzungen zur Durchsetzung politischer Interessen und Ideen darstellen, könne – so Münkler (2002, S.44) – davon „in vielen der neuen

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