Tatort Ostsee. Harald Jacobsen
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Читать онлайн книгу Tatort Ostsee - Harald Jacobsen страница 18
Sophie lachte über seinen Witz. Immerhin war er gerade das erste Mal ein bisschen freundlich. »Er ist ein bisschen plump, aber er hat andere Qualitäten. Er ist gleichzeitig Biotonne und Bodyguard!«
Nachdem die Kinder im Bett verschwunden waren, setzten sie sich auf die Terrasse. Es gab diverse Antipasti und Ciabatta. Das Essen verlief überraschend harmonisch, bis Stefan nach Felix fragte.
»Und? Was macht denn dein Showmaster?«
»Schatz, das ist jetzt wirklich kein gutes Thema«, versuchte Tina ihren Mann zu bremsen.
Stefan riss die Augenbrauen hoch. »Ach nee! Ist Schluss?«
Sophie nickte langsam. »Aus und vorbei! Nach zwei Jahren Beziehung.«
Stefan zuckte mit den Schultern. »Aber Beziehung kann man das doch eigentlich nicht nennen, oder?«
»Wie soll ich es denn dann nennen? Wir waren zwei Jahre lang jede freie Minute zusammen. Wir haben gemeinsame Erlebnisse. Und fast …«
»Ich würde es Langzeitaffäre nennen!«, fiel Stefan ihr ins Wort. »Was guckst du mich so an? Zumindest habe ich nicht Vögelverhältnis gesagt.«
»Stefan!« Tina haute mit der Hand auf die Tischplatte. Die Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen.
»Ich hab doch recht! Sie war seine Geliebte. Mit ihr hat er mehr Zeit verbracht als mit seiner Frau und seinen Kindern.«
»Aha, der Herr Moralapostel! Wenn du dir über Dritte so viele Gedanken machst, dann denk doch mal an die Eltern des Unfallopfers! Bist du blöd oder einfach nur faul? Warum machst du deinen Job nicht?«
»Ihr hört jetzt sofort auf!«, ging Tina dazwischen.
»Ach, lass nur Schatz! Deine überspannte Freundin denkt sich eben Verbrechen aus! Ihr ist eben ein bisschen langweilig ohne ihren Lover!«
»Stefan!«
»Nein, lass ihn. Das hat nichts mit unserer Freundschaft zu tun. Stefan ist überfordert. Keine Ermittlung, keine Aktenberge! So kommt man auch voran bei der Polizei.«
»Was meinst du eigentlich?«
»Die Frau kann nicht angeschwemmt worden sein, das hast du doch gesehen! Und was macht ihr? Nichts! Statt der Spurensicherung kommt ein greiser Inseldoktor. Und dieses Superhirn zählt eins und eins zusammen, anstatt sie zu untersuchen. Neoprenanzug, Ostsee, muss ja ertrunken sein, das arme Ding. Und plötzlich ist er sich nicht mehr sicher? Uppsala! Ihr wisst doch nicht mal, wer sie überhaupt ist!«
»Mach dir keine Sorgen!«, zischte Stefan. »Die Kollegen haben das mittlerweile bestimmt rausgefunden.«
»Ach, wer denn? Diese Sheriffs aus Burg vielleicht?«
»Hör mal zu, du oberschlaue Kuh. Polizeihauptkommissar Larrson macht seinen Job schon lange genug, auch ohne deine Hilfe. Und dein Mordopfer liegt in der Gerichtsmedizin, okay? Such dir ein Hobby, anstatt polizeiliche Ermittlungen zu behindern. In diesem Land entscheidet immer noch der Staatsanwalt, ob die Rechtsmediziner eine Leiche in die Hände kriegen. Überlass den Job den Profis und kümmere du dich um die Magersucht von Prinzessin X oder das Baby von Model Y! Such dir doch einen neuen Kerl, wenn du dich langweilst. Van Hagen war ja schlau genug, lieber bei seiner Frau zu bleiben!« Stefan knallte sein Glas auf den Tisch und sprang auf. Sofort war das leise Wimmern vom kleinen Finn zu hören. Tina erhob sich bleich und ging nach oben. Sophie ließ ihr Gesicht in die Hände sinken. In ihren Ohren rauschte es. Sie hörte noch, wie Stefan seinen Wagen startete, dann brach sie in Tränen aus. Eine feuchte Hundenase stupste sie an. Tina musste Pelle aus dem Kinderzimmer gelassen haben. Sie wusste nicht, wie lange sie geweint hatte. Der Labrador winselte leise. »Ich bin wieder in Ordnung«, beruhigte sie ihn. »Komm, wir gehen ein paar Schritte.