Hat China schon gewonnen?. Kishore Mahbubani
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Betrachtet man also, mit welchem Engagement sich amerikanische Unternehmen in der Vergangenheit für ein gutes Verhältnis zwischen China und USA eingesetzt haben, ist es wirklich schockierend, was geschah, als Präsident Donald Trump im Januar 2018 überraschend einen Handelskrieg gegen China vom Zaun brach: In der amerikanischen Unternehmenswelt wurden keine einflussreichen Stimmen laut, die versuchten, ihn davon abzubringen. Im Grunde gab es in Amerika praktisch überhaupt keine Stimmen, die versuchten, Trump von seinem Vorhaben abzubringen. Stattdessen stellte Trump (möglicherweise zu seiner eigenen Überraschung) fest, dass er für sein Vorgehen breite und weitreichende überparteiliche Rückendeckung erhielt. Selbst führende Demokraten hießen den Schritt gut. Senator Chuck Schumer sagte: „Wenn es darum geht, wie hart man gegen Chinas Handelspraktiken durchgreift, stehe ich Trump näher als Obama oder Bush.“12 Die Kongressabgeordnete Nancy Pelosi sagte: „Die Vereinigten Staaten müssen gegen Chinas schamlos ungerechte Handelspolitik stark, klug und strategisch vorgehen. Es ist noch deutlich mehr vonnöten, um die ganze Bandbreite von Chinas schlechtem Verhalten abzudecken.“13 Selbst ein gemäßigter und moderater Kommentator wie Thomas Friedman sprach Trump seine Unterstützung aus. Friedman stimmte mit Trump darin überein, dass sich China nicht an die Regeln gehalten habe, und schrieb: „Aus diesem Grund lohnt es, sich auf diesen Kampf einzulassen. Die Tatsache, dass Trump diesen Angriff anführt, sollte nicht davon ablenken, wie wichtig es ist, dass sich die USA, Europa und China auf dieselben Regeln für 2025 einigen – bevor es wirklich zu spät ist.“14
Erstaunlich in diesem Zusammenhang ist, dass die amerikanischen Handelskammern in Schanghai und Peking ihr Leid 2018 öffentlich beklagten. Die amerikanische Handelskammer in Schanghai schrieb 2018 in ihrem China Business Report: „Die Teilnehmer der Befragung glauben, dass die Politik der chinesischen Regierung einheimische Unternehmen begünstigt (54,5 Prozent). 60 Prozent der Befragten sagten, Chinas regulatorischem Umfeld mangele es an Transparenz und es sei keine Verbesserung gegenüber dem Vorjahr festzustellen. Fehlender Schutz geistigen Eigentums und Durchsetzung entsprechender Bestimmungen (61,6 Prozent), der Erwerb erforderlicher Lizenzen (59,5 Prozent) sowie Datensicherheit und Schutz von Geschäftsgeheimnissen (52 Prozent) stehen ganz oben auf der Liste regulatorischer Hindernisse.“
Im selben Bericht heißt es auch: „Obwohl unsere Mitglieder vergleichsweise optimistisch sind, blicken sie doch verhalten in die Zukunft. Die staatliche Beschaffungspolitik bevorzugt weiterhin einheimische Unternehmen und könnte sogar strenger werden, wenn ‚Made in China 2025‘ und andere politische Initiativen eine Einkaufspolitik festschreiben, bei der einheimische Unternehmen an erster Stelle kommen. In strategisch wichtigen Geschäftsfeldern verspüren amerikanische Unternehmen Druck, sich auf einen Technologietransfer einzulassen. Diese Politik und diese Praktiken fachen wiederum eine Nachfrage nach Gegenseitigkeit im Handelsverhältnis zwischen USA und China an, auch wenn unsere Mitglieder grundsätzlich die Verwendung von Strafzöllen als Vergeltungsmaßnahme ablehnen.“15
Am negativsten wird der Bericht, wenn es darum geht, wie viele ausländische Unternehmen (eingeschlossen die amerikanischen) sich beim Geschäftemachen in China schikaniert fühlen. Es heißt dort:
„Die jüngsten Spannungen im amerikanisch-chinesischen Handel warfen ein Schlaglicht auf viele Schieflagen in der Handelsbeziehung, unter anderem den Mangel an Gegenseitigkeit bei grenzüberschreitenden Investitionen, Chinas Umgang mit staatlich finanzierter Industriepolitik und den Druck zum Technologietransfer als Preis für die Teilnahme am chinesischen Markt. Wenige Unternehmen werden öffentlich einräumen, unter diesem Druck zu stehen, aber in unserer Umfrage gaben 21 Prozent der Unternehmen an, derartigen Druck verspürt zu haben, insbesondere in Industriezweigen, die China als strategisch wichtig erachtet – Luftfahrt (44 Prozent) und Chemie (41 Prozent) sahen sich beträchtlichem Druck ausgesetzt, was die Besorgnis der aktuellen US-Regierung über diese ‚Pay to Play‘-Taktik in technologielastigen Branchen bestätigt.“16
Dass ein derart lauter Chor amerikanischer Stimmen Trumps Anschuldigungen gegen China unterstützt, kann als eindrucksvolle Bestätigung dafür gewertet werden, dass China einen schweren strategischen Fehler begangen hat. Was also ist da schiefgelaufen? Hat die chinesische Regierung auf oberster Ebene beschlossen, die amerikanische Geschäftswelt zu ignorieren? Oder haben eine Unzahl von Entscheidungen vor Ort dazu geführt? Mindestens drei Faktoren haben zentral zu dieser Entfremdung beigetragen: die vergleichsweise große politische Autonomie der Provinz- und Stadtverwaltungen, der Hochmut, den China nach der globalen Finanzkrise von 2008/9 verspürte und die vergleichsweise schwache zentrale Führung in den 2000er-Jahren.
