Tatort Ostsee. Harald Jacobsen

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Tatort Ostsee - Harald Jacobsen

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Sogar seine furchtbare Samstagabendshow hatte sie sich im Fernsehen angesehen. Was solls, hatte sie sich gesagt, es ist doch nur ein Essen. Der Abend war traumhaft. Felix hatte sie später gefragt, ob sie noch auf einen Schlummertrunk mit in seine Suite kommen wolle. Natürlich hätte sie nein sagen müssen. Sie würde ihren Ruf ruinieren und außerdem war Felix van Hagen ein verheirateter Mann. Doch als er ihr tief in die Augen gesehen hatte, war sie wie hypnotisiert. Als Felix die Tür der Suite geschlossen hatte, war es, als habe er die ganze Welt ausgesperrt. Sie waren allein und nichts und niemand zählte mehr. Schluss damit! Diese Bilder gehörten zu einem anderen Leben. Entschlossen setzte Sophie sich auf und sah sich um. Pelle stürmte zu ihr. »Igitt! Aus! Du bist ja klatschnass und voller Sand. Jetzt guck mal, wie ich aussehe! Wie ein Wiener Schnitzel!« Sophie sah auf die Bucht. Die drei jagten noch immer über die Wellen. Ihre Sprünge wurden noch waghalsiger. Der rote Schirm gehörte diesem Ben. Er schien der Wildeste zu sein. Ein paarmal flog er kopfüber meterhoch über das Wasser. Das war wirklich ein rasanter Sport. Sophie merkte, dass sie sich auf den morgigen Tag freute. Ihr war klar, dass diese Verrückten jahrelang trainiert hatten, um so eins zu sein mit den Kräften der Natur, doch das war ihr egal. Sie wollte ja kein Profi werden. Allein den Kite in der Luft zu halten und an der frischen Luft ihre Kräfte zu messen, war genau die Therapie, die sie brauchte, eine Art Powerablenkung. Und dann gab es ja noch etwas, um das sie sich zu kümmern hatte. Das Geheimnis der Toten vom Strand.

      Ben landete seinen Schirm sanft am Strand und ging schnell an Land, um ihn mit Sand zu beschweren, damit er vom Wind nicht fortgerissen werden konnte. Die Blondine war immer noch da, wunderte er sich. Olli und Clara waren jetzt ebenfalls dabei, ihre Kites zu fixieren.

      »Was hab ich euch gesagt?«, fragte Clara grinsend. »War doch ne gute Idee aufs Wasser zu gehen, oder? Ihr solltet der armen Sarah für den freien Tag dankbar sein!«

      Ben sah sie wütend an. »Es reicht!«, zischte er böse.

      Clara zog sich eine Sweatshirtjacke über und fröstelte. »Habs nicht so gemeint! Ich halt jetzt meine Klappe.«

      Er sah Clara tief in die Augen. Seine Lippen formten einen stummen Satz. »Ich warne dich!«

      Clara hatte ihn verstanden. Jedes Fünkchen Sarkasmus wich aus ihrem Gesicht. Sie packte ihren Kram zusammen und ging, ohne sich zu verabschieden. Clara würde Olli nicht auch noch wehtun. Darauf konnte er sich verlassen.

      »Sie hat tatsächlich nichts mehr gesagt«, stellte Olli verwundert fest. »Bist du soweit?«

      Ben nickte. Zusammen brachten sie ihre Ausrüstung zurück in die Schuppen. »Noch ein Bierchen am Strand?«

      Olli schüttelte den Kopf. »Ich hatte wirklich genug! Ich hau mich hin, guck noch ein bisschen Fernsehen oder so. Ich … ich muss ein bisschen allein sein. Wir sehen uns morgen.«

      Ben nickte und öffnete den Kühlschrank. Dann würde er sich eben allein noch ein Bier gönnen. Plötzlich hatte er eine Idee. Er griff ein zweites Bier und ging an den Strand. Der braune Labrador kaute an einem Stück angeschwemmtem Holz. Als er Ben sah, sprang er begeistert auf ihn zu. »Kümmert sich dein Frauchen nicht um dich?«, fragte Ben übertrieben besorgt. Der Hund bellte zustimmend. Ben lachte und ging zu Sophie. Sie schlief. Er sah sie eine Weile an. Sie war wirklich verdammt sexy. Ben räusperte sich. Sophie rieb sich müde die Augen und sah ihn verwirrt an. »Ich dachte, du könntest ein Bier vertragen! So ganz allein«, sagte Ben grinsend.

