Tourismus in Wirtschaft, Gesellschaft, Raum und Umwelt. Andreas Kagermeier
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3 Explorative Komponenteexplorative Komponente: kognitiv oder konativ ausgerichtet
4 Soziale Interaktionsoziale Interaktion zwischen Anbietern und Nachfragern bzw. soziales Miteinander unter den Nachfragern.
Die Qualität des Angebotes sowie der Grad der Nichtinszenierung (= Authentizität) bzw. Inszenierung (wobei das oberste Ziel der Inszenierung letztendlich die Generierung einer „Staged Authenticity“ darstellt) beeinflussen als Rahmenbedingungen des Settings die Art und die Ausprägung der jeweiligen Erlebniskomponenten. Diese werden bei der Perzeption durch die subjektive (situative) Disponiertheit und den Erfahrungshintergrund der Nachfrager, ebenso wie die daraus resultierenden Erwartungen und Images quasi „gefiltert“, sodass identische Stimuli und Settings zu individuell unterschiedlichen Erlebnissen führen (vgl. auch Kap. 2.3.2).
Insgesamt gesehen stehen die unterschiedlichen sozialwissenschaftlichen Ansätze zu Annäherung an das Konstrukt „Erlebnis“ aber trotz langjähriger Auseinandersetzung mit dem Phänomen immer noch in einem Stadium des nur sehr partiellen Verständnisses von Erlebnisgenerierung, auch im touristischen Kontext. Hier bestehen noch deutliche Forschungsdefizite.
Synopse der zentralen Dimensionen von Erlebnisgenerierung im touristischen Kontext (Quelle: eigener Entwurf)
Zusammenfassung
In diesem Kapitel wurde Tourismus als Phänomen eingeführt, das unterschiedliche Dimensionen berührt und daher von unterschiedlichen Disziplinen, die aktuell unter dem Überbegriff „Tourismuswissenschaften“ zusammengefasst werden, aus einer Vielzahl von Blickwinkeln analysiert wird. Die disziplinübergreifende, transdisziplinäre Herangehensweise ist eines der zentralen Charakteristika in diesem Arbeits- und Forschungsfeld.
Grundparadigma der tourismusgeographischen Herangehensweise ist eine integrative, übergeordnete Perspektive auf das Handeln der Menschen im Raum. Damit stellen die sozialwissenschaftlichen Ansätze zur Analyse und Deutung von menschlichem Handeln sowie das Wechselspiel desselben mit der räumlichen Umwelt die beiden Säulen der Tourismusgeographie dar.
Der Begriff Tourismus beschreibt ein Phänomen, zu dessen Grundcharakteristika Ortsveränderung, zeitliche Befristung und ein breites Spektrum an Zwecken/Motiven gehört. Die Motive für Reisen sind stark subjektiv geprägt und einem steten Wandel unterworfen.
Auch der Freizeitbegriff, verstanden als freie Dispositionszeit ist nicht vollständig intersubjektiv fassbar, sondern ebenfalls stark von subjektiven Perzeptionen der Individuen geprägt.
Die touristische Nachfrage kann als Resultat von gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen angesehen werden. Dementsprechend handelt es sich um kein statisches Phänomen. Vielmehr ist die touristische Nachfrage in einem steten Wandel begriffen, sodass die Angebotsgestaltung einem permanenten Adaptions- und Innovationsdruck ausgesetzt ist, um die Nachfrage adäquat zu adressieren.
Für die Analyse der nachfrageseitigen Dispositionen wird auf eine Reihe von sozialwissenschaftlichen Ansätzen, wie der Bedürfnispyramide von Maslow, dem Lebensstilkonzept zur Zielgruppensegmentierung oder den unterschiedlichen Ansätzen zur Deutung der Erlebnisorientierung zurückgegriffen.
Weiterführende Lesetipps
STEINECKE, Albrecht (2010): Populäre Irrtümer über Reisen und Tourismus. München
Einführung in den Tourismus der etwas anderen Art. Anhand von Stereotypen und Klischees über den Tourismusmarkt und deren Dekonstruktion wird scheinbar nebenbei und mehr indirekt eine Vielzahl an Grundlagen vermittelt. Gleichzeitig steht das Lesevergnügen im Mittelpunkt.
MUNDT, Jörn W. (2014): Thomas Cook – Pionier des Tourismus. Konstanz & München
Nicht nur eine Biographie eines der Pioniere des modernen Tourismus, sondern auch eine kritische Auseinandersetzung mit einer Legende, die dann 2019 Insolvenz anmelden musste und von der aktuell nur mehr die Marke erhalten ist und von anderen Investoren weitergeführt wird.
2 Grundlagen Nachfrageseite
Lernziele
In diesem Kapitel werden folgende Fragen beantwortet:
Welche Faktoren beeinflussten den Reiseboom in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts?
Wie haben sich die quantitativen Kenngrößen der touristischen NachfrageNachfrageseite entwickelt?
Welche Motive beeinflussen die Nachfrage nach touristischen Angaben?
Welche Tendenzen auf der Nachfrageseite lassen sich für die künftige Entwicklung erkennen?
Wie können subjektive Dispositionen auf der Nachfrageseite erfasst werden?
2.1 Quantitative Entwicklung des Volumens und der Orientierungen auf der Nachfrageseite
Angesichts der volkswirtschaftlichen Bedeutung des Tourismus erscheint es auf den ersten Blick etwas verwunderlich, dass insgesamt gesehen über touristische Aktivitäten nur relativ wenig flächendeckende und längere Zeitspannen abdeckende offizielle Zahlengrundlagen vorliegen. Von der amtlichen Statistik werden im Wesentlichen auf der Angebotsseite Daten erhoben, insbesondere die Übernachtungszahlen in gewerblichen Unterkünften (vgl. Kap. 3). Zur Nachfrageseite finden sich in der amtlichen Statistik vor allem Zahlen zu den Grenzübertritten, sprich den Einreisen von Ausländern. Diese werden von der UNWTO weltweit nach ähnlichen Kriterien zusammengestellt. Allerdings basieren auch diese Zahlen – vor allem bei Grenzübertritten ohne Visumspflicht und damit keiner zentralen Registrierung von grenzüberschreitenden Reisen, wie dies z. B. innerhalb der Europäischen Union der Fall ist – oftmals auf Schätzungen. Damit ist insgesamt gesehen, die statistische Erfassung im Bereich der Tourismuswirtschaft deutlich ungenauer als in anderen Wirtschaftsbereichen.
2.1.1 Boomfaktoren des Reisens
Die zentralen Driving Forces für die dynamische Entwicklung des Reisens in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sind übergeordnete gesamtgesellschaftliche Entwicklungstendenzen. An erster Stelle sind die ökonomische Entwicklung und die Wohlstandvermehrung in breiten Teilen der Bevölkerung sowie die technische Entwicklung – insbesondere im Transportwesen zu nennen.
Die bundesrepublikanische Gesellschaft war – wie auch diejenige der meisten sog. Industrieländer in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts von einer Zunahme der verfügbaren Einkommen in allen Teilen der Bevölkerung gekennzeichnet (vgl. Abb. 14). Der Soziologe BECK (1986, S. 122) bezeichnete dieses Phänomen der Wohlstandszunahme der gesamten Gesellschaft als „FahrstuhleffektFahrstuhleffekt“, sprich allen Teilen der Bevölkerung geht es besser, auch wenn die Unterschiede bestehen bleiben.
Reallohnentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland seit 1950 (Quelle: eigene Darstellung nach Daten