Theater in Afrika II - Theaterpraktiken in Begegnung. Группа авторов
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Foto: Moïse Pak
Die Premiere fand am 10. Dezember 2016 statt und wurde in und rund um Lomé mehrmals aufgeführt. Mit dem Ziel, das Projekt auch auf die abgelegeneren Regionen auszudehnen, wurde das Stück im März und April des Jahres 2019 wiederaufgenommen und ging auf Tournee. Die Reise führte weit in den Norden Togos, Spielorte waren ausschließlich Straßen und öffentliche Plätze in den größeren Städten Sokodé, Sotouboua, Atakpamé, Kpalimé, Assahoun und Lomé. An den einzelnen Orten fand eine enge Zusammenarbeit mit den lokalen Ansprechpartnern statt, was für die Mobilisierung und Generierung von Aufmerksamkeit auf das Theaterstück von zentraler Bedeutung war, genauso wie für die Akquise der Kinderstatist*innen. Über die Arbeit mit den Kindern kamen auch die Eltern in Kontakt mit dem Projekt und wurden zu interessierten Zuschauer*innen. Zu Beginn der Vorstellungen bestand das Publikum meist nur aus einigen wenigen Personen, im Verlauf der Aufführung wurden sukzessive Bewohner*innen und Passant*innen aus der unmittelbaren Umgebung aufmerksam – gegen Ende der Vorstellung hatten sich jedes Mal mehrere hundert Personen als Publikum versammelt.
Sokodé, 02. April 2019
Immer wieder spähe ich im Off durch die Bastmatten, die uns als Kulissen dienen und kann kaum glauben, dass immer noch mehr Menschen hinzuströmen und stehen bleiben. Auch wenn ich dieses Phänomen von den Vorstellungen meines ersten Aufenthaltes schon kenne, wundere ich mich, ob die hinteren Zuschauer, die teilweise in die Bäume geklettert sind, um besser zu sehen, überhaupt noch etwas verstehen können. Die Stimmung ist unglaublich ausgelassen und die Zuschauer reagieren unmittelbar und lautstark auf das Bühnengeschehen. Sie lachen, grölen, empören sich, rufen dazwischen, feuern an … An einigen Stellen ist das Lachen des Publikums so ansteckend, dass ich mich auf der Bühne sehr zusammen nehmen muss, um nicht aus der Rolle zu fallen.
Der Text entstand im Schreibatelier mit den Schriftsteller*innen Joël Amah Ajavon, Kokouvi Dzifa Galley, Marie-José Gbegbi, Jean Kantchebe, Séli Kodjovi-Numado, Ayao Edem Modjro aus Togo und dem mit dem Theater Konstanz assoziierten Schriftsteller Rafael David Kohn aus Luxemburg. Der Text befasst sich mit der togoisch-deutschen Geschichte zu Zeiten der deutschen Kolonialherrschaft. Durch die differenzierte Zeichnung der Figuren stellt er eindrücklich die verschiedenen (macht-)politischen Interessen der lokalen Bevölkerung und der deutschen Kolonialmacht in einem humoristischen Stil dar.
Lomé, 26. November 2016
Der Text wurde im Schreibprozess komplett auf Französisch verfasst, doch schnell stellt sich bei den Proben heraus, dass sich das Nichtverstehen zwischen den Figuren nicht erklärt, wenn sowohl die Einheimischen im Stück, als auch der Deutsche und der zwischen ihnen vermittelnde Übersetzer dieselbe Sprache sprechen. Also entscheidet Ramsès, die meisten Szenen in Éwé zu spielen. Immer wieder gibt es längere Diskussionen zwischen den Spielern, wie man den ein oder anderen Satz wohl am besten formulieren kann. Die Wirkung ist jedenfalls verblüffend. Während die Szenen auf Französisch einfach nur glatt durchliefen, kringeln sich die Kollegen jetzt teilweise vor Lachen auf dem Boden. Eine Szene, die gestrichen werden sollte, bleibt nun sogar in der Inszenierung, weil sie in Éwé so gut funktioniert.