      Sie setzte sich auf und gähnte. »Ich bin nicht allein. Ich habe Pelle.«

      »Der sich um dieses Stück Holz da kümmert, anstatt auf Frauchen aufzupassen!« Er reichte ihr die Flasche und ließ sich in den warmen Sand fallen. Sie tranken schweigend ein paar Schlucke.

      »Ich habe euch zugesehen«, erklärte sie, als müsste sie sich rechtfertigen. »Beeindruckend!«

      »So beeindruckend, dass du gleich weggepennt bist?«

      »Es ist doch mein erster Urlaubstag. Und ich bin ein gestresstes Mädchen.«

      »Gestresstes Mädchen?« Ben grinste. »Und wovon ist das arme Mädchen so gestresst?«

      »Von der Arbeit, Beachboy!«

      »Beachboy? Drollig! Aber mal im Ernst, was machst du? Wo kommst du her? Oder wie wir hier sagen, wo bist du denn wech?«

      Sophie lachte und kraulte ihrem Hund das Ohr. »Aus Hamburg. Ich bin Journalistin.«

      »Und du schreibst mit großer Begeisterung über die Schönheit der Ostsee. Oder über Krabben? Schafe?« Plötzlich zuckte er zusammen. Sie war gestern auch am Strand gewesen, zusammen mit der Polizei. »Nicht über Wasserleichen, oder?«

      »Wasserleichen? Nein, ich schreibe hier gar nichts. Ich mache Urlaub bei einer Freundin. Und ich habe mir vorgenommen, mal richtig sportlich zu sein.«

      »Klar! Schlafen am Strand ist immer noch die effektivste Methode, Kondition und Muskeln zu trainieren.« Sie lächelte zustimmend. »Und deine Freundin?«, fragte Ben weiter. »Macht die auch mit bei dem Kurs?«

      Sophie lachte gurrend. Ihm gefiel dieses Lachen. Es war warm und kam von Herzen. »Sie hat drei kleine Kinder. Ihr jüngster Sohn ist gerade vier Monate alt.«

      »Dann hat sie wohl keine Zeit!«

      »Nein!« Sophie lachte noch immer. »Außerdem ist sie fit wie ein Turnschuh. Sie kann gleichzeitig Essen kochen, Streit schlichten, das Haus renovieren, Windeln wechseln, eine tolle Freundin sein und noch so sieben Dinge mehr.«

      »Warum hat sie keine eigene Show in Las Vegas?«

      »Gute Frage! Ich glaube, die Konkurrenz ist ziemlich groß. Und du? Bist du von hier?«

      »Ursprünglich ja.« Er wurde wieder ernst. »Ich war zwischendurch vier Jahre weg. Bin erst seit ein paar Monaten zurück.«

      »Und wo warst du?«

      Eigentlich sprach er nicht über seine Vergangenheit. »Ich habe auf Phuket in einer Surfschule gearbeitet. Na ja, und nun bin ich wieder hier.«

      »Phuket! Wie bist du denn da gelandet? Und, viel interessanter, wieso verlässt man einen so schönen Fleck wieder und zieht zurück in den kalten Norden Deutschlands?«

      Ben leerte sein Bier in einem Zug. Sophie war nicht nur schön, sondern auch ziemlich schlau. Sie hatte ihm die wesentliche Frage gestellt. Aber er würde sie nicht beantworten. »Ich hatte meine Gründe.«

      Tina stand am Küchentresen und bestrich Brote mit Leberwurst. Das Genörgel der Kinder machte sie langsam wahnsinnig.

      »Jetzt ist Pelle mal bei uns zu Besuch, aber er ist nie da!«, klagte Antonia.

      »Pelle hat eben Ferien. Da muss er doch auch mal am Strand spielen dürfen, oder? So, und nun setzt euch!«

      Während die Kinder aßen, bereitete Tina das Abendessen vor. Es würde frische Schollen geben. Der Kartoffelsalat war so gut wie fertig. Noch ein bisschen Salz fehlte. Sie wollte gerade nach dem Streuer greifen, als die Tür aufflog. Pelle stürmte in die Küche.

      »Pelle!« Die Kinder sprangen von den Stühlen und stürzten sich auf den Hund.

      »Sorry, wir sind ein bisschen spät dran«, entschuldigte sich Sophie. »Ich wollte dir doch helfen!«

      Tina winkte

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