Die Nullerjahre waren ein Jahrzehnt außerordentlich raschen Wirtschaftswachstums. Chinas Wirtschaft wuchs im Schnitt um 10,29 Prozent jährlich und viele ausländische Unternehmen verdienten sehr viel Geld.17 Die Unternehmen klagten zwar über unfaire Praktiken, waren aber bereit, dies zu ertragen, weil im Gegenzug außergewöhnliche Gewinne lockten. Die Parteiführung beging in den 2000er-Jahren einen großen Fehler, als sie nicht sorgfältig darauf achtete, wie die Provinzen und Städte mit ausländischen Investoren umgingen. Andererseits: Selbst wenn Peking das hätte tun wollen, stößt das Zentrum doch auch an Grenzen, wenn es darum geht, wie stark es den Alltag kontrollieren kann. Ein bekanntes chinesisches Sprichwort besagt: „Die Berge sind hoch und der Kaiser ist weit.“ (shān gāo, huáng di yuăn,
Der CEO eines großen europäischen Unternehmens erzählte mir, seine Firma sei mit einem chinesischen Unternehmen eine feste Vereinbarung eingegangen, wonach man nach Ablauf von fünf Jahren das chinesische Unternehmen zu einem festgesetzten Preis würde kaufen können. Die Frist lief ab und das europäische Unternehmen wollte wie vereinbart das chinesische aufkaufen, aber die Chinesen weigerten sich. Das europäische Unternehmen erhob Klage vor Ort und wandte sich an die Provinzbehörden, aber alles vergebens. Da der europäische CEO in Peking gut vernetzt war, versuchte er, in der Hauptstadt Unterstützung zu finden. All seine Bemühungen blieben ohne Erfolg, stattdessen ermutigte man ihn, dem chinesischen Unternehmen, obwohl es doch einen vermeintlich bindenden Vertrag gab, zur „Schlichtung“ einen höheren Kaufpreis anzubieten.
Von europäischen Handelskammern, die in China aktiv sind, hört man ähnliche Beschwerden wie von ihren amerikanischen Kollegen. In seinem Buch „Red Flags“ aus dem Jahr 2018 beschreibt George Magnus, wissenschaftlicher Mitarbeiter am China Centre der Universität Oxford, wie China einen gewaltigen politischen Fehler beging, als es ignorierte, wie überzeugt führende Persönlichkeiten in Amerika davon waren, dass China in weiten Teilen seiner Wirtschaftspolitik unfair agiert – indem es beispielsweise Technologietransfer einfordert, geistiges Eigentum stiehlt und nichttarifliche Handelshemmnisse aufwirft.
„Die USA haben gegen China (in diesem Bereich) sehr starke Argumente“, schreibt Magnus.18 Er schildert, wie China 2006 einen Technologie-Entwicklungsplan aufstellte, der dafür sorgen sollte, dass „China bis 2020 zur Technologiemacht wird und bis 2050 eine globale Führungsrolle einnimmt“. Zu diesem Zweck sollte die „einheimische Innovation“ gefördert werden, „doch im Laufe der Zeit wurde, insbesondere für ausländische Unternehmen, einheimische Innovation gleichbedeutend mit unterschiedlichen Formen von Protektionismus und Günstlingswirtschaft für einheimische