Robins Garten. Marc Späni

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ihrem Tisch brannten Kerzen in einem silbernen Leuchter, nur sie tranken den Rotwein aus grossen Kristallgläsern. Wahrscheinlich war es das, was die Blicke der anderen Gäste auf ihren Tisch zog. Auch die Tatsache, dass Grossmutter, Eckert und Strahm ständig Blicke austauschten, als wollten sie sich gegenseitig das Stichwort zu irgendetwas geben, liess ihn aufmerken. Etwas stimmte doch nicht. Er bewegte sich unruhig auf seinem Stuhl hin und her, und als sich Grossmutter räusperte und das Wort ergriff, wusste er, an ihrem Tonfall, am Schweigen der beiden anderen, dass jetzt mit Sicherheit etwas Unangenehmes kam.

      Die Besorgungen seien nicht der einzige Grund gewesen, ihn hierher zu bestellen, begann die alte Dame.

      Florian wischte sich den Mund ab und legte die Serviette hin.

      Sie hätten, und damit meinte sie wohl die ganze Tischgesellschaft, sie hätten diesen Nachmittag über dieses und jenes geredet, und sie hätten bei dieser Gelegenheit erforschen wollen, wo Florian stehe.

      Dieser runzelte die Stirn und schluckte leer.

      Welchen Standpunkt er zu gewissen Dingen hätte.

      Florian wurde bleich.

      Danach listete sie Punkt für Punkt einzelne Aussagen auf, die er im Verlauf des Nachmittags gegenüber dem einen oder anderen gemacht hatte. «Wir sind uns einig darüber, dass Familienbande von keiner anderen Verbindung an Bedeutung übertroffen werden können und es eine Pflicht über dem Gesetz ist, Familienmitgliedern in Not zu helfen.»

      Florian nickte unsicher.

      «Ebenfalls hast du beigepflichtet, dass alte Leute als besonders schutzbedürftig gelten und deren Unterstützung eine ethische Pflicht ist, die in Extremsituation ebenfalls über dem Gesetz zu stehen hat. Du bist weiter mit uns einig, dass ziviler Ungehorsam in ausserordentlichen Situationen legitim sein kann.»

      Mit jedem Punkt wurde der Enkel bleicher, und sein Herz klopfte schneller.

      «Du gehst mit uns einig, dass der Drang nach einem eigenen Stück Boden ein archetypisches Menschenrecht darstellt. Und dass der mutwillige Diebstahl von Grund und Bodens ein grober Verstoss gegen die Menschenwürde ist.»

      Es schien Florian, als sei der ganze Speisesaal verstummt und ein grosser Truthahn lese ihm in einem grotesken Gerichtsverfahren die Anklagepunkte vor.

      «Du hast selber gesagt, dass das Einstufungsverfahren deiner Versicherung nur äusserlich objektiv ist, ja genaugenommen einer grossen Willkür untersteht. Du hast uns anvertraut, dass du die Möglichkeit hast, in das System einzudringen.»

      Er wusste, worum es ging, noch bevor sie es sagte, und als sie es schliesslich ausgesprochen hatte – unter den musternden Blicken von Eckert und Strahm – war er dennoch so schockiert, dass er nur leer schluckte.

      Dann entspannte sich Grossmutter, räusperte sich und meinte beschwichtigend, es liege natürlich in seinem Ermessen, niemand wolle ihn zu etwas zwingen. Es wurde Kaffee bestellt, die Gespräche an den anderen Tisch gingen weiter. Über die ungeheuerliche Forderung wurde kein weiteres Wort verloren. Zum Kaffee gab es Gebäck und Schokoladetäfelchen. Die Uhr im Speisesaal, die mit der Wand leicht hin und her schwankte, zeigte ungefähr fünf vor oder nach halb acht.

