Öffentliches Recht im Überblick. Volker M. Haug
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Dem (Minister-)Rat gehört pro Mitgliedstaat ein nationaler Regierungsvertreter auf Ministerebene an, der für sein jeweiliges Land verbindlich entscheidet und damit auch die Verantwortung dafür gegenüber dem Parlament und der Bevölkerung seines Staates übernimmt (Art. 16 II EUV). Je nach Thema und politischem Sachgebiet variiert die konkrete Besetzung des (Minister-)Rates (Art. 16 VI UA 1 EUV). Denn welcher Minister sein Land im (Minister-)Rat repräsentiert, hängt von der jeweiligen Ressortzuständigkeit ab. Geht es um Finanzfragen, besteht der (Minister-)Rat aus den Finanzministern der EU-Staaten, sind dagegen Umweltthemen betroffen, treffen sich im (Minister-)Rat die nationalen Umweltminister. Insofern tritt der (Minister-)Rat in (derzeit zehn) verschiedenen „Ratsformationen“ als jeweilige Fachministerkonferenz auf. Eine gewisse Koordinierung der verschiedenen Ratsbesetzungen erfolgt durch die Ratsformation „Rat Allgemeine Angelegenheiten“, in den die meisten Staaten ihren Außen- oder Europaminister entsenden (Art. 16 VI UA 2 EUV).
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Bei Fragen, für die in Deutschland ausschließlich die Länder zuständig sind, wird Deutschland im (Minister-)Rat durch einen fachlich zuständigen Landesminister (den der Bundesrat bestimmt) repräsentiert (Art. 23 VI GG). So wirkt zum Beispiel bei Fragen der schulischen Bildung ein Landeskultusminister (und nicht etwa die Bundesbildungsministerin) im (Minister-)Rat mit.
aa) Vorsitz
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Der Vorsitz des (Minister-)Rates wird im Regelfall von einem Mitgliedstaat – in allen Ratsformationen – für die Dauer von sechs Monaten wahrgenommen (sog. „Ratspräsidentschaft“).[22] Eine besondere Ausnahme gilt für den Rat „Auswärtige Angelegenheiten“, bei dem der Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik den Vorsitz dauerhaft führt (Art. 18 III EUV). Dem Vorsitzenden obliegt insbesondere die Koordinierung, Organisation und Moderation der Ratstätigkeiten und die interinstitutionelle Außenvertretung gegenüber Kommission und EP.
bb) Mehrheitserfordernisse
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Für die Beschlüsse des (Minister-)Rates gibt es (im Wesentlichen[23]) drei verschiedene Mehrheitsbegriffe:
Abbildung 15: Mehrheitsbegriffe bei Ratsbeschlüssen (EU)
Mehrheitsbegriff | Anforderungen | Anwendungsbereich |
---|---|---|
einfach | Absolute Mehrheit der Mitglieder, also 14 bei 27 stimmberechtigten Mitgliedern; Stimmenthaltungen wirken wie Nein-Stimmen. | Eher technische Fragen wie Geschäftsordnung (Art. 240 III AEUV), aber auch bei Amtsenthebungsanträgen gegenüber Kommissionsmitgliedern (Art. 245 II AEUV).[24] |
qualifiziert | Mitglieder- und Bevölkerungsquorum (vgl. nachfolgenden Absatz) | Regelfall gem. Art. 16 III EUV |
einstimmig | Keine Gegenstimme (Enthaltungen sind unschädlich, Art. 238 IV AEUV) | Besonders wichtige Fragen wie z.B. Mitgliederaufnahme (Art. 49 EUV) |
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Die sog. „qualifizierte Mehrheit“ gem. Art. 16 IV EUV setzt eine doppelte Mehrheit voraus:[25]
– | Zum einen müssen 55 % der Mitglieder (also der Staaten) dafür sein, also bei derzeit 27 Mitgliedern mindestens 15 (Staatenquorum). |
– | Zum anderen müssen diese Staaten mindestens 65 % der Gesamtbevölkerung der EU repräsentieren (Bevölkerungsquorum), oder eine Mehrheit von mindestens 24 Staaten bilden.[26] |
Erfolgt der Beschluss nicht auf Vorschlag der Kommission oder des Hohen Vertreters der Union für Außen und Sicherheitspolitik, erhöht sich das Staatenquorum auf 72 % der Ratsmitglieder, also auf 20 der 27 Mitglieder (Art. 238 II AEUV).
aa) Koordinierung
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Die Stellung des (Minister-)Rates als „Herzstück“ des EU-Institutionengefüges wird vor allem dadurch erkennbar, dass bei ihm – unbeschadet der übergeordneten Führungsrolle des Europäischen Rates – im „politischen Alltag“ sozusagen die Fäden zusammenlaufen. Denn der (Minister-)Rat ist für die Festlegung und Koordinierung der EU-Politik zuständig (Art. 16 I EUV). Dies gilt nicht nur für die EU-Organe, sondern betrifft auch die Koordination der Wirtschaftspolitik der einzelnen Mitgliedstaaten (Art. 5 I UA 1 AEUV). Hier liegt eine starke exekutive Tätigkeit des (Minister-)Rates.
bb) Rechtssetzung
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Die Stellung des (Minister-)Rates bei der Rechtssetzung korrespondiert mit der bereits dargelegten Rolle des EP (s.o., Rn. 109 ff.). So kommt ein Rechtsakt im Ordentlichen Gesetzgebungsverfahren gem. Art. 289 I AEUV nur durch eine „gemeinsame Annahme“ von (Minister-)Rat und EP zustande, weshalb hier beide Organe gleichgewichtig beteiligt sind (näher zum Verfahren s.u., Rn. 217 ff.).
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Beim Besonderen Gesetzgebungsverfahren gem. Art. 289 II AEUV ist dies jedoch anders. Hier liegt der Erlass des Rechtsaktes entweder beim EP oder beim (Minister-)Rat mit jeweiliger Mitwirkung des anderen Organs. Allerdings bedürfen Gesetzgebungsakte des Parlaments, die ohnehin nur einen sehr engen Anwendungsbereich im Bereich des Parlamentsrechts haben, stets der Zustimmung des (Minister-)Rates (s.o., Rn. 115). Demgegenüber hat das EP bei Gesetzgebungsakten des (Minister-)Rates, die die Verträge an zahlreichen Stellen und in politisch wichtigen Fragen vorsehen,[27] meistens nur ein Anhörungsrecht.[28] Hieraus ergibt sich die noch bestehende Schieflage zwischen den beiden Gesetzgebungsorganen zugunsten des (Minister-)Rates als stärkeres Legislativorgan.
cc) Budget
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Wie