Wirtschaftsgeographie. Harald Bathelt
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Abb. 4.6 Standortquotient der räumlichen Verteilung von Beratungsunternehmen in Deutschland auf Länderebene, NUTS 1 (nach Glückler 2004 b)
Abb. 4.7 Standortquotient der räumlichen Verteilung von Beratungsunternehmen in Deutschland auf Kreisebene, NUTS 3 (nach Glückler 2004 b)
Abb. 4.8 Standortquotient der räumlichen Verteilung von Beratungsunternehmen in der Metropolregion Rhein-Main auf Gemeindeebene, NUTS 4 (nach Glückler 2004 b)
4.4.2Methoden der regionalen Wachstumsanalyse
Die vorgestellten Parameter der Strukturanalyse sind zwar in der Lage, räumliche Disparitäten zu erfassen und zu beschreiben, sie sagen aber nichts über die Dynamik der räumlichen Konzentrationen und Spezialisierungen aus. Einen ersten Anhaltspunkt über Entwicklungstendenzen von Standortverteilungen erhält man, indem man die Koeffizienten der Lokalisierung und Spezialisierung zu verschiedenen Zeitpunkten berechnet und miteinander vergleicht.
Die im Folgenden in Anlehnung an Müller (1976) dargestellten Methoden der relativen Wachstums- und der shift-Analyse geben lediglich einen ersten Einblick in das reichhaltige methodische Analysespektrum. Sie gehen von einer regional und sektoral disaggregierten Wirtschaftsstruktur aus und vergleichen die Entwicklung von Standortverteilungen zwischen zwei Zeitpunkten 0 und t.
Relative Wachstumsanalyse. In der relativen Wachstumsanalyse wird die Veränderung der Sektorstruktur einer Region zwischen den Zeitpunkten 0 und t den entsprechenden Veränderungen im Gesamtraum gegenübergestellt. Zu diesem Zweck wird ein relatives Wachstumsdiagramm gezeichnet (→ Abb. 4.9), auf dessen Ordinate das Wachstum der Region und auf dessen Abszisse das Wachstum des Gesamtraums dargestellt wird (Isard 1960, Kap. 7; Müller 1976, Teil B). In dem Diagramm wird jeder Sektor j durch einen Punkt repräsentiert, dessen Lage sich aufgrund des Wachstums des Sektors in Region und Gesamtraum ergibt. Als Referenzpunkt ist der Schnittpunkt B aus dem durchschnittlichen Wachstum der Region und dem Durchschnittswachstum des Gesamtraums für die Interpretation des Diagramms von Bedeutung.
Abb. 4.9 Relatives Wachstum in räumlicher Perspektive (nach Müller 1976, S. 57)
Durch den Bezugspunkt B lassen sich vier Quadranten unterscheiden. Jeder Sektor, der im I. Quadranten liegt, ist dadurch gekennzeichnet, dass sein Wachstum sowohl innerhalb der Region als auch im Gesamtraum überdurchschnittlich verläuft. Der III. Quadrant enthält Sektoren, die in der Region wie auch im Gesamtraum unterdurchschnittlich gewachsen sind. Besonders interessant als Ausgangspunkt für wirtschaftsgeographische Fragestellungen sind die Quadranten II und IV, weil hier die Wachstumsdynamiken in Region und Gesamtraum differieren. Ein Sektor im II. Quadranten ist dadurch gekennzeichnet, dass er im Gesamtraum unterdurchschnittlich, in der Region aber überdurchschnittlich wächst. Sektoren in Quadrant IV sind entsprechend durch unterdurchschnittliches Wachstum in der Region und überdurchschnittliches Wachstum im Gesamtraum gekennzeichnet. Eine daraus abgeleitete wirtschaftsgeographische Untersuchung könnte beispielsweise der Frage nachgehen, welche Prozesse dazu führen, dass ein Sektor in einer bestimmten Region schneller oder langsamer wächst als im Gesamtraum, um Schlussfolgerungen für eine verbesserte Förderpolitik zu ziehen.
Shift-Analyse. Die shift- bzw. shift-share-Analyse geht über die relative Wachstumsanalyse insofern hinaus, als sie versucht, die regional-sektoralen Wachstumsmuster innerhalb des Gesamtraums zu identifizieren und erste Anhaltspunkte zu ihrer Erklärung zu liefern (Lauschmann 1976, III. Teil). Hierbei wird ein systematischer Vergleich der Entwicklung der Produktionsstruktur zwischen den Regionen und dem Gesamtraum durchgeführt. So untersuchte z. B. Zelinsky (1958) in einer Studie über die Regionen der USA, wie sich die regionalen Verteilungen von Bevölkerung, Nettoproduktionswert und Beschäftigung verändert haben. Hierbei unterschied er zwischen tatsächlichen und fiktiven Größen, die sich ergeben hätten, wenn regionale Anteile unverändert geblieben wären. Die Berechnung fiktiver Größen ist allen Methoden der shift-Analyse gemeinsam. Dunn (1960) hat den Ansatz der shift-Analyse weiter ausgefeilt und eine sektorale Differenzierung in die Analyse eingeführt. Er berechnete zunächst einen Gesamteffekt TNS (total net shift) für eine einzelne Region, der die Differenz angibt zwischen der tatsächlichen und der erwarteten Beschäftigtenzahl, die resultiert hätte, wenn die Zahl der Beschäftigten im nationalen Durchschnitt gestiegen wäre. Davon ausgehend wird der Gesamteffekt in der shift-Analyse in zwei Teileffekte aufgesplittet: Der Struktureffekt NPS (net proportionality shift) misst den Teil des Gesamteffekts einer Region, der auf deren vom Gesamtraum abweichende Sektorstruktur zurückzuführen ist. Der Standorteffekt NDS (net differential shift) ist demgegenüber Ausdruck der regionalen Besonderheiten, die dazu geführt haben, dass die Sektoren einer Region schneller oder langsamer als im Gesamtraum gewachsen sind (Lauschmann 1976, III. Teil; Schätzl 1994, Kap. 3.1.2; Güssefeldt 1999, Kap. I).
(1) Gesamteffekt einer Region (TNSi). Bei der Ermittlung des Gesamteffekts wird zunächst die hypothetische Beschäftigtenzahl der Region i zum Zeitpunkt t ermittelt, die sich ergeben hätte, wenn die Region mit der Wachstumsrate des Gesamtraums gewachsen wäre.
Welches der übergeordnete Gesamtraum ist, hängt dabei von der Fragestellung ab. Häufig ist bei Regionen mittlerer Größe, wie z. B. Kreisen oder Arbeitsmarktregionen, die gesamte Volkswirtschaft der Bezugsraum. Ein Gesamteffekt (in absoluten Beschäftigten) größer Null bedeutet, dass die betreffende Region im Beobachtungszeitraum insgesamt schneller gewachsen ist als der Gesamtraum. Das Umgekehrte gilt bei einem Gesamteffekt kleiner Null.
(2) Standorteffekt einer Region (NDSi). Bei der Ermittlung des Standorteffekts wird zunächst eine hypothetische Beschäftigtenzahl für die Region i ermittelt, die sich zum Zeitpunkt t ergeben hätte, wenn jeder Sektor j mit der betreffenden Wachstumsrate im Gesamtraum gewachsen wäre.
Der Standorteffekt ergibt sich dann als Differenz zwischen der tatsächlichen Beschäftigtenzahl zum Zeitpunkt t und der hypothetischen.
Ein Standorteffekt größer (kleiner) Null bedeutet, dass der Beschäftigtenzuwachs in der Region größer (kleiner) war