Die bewusste sprachpolitische Entscheidung, etliche Passagen bestimmter Figuren von Französisch in Éwé zu übersetzen, machte die Figurenzeichnung und ihre unterschiedlichen (Macht-)Positionen und Motivationen noch deutlicher. In den durchaus ambivalenten Figurenkonzeptionen wurden so die deutsche Kolonialvergangenheit und die bizarren Beziehungskonstellationen der unterschiedlichen Akteur*innen verhandelt. So trifft die alte Frau aus dem Dorf, Stellvertreterin für Traditionen und lokale Interessen, auf eine junge togoische Nonne, die unter dem Deckmantel der Moral und christlicher Religiosität letztlich Akzeptanz und Förderung von Seiten der Kolonialverwaltung erwirken will. Der Dorfälteste ist traditionellerweise eine der mächtigsten Personen der Region; ihm ist daran gelegen, seinen Einfluss zu erhalten und er kooperiert dafür bereitwillig mit dem Verwalter des Kaisers. Zwischen dem Verwalter und dem Dorfältesten agiert nun noch ein Übersetzer, der auf den ersten Blick von beiden Parteien hin und her gescheucht wird. Letztlich ist er aber derjenige, der die Fäden des Ganzen in der Hand hat – nur er verfügt über das nötige Wissen, um sich einen Überblick über die Situation und die einzelnen Machtinteressen zu verschaffen. Zuletzt agiert der Oberbefehlshaber, der Befehle des Verwalters an die militärische Söldnertruppe delegiert. Er zieht mit dem deutschen Verwalter an einem Strang und behält damit das Sagen über die Lokalbevölkerung.
Terrain d’Anome Atigan Copé (Lomé), 25. Januar 2020
Am Ende des Stückes vertreibt die Dorfgemeinschaft alle, die mit den Deutschen kooperiert haben – den Oberbefehlshaber Garsu, den Übersetzer Agbodaze und die Nonne Sara – und macht sich mit Gesängen auf den Weg zur Hütte des Kolonialbeamten, um an ihm Rache zu üben. Doch statt mich zu lynchen, fallen mir die Kollegen hinter der Bühne in die Arme. Freude mischt sich mit Traurigkeit. Mittlerweile sind Freundschaften entstanden, sind wir fast eine kleine Familie geworden, und uns allen ist klar, dass dies vermutlich das letzte Mal gewesen sein wird, dass wir gemeinsam One Coup for Kaiser gespielt haben. Andererseits haben wir das 2016 auch gedacht. Und 2019 … Eines ist jedenfalls sicher: Ob als Schauspieler oder als Freund – zurückkehren werde ich auf jeden Fall.
Wiederaufnahmeproben für One Coup for Kaiser, 2019. / Répétition en vue de la reprise de One Coup for Kaiser, 2019. Foto: Elisa Elwert
Spielort in Assahoun vor dem Foyer des Jeunes d’Assahoun im Bühnenbild von Yasmine Yerima. / Lieu de représentation à Assahoun devant le Foyer des Jeunes d’Assahoun, scénographie de Yasmine Yerima. Foto: Moïse Pak
Sur les traces de l’Empereur
Un projet de recherche sur l’histoire coloniale allemande au Togo
Elisa Elwert & Jonas Pätzold
Depuis 2009, le Theater Konstanz collabore étroitement avec la compagnie Louxor de Lomé, au Togo. Celle-ci a été créée en 1996 sous forme d’une association, et son champ d’action s’étend à la périphérie rurale, tout en bénéficiant d’un rayonnement suprarégional.
Au cours des dix dernières années, le Theater Konstanz et la compagnie Louxor ont coopéré à de nombreux projets en Allemagne et au Togo. Ramsès Alfa, le directeur de la compagnie, a ainsi mis en scène à Constance en 2009 Rapport pour une académie de Franz Kafka, et, plus récemment, à l’hiver 2019, la première représentation de Ngunza – Le prophète de Rafael David Kohn. À Lomé, la compagnie disposera bientôt de salles de spectacle et de répétition grâce à l’association Théâtre en Afrique qui vient d’y acquérir un terrain et construit actuellement un bâtiment à cet effet. Les collaborations entre Constance et Lomé ont toujours été nombreuses. On peut citer par exemple la mise en scène en 2010 de En attendant Godot, dont la distribution était internationale, puis en 2011 de La Croisade des enfants, qui s’inspirait de Brecht et traitait de la violence contre les enfants, mais aussi le projet One coup for Kaiser, né en 2015 et joué jusqu’en 2020, qui jetait un regard critique sur l’histoire coloniale allemande au Togo.
One coup for Kaiser a été mise en scène au Togo en 2016 par Ramsès Alfa et jouée par des comédiens togolais et un comédien allemand.