« Alles lief viel schlimmer, als sie es sich in den bösesten Fantasien hätte ausmalen können. Stefan und sie würden niemals Freunde werden. Sie schafften es ja nicht einmal, eine gemeinsame Mahlzeit ohne Streit hinter sich zu bringen. Aber von ihm würde sie sich nicht einschüchtern lassen. Im Gegenteil! Sie würde ihm jetzt erst recht auf die Finger schauen und in jede kleine Ecke, die er in seiner Selbstgefälligkeit übersah! Die junge Frau lag namenlos in einem Kühlschrank. Die wahre Ursache ihres Todes schien die Polizei überhaupt nicht zu interessieren. Es ging doch nur darum, herauszufinden, wer sie war, damit jemand die Leiche auf seine Kosten beerdigen ließ. Ihre armen Eltern wussten noch nicht einmal, dass sie tot war. Sophie fröstelte. Und dabei lag die geliebte Tochter in der Gerichtsmedizin in Lübeck, mausetot und kalt. Lübeck! Rechtsmedizinisches Institut! »Lutz!« Sophie zischte den Namen durch die Mittagshitze. Ja, er musste ihr helfen, ob er nun wollte oder nicht. Lutz würde immer ein bisschen Angst vor ihr haben.
Lutz Franck saß in seinem Büro und versuchte, sich auf seinen Bericht zu konzentrieren. Er hatte am Morgen die Babyleiche obduziert. Eigentlich liebte er seinen Beruf. Sein Job war sinnvoll und wichtig. Er war der Mensch, der sich mit den letzen Stunden, Minuten und Sekunden seiner toten Patienten auseinandersetzte. Oft erfuhren sie durch ihn posthum Gerechtigkeit. Aber einen winzigen Körper aufzuschneiden und einen Schädel aufzuklappen, der nicht größer war als eine Pampelmuse, das machte ihm zu schaffen. Das Baby hatte nicht nur ein sehr kurzes, es hatte auch ein grauenvolles Leben gehabt. All diese Frakturen! Lutz raffte sich auf. Er hatte einen Neuzugang und der Staatsanwalt wollte, dass er sich die Leiche mal anschaute. Als sein Handy klingelte und er auf das Display sah, war er wirklich erstaunt. Sophie? Nichts Gutes ahnend, nahm er das Gespräch an. »Lange nichts von dir gehört, nur gelesen!«
»Du liest die ›Stars & Style‹? Hallo Lutz! Freut mich zu hören, dass auch Intellektuelle Klatschblätter lesen.«
»Was gibts?«, fragte er vorsichtig.
»Ich brauch deine Hilfe!«
Nein, nicht das! Lutz knurrte leise. Wenn er einen Prominenten in der Kühlkammer hatte, wusste er davon nichts und er hatte auch keine Lust auf Stress. Auf der anderen Seite war ihm natürlich bewusst, dass er ihr nichts abschlagen konnte. Sophie wusste von seinem Betrug, außer dem Ghostwriter natürlich. Es war eben viel bequemer, sich seine Doktorarbeit schreiben zu lassen. Durch einen dummen Zufall hatte sie damals Wind von der Sache bekommen. Nicht, dass sie es je wieder erwähnt hätte, aber vergessen würde sie die Geschichte niemals. Sie hatte die Möglichkeit, ihn gründlich in Schwierigkeiten zu bringen.
»Lutz? Bist du noch dran?«
»Nein!«, knurrte er. »Was soll ich für dich tun?«
»Mach die Kühltruhe auf!«
»Vergiss es! Wir haben keinen Promi, keinen Royal, oder was dich sonst so interessieren könnte!«
»Ihr habt eine Wasserleiche!«
»Wir haben sogar drei! Welche darf es denn sein?«, fragte er ironisch.
»Lutz, es ist wichtig! Eine junge Frau, die auf Fehmarn angeblich angeschwemmt wurde. Groß, blond …«
»Ja?«
»Irgendetwas stimmt da nicht!«
Sophie schien es ernst zu sein. »Geht es um eine Story?«
»Was? Nein! Ich habe sie gefunden, na ja, eigentlich mein Hund. Die Sache ist irgendwie merkwürdig und ich habe da so ein mulmiges Gefühl.«