      Draussen an der frischen Luft, unter dem Sternenhimmel, spürte Florian erst die Hitze in seinem Kopf, das Sausen in den Ohren und die Übelkeit in der Magengegend. Sie hatten ihn regelrecht abgefüllt da drinnen! Er blickte zurück zum dunklen Kasten, hinter dessen hohen Bogenfenstern sie nun wohl Manöverkritik übten, die drei. Ein Auto fuhr langsam heran, und in einer eigentümlich übersteigerten Aufmerksamkeit stellte Florian unverzüglich fest, dass es sich beim Fahrer um den Vater Wettlinger handelte. Florian wollte diesen Menschen in diesem Moment, in dieser Verfassung auf keinen Fall kennen. Der andere hatte aber bereits das Fenster heruntergelassen und fuhr im Schritttempo neben ihm her.

      «Florian?»

      Kurz darauf sass Florian auf dem Beifahrersitz, der mit einem künstlichen Schaffell gepolstert war. Es war stickig und roch nach Alkohol, er wusste nicht, ob von ihm oder von Wettlinger. Er hatte völlig vergessen rechtzeitig den Bus zu bestellen und daher das Angebot des ehemaligen Nachbarn, ihn bis zu den Fünf Dörfern zu fahren, nicht ausschlagen können.

      «Und, wie geht’s der Grossmutter?»

      Florian erzählte von seinem Besuch, ganz allgemein nur, danach war wieder Stille. «Und was macht der Jürg?», fragte er nach einer Weile seinerseits. Wettlingers Sohn hatte Florian ebenfalls Jahre nicht mehr gesehen.

      «Dem geht’s gut …», meinte er und begann mit einer Hand im Handschuhfach etwas zu suchen, während der Wagen in einem leichten Slalom und für Florians Begriff recht schnell in der Mitte der Strasse fuhr.

      Das Gespräch führt nirgendwo hin, dachte Florian. «Verrückt, die Sache mit den Überfällen! Wie geht ihr hier oben damit um?»

      Wettlinger hatte endlich das Bonbon, nachdem er gesucht hatte, im Mund und fuhr wieder etwas ruhiger, wenn auch immer noch schnell und mitten auf der Fahrbahn. «Diese Jugendbanden! Das ist doch das Letzte!» Er riss das Steuer herum und erwischte die nächste Kurve gerade noch, während Florians Magen immer stärker gegen den dynamischen Fahrstil rebellierte. «Da müsste man mit anderen Mitteln vorgehen, sag ich dir. In anderen Ländern hätte das schon lange ein Ende.»

      Florian konzentrierte sich darauf, dass sein Mageninhalt dort blieb, wo er hingehörte.

      «Und wie läuft’s bei dir, bei der Versicherung?», fragte Wettlinger und steckte sich ein weiteres Bonbon in den Mund.

      «Ganz gut, immer der gleiche Trott halt, nicht immer spannend, aber man muss ja etwas tun.»

      Wettlinger nickte und schwieg wieder. Er ist alt geworden, dachte Florian, aber nicht alt wie die Alten in der Residenz, eher verbraucht, zu früh verbraucht. Dann musste er sich wieder auf den Mittelstreifen konzentrieren, um sich nicht zu übergeben. Es war nicht gerade förderlich, dass dieser sich unregelmässig vor der Wagenmitte hin- und herbewegte. Auf die Abstufung wollte Florian nicht zu reden kommen, und ein anderes Thema kam ihm nicht in den Sinn. Wettlinger schien die Gesprächspause beenden zu wollen, indem er mit Höchstgeschwindigkeit die Serpentinen hinunterraste, vor jeder Kurve abbremste und in der Kurve voll beschleunigte, sodass sich Florians Mageninhalt bereits bis in die Halsgegend hochgearbeitet hatte. Dann endlich die Siedlungen, die Station. Erleichterung im Wagen.

      Als Florian etwas unsicher ausgestiegen war, lehnte sich Wettlinger aus dem geöffneten Fenster und rief ihm etwas nach, etwas von Erwartungen, die er doch nicht enttäuschen würde.

      Er wusste es also auch schon! Florian winkte nur dankend zurück, als habe er nichts gehört, stolperte zur erstbesten Bank und liess sich auf den Betonquader fallen. Die nächste Viertelstunde blickte er starr geradeaus und fixierte ein kleines Leuchtsignal neben den Gleisen. Bis der Zug kam, hatte sich sein Magen einigermassen beruhigt und dafür einem peinvollen Blasendruck Platz gemacht.

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