Ökologie der Wirbeltiere. Werner Suter

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Ökologie der Wirbeltiere - Werner Suter

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in den Savannen subtropisch-tropischer Gebiete in der fortgeschrittenen Trockenzeit).

      • Pflanzen wehren sich mit verschiedenen Mitteln gegen Herbivoren. Gras enthält Einlagerungen von Siliziumkristallen, die beim Kauen abrasiv wirken. Blätter von Dikotylen produzieren sekundäre Pflanzenstoffe, um ihre Verdaulichkeit herabzusetzen.

      Wirbeltiere können Zellulose (teilweise auch Hemizellulose) nicht direkt aufschließen, da ihre Zellen keine Zellulase produzieren. Dazu ist die Hilfe von Mikroben (Bakterien, Protozoen, Pilzen) nötig, die im Verdauungssystem unter anaeroben Bedingungen arbeiten und Zellulase bilden. Erst deren Fermentationsprodukte (vor allem kurzkettige und flüchtige Fettsäuren) können von den Herbivoren assimiliert werden. Lignin, ebenfalls ein Faserstoff, ist auch für Mikroben weitgehend unverdaulich. Die Aufschließung von Zellulose und Hemizellulose durch Herbivoren erfordert damit große Fermentationskammern und die Adaptierung des Verdauungssystems auf längere Retentionszeiten. Aus der Größe der Fermentationskammer der verschiedenen Herbivoren lässt sich so die Bedeutung der mikrobiellen Fermentierung für ihre Ernährung ablesen. Grundsätzlich haben sich unabhängig von der Stammesgeschichte mehrfach zwei verschiedene Strategien entwickelt, die sich in der Lage der Fermentationskammer in Bezug auf Magen und Dünndarm unterscheiden:

      1. Dickdarmfermentierer (hindgut fermenters): Fermentation findet wie bei Omnivoren im eigentlichen Dickdarm und im Blinddarm statt; diese Därme sind anders als jene der Omnivoren aber stark vergrößert und komplexer gebaut (Abb. 2.15c, 2.17). Man kann zwischen zwei Gruppen unterscheiden (Abb. 2.18):

      • Große Arten (>50 kg) fermentieren im eigentlichen Dickdarm (colonic fermenters).

      • Kleine Arten (<5 kg) fermentieren eher im Blinddarm (cecal fermenters) und sind häufig kop-rophag, das heißt, sie fressen den eigenen Weichkot und teilweise auch den Faserkot.

      2. Vormagenfermentierer (foregut fermenters): Die Fermentation ist in den Bereich des Magens vorverschoben, der sich dafür zu einem stark gekammerten System entwickelt hat. Auch bei den Vormagenfermentierern lassen sich zwei verschiedene Gruppen unterscheiden:

      • Wiederkäuer (ruminants; Abb. 2.15e, 2.17, 2.21)

      • Nicht wiederkäuende Vormagenfermentierer (Abb. 2.15d, 2.21)

      Es ist zu beachten, dass im umgangssprachlichen Deutsch mit «Nichtwiederkäuer» oft die großen Dickdarmfermentierer gemeint sind.

      Aufbau und Lage der Fermentationskammern führen zwischen Dickdarm- und Vormagenfermentierern zu Unterschieden bei der Effizienz der enzymatischen Verdauung und der Nutzung des mikrobiellen Proteins. Die chemische Effizienz der Fermentierung von Fasern ist hingegen bei den beiden Strategien ähnlich; Unterschiede beim Energiegewinn ergeben sich aus verschieden langen Retentionszeiten der Nahrung, die mit Kauen und Sortieren der Nahrung nach Partikelgröße zu tun haben. Die Vormagenfermentierer gewinnen bei langer Retentionszeit mehr Energie pro Einheit aufgenommener Nahrung als die Dickdarmfermentierer, sind aber bezüglich der Menge an Nahrung, die pro Zeiteinheit aufgenommen werden kann, stärker limitiert.

      Dickdarmfermentierer gleichen in der Funktionsweise des Magens und Dünndarms den Carnivoren und Omnivoren. Die enzymatische Verdauung, das heißt die Assimilation von Proteinen und löslichen Kohlenhydraten, geschieht im Magen und Dünndarm, während Zellulose unverdaut passiert und erst im Dickdarm und/oder Blinddarm fermentiert wird. Bei der enzymatischen Verdauung sind Dickdarmfermentierer gegenüber Vormagenfermentierern im Vorteil, da sie die Assimilationsprodukte direkt nutzen können, während bei Vormagenfermentierern die Assimilation über den Umweg der Mikroben geschieht und durch diese zwischengeschaltete trophische Stufe die Effizienz verringert wird. Die potenziellen Nachteile liegen im Umgang mit dem mikrobiellen Protein. Bei kürzerer Retentionszeit kann Faser weniger gründlich verdaut werden, und es resultiert eine geringere Ausnutzung der Zellulose. Das Protein aus den abgestorbenen Mikroben wäre für den Wirt eine nützliche Quelle von Aminosäuren, doch Dickdarmfermentierer laufen Gefahr, es zu verlieren, weil Aminosäuren nur im Dünndarm aufgenommen werden können, die Fermentationskammern jedoch dahinter liegen. Mit diesen beiden Problemen gehen die kleinen und die großen Arten unterschiedlich um.

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      Abb. 2.17 Vereinfachtes Schema des Verdauungsapparats von Dickdarmfermentierern (oben; Beispiel Pferd, Equus sp.) und Wiederkäuern (unten; Beispiel Gazelle, Gazella sp.) (Abbildung neu gezeichnet nach MacDonald D., 2001).

      Die großen Arten fermentieren hauptsächlich im eigentlichen Dickdarm, wo keine Sortierung nach Partikelgröße stattfindet. Sie erreichen oft im Vergleich zu Wiederkäuern kürzere Retentionszeiten und entsprechend geringere Freisetzung von Fettsäuren aus der Zellulose (Abb. 2.17). Andererseits ist der Prozess bei ihnen weniger energieintensiv und erlaubt dadurch die Aufnahme faserreicherer Nahrung sowie größerer Mengen pro Zeiteinheit. Der Verlust des mikrobiellen Proteins spielt für die großen Arten mit ihrem vergleichsweise niedrigen Grundumsatz keine Rolle. Zu dieser Gruppe gehören Unpaarhufer (Pferde, Nashörner, Tapire), Elefanten, Wombats (grasende Beuteltiere; Abb. 2.19) oder Seekühe.

      Für die kleinen Arten mit ihrem relativ höheren Energiebedarf (Kap. 2.1) wären der beschränkte Gewinn an Fettsäuren bei dem einfachen Durchlauf der Zellulose sowie der Verlust des mikrobiellen Proteins nicht tragbar, sodass sie einen Teil ihres Kots zur erneuten Verwertung fressen. Bei den Hasenartigen und einigen anderen Arten ist der Dickdarm mit einem Sortiermechanismus ausgestattet, der den groben Faseranteil aus dem Gemisch aus Flüssigkeit, Nahrungspartikeln und Mikroben aussondert (Björnhag 1994; Abb. 2.18). Das verfeinerte Gemisch wird mit antiperistaltischen Bewegungen zurück in den geräumigen Blinddarm befördert, wo zur Fermentation mehr Zeit zur Verfügung steht, als es im direkten Durchlauf durch den Dickdarm wie bei den großen Arten möglich wäre. Die Reste abgestorbener Mikroben werden im Dickdarm zu einem weichen Kotballen geformt und nach Austritt direkt ab Anus wieder gefressen; dadurch kann das Protein der enzymatischen Verdauung zugeführt werden. Die aussortierten Faserteile ergeben dann den «normalen» Kot in Form von trockenen, harten Bällchen (Abb. 2.27). Diese können zu Beginn der Tagesruhezeit ebenfalls nochmals aufgenommen werden. Den ganz kleinen Dickdarmfermentierern (kleinen Nagetieren) scheint dieser Trennmechanismus zu fehlen, doch können sie offenbar zwischen sehr trockenem Kot und solchem mit höherem Proteinanteil unterscheiden und nehmen dann den letzteren häufiger auf (Hirakawa 2001). Zu den koprophagen Dickdarmfermentierern gehören Hasentiere (Hase, Kaninchen etc.) und manche Nagetiere wie Ratten, Wühlmäuse oder Lemminge, Meerschweinchen (Cavia) und selbst etwas größere Arten wie Nutria (Myocastor coypus) und Wasserschwein (Hydrochaerus hydrochaeris; Hirakawa 2002). Neben einem Lemuren zählen auch verschiedene laubfressende australische Beuteltiere dazu, wobei einige größere Arten, zum Beispiel der Koala (Abb. 2.20), zwar mit Sortiermechanismus ausgestattet sind, aber auf das Kotfressen verzichten können.

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      Abb. 2.18 Verdauungstrakte eines großen (Savannenelefant, Loxodonta africana, links) und eines kleinen, koprophagen Dickdarmfermentierers (Kaninchen, Oryctolagus cuniculus, rechts) (Abbildung neu gezeichnet nach Stevens C. E. & Hume 1995).

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      Abb. 2.19 Der Wombat (Vombatus ursinus), ein südaustralisches Beuteltier, ist mit etwa 30 kg so groß, dass er es sich «leisten» kann, Grasfresser zu sein.

      Übrigens findet auch bei Vögeln die bei entsprechender Nahrung notwendige Fermentation mit einer Ausnahme (Abb. 2.23) im Blinddarm statt, der

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