Im Dialog mit dem Körper. Susanne Kersig
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Setzen wir uns zu Beginn einer Be- oder Selbstbehandlung ein Ziel, dann kämpfen wir nicht einfach gegen eine Krankheit an, sondern kreieren eine Vision von dem, wo wir hin möchten.
Im Unterschied zu vielen Visualisierungs- Techniken geben wir dabei möglichst wenig Bilder von außen vor, sondern lassen zu, dass mithilfe unseres Körperempfindens für uns stimmige Vorstellungen entstehen. So können wir sicherstellen, dass die Zielvorstellungen auch wirklich mit unserem inneren Erleben in Übereinstimmung stehen und als heilsam empfunden werden.
ÜBUNG: FOCUSING ZUR ZIELFORMULIERUNG
Beginnen Sie damit, eine angenehme Stelle im Körper zu suchen, den sogenannten Guten Ort.
Verweilen Sie dort für ein bis zwei Minuten und formulieren Sie, wie Sie das wohlige Gefühl beschreiben würden (zum Beispiel wohlig, entspannt und warm).
Lassen Sie auch ein Bild für die angenehme Empfindung auftauchen.
Fragen Sie sich: Was ist das Beste oder Wichtigste an dem Guten Ort für mich?
Ausgehend von dem angenehmen Gefühl fragen Sie sich nun weiter: Wenn ich an die achtsamen Körperdialoge über mein Symptom, meine Erkrankung denke: Was ist genau mein Ziel? Was möchte ich mithilfe von Focusing erreichen oder klären?
Versuchen Sie, diese Frage in Richtung Körpermitte, also Brust- und Bauchbereich hinein zu stellen und warten Sie jetzt einfach für ein bis zwei Minuten, was dort als Antwort auftaucht.
Formulieren Sie Ihre Antwort und prüfen Sie dabei in der Körpermitte, ob sich Ihre Formulierungen stimmig anfühlen.
Lassen Sie sich Zeit, bis Sie eine Antwort gefunden haben, die wirklich passt.
Nun stellen Sie sich vor, dass die bevorstehenden achtsamen Körperdialoge genau das bringen, was Sie von ihnen erwarten, und fragen Sie sich in Richtung Körpermitte: Wie würde ich mich dann fühlen?
Warten Sie wieder ab, wie Ihr Körper antwortet. Lassen Sie ihm Zeit zu antworten.
Was auch immer auftaucht, beschreiben Sie es mit Ihren Worten oder in Bildern.
Verweilen Sie einfach noch ein wenig wortlos bei der Vorstellung, Sie wären gesund oder Sie hätten Ihr selbst formuliertes Ziel erreicht. Kosten Sie diese Vorstellung in allen Facetten aus.
Wie bei einem Navigationsgerät findet unser Körper mithilfe dieser Übung nicht nur unser Ziel, sondern auch die möglichen Staus, also Komplikationen auf dem Weg zur Heilung. Durch die Übung fischen wir mögliche Widerstände gegen eine Heilung–ein weites oft vernachlässigtes Feld–aus dem trüben Wasser unseres Unbewussten.
Eine 52-jährige Journalistin, die an Brustkrebs litt, formulierte zunächst ihre Zielvorstellung: »Vollständig gesund und ohne Krebszellen sein«. Als sie sich diese Vorstellung dann aber fühlen ließ, tauchten Ängste auf: Dann müsste sie ja wieder in ihren Beruf zurück, der sie ihrer Meinung nach krank gemacht habe. Jetzt, wo sie krank sei, habe sie viel Zeit für ihre Freundschaften und endlich die Muße, ihrer Kunst nachzugehen und zu zeichnen, eine Tätigkeit, die sie mit Leidenschaft und Begeisterung erfüllt. Nein, sie sei noch gar nicht dazu bereit, gesund zu werden!
Eine andere Klientin, eine Lehrerin, die an einem Burnout Syndrom leidet, formuliert ihr Ziel zunächst im Alltagsbewusstsein: Sie möchte wieder Kraft haben, das Nichts- Tun Genießen lernen, zufrieden, entspannt und locker werden. Das klingt stimmig und überzeugend. Als ich ihr dann aber vorschlage, sie möge sich mit innerer Achtsamkeit einmal vorstellen, sie sei schon am Ziel, fließen Tränen. Sie habe einen Kloß im Hals. »Ich habe Angst, dass ich das nicht schaffe. Ich fühle mich so erschöpft und kraftlos, dass ich mir im Moment gar nicht vorstellen kann, dass dies einmal anders wird.«
Es macht einen Unterschied, ob wir unser Ziel nur vom Verstand her formulieren, oder ob wir es uns auch mit dem ganzen Körper fühlen lassen. Im letzteren Fall können mögliche Widerstände gegen den Heilungsprozess, aber auch mit der Zielvorstellung einhergehende Gefühle wie zum Beispiel die Angst, es nicht zu schaffen, ins Bewusstsein treten und bearbeitet werden.
Das folgende Beispiel illustriert das ganz anschaulich.
Das Ziel bei Bluthochdruck
Meine Klientin Claudia, eine 45-jährige, selbstständige Unternehmerin leidet seit einigen Monaten an zu hohem Blutdruck (essenzieller Hypertonie) und Herzrasen. Der überweisende Hausarzt vermutete, dass dies mit dem Lebensstil der Patientin zusammenhängt und schlägt Sitzungen bei mir vor. Die Klientin selbst ist auch motiviert, alles zu tun, was in ihrer Macht steht, um ihren Blutdruck zu senken. Ich schlage ihr also vor, erst einmal für sich zu klären, was Sie mit unseren Sitzungen genau erreichen möchte. Dazu lade ich sie ein, zunächst eine angenehme Stelle im Körper zu suchen.
Claudia: Erstaunlicherweise fühlt sich gerade der Rücken sehr angenehm an. Dort habe ich mich eigentlich bisher noch nie gut gefühlt! Jetzt fühle ich mich da stabil und habe das Empfinden von jeder Menge Halt. Ich fühle mich damit frei und offen und meine Stimmung ist geradezu euphorisch!
Ich: Da ist stabiler Halt im Rücken und Sie fühlen sich frei, offen und euphorisch. Was ist das Beste für Sie an diesem guten Gefühl?
Claudia: Ich habe dort Rückhalt und Rundumblick. Ich fühle mich wie an einem Gipfelkreuz!
Ich: Rückhalt, Rundumblick – wie an einem Gipfelkreuz! Ich möchte Ihnen jetzt vorschlagen, sich von diesem Empfinden des Rückhaltes und des Rundumblickes aus zu fragen: »Was ist eigentlich mein Ziel, wenn ich an meinen zu hohen Blutdruck denke?« Richten Sie, wenn Sie mögen, diese Frage an Ihre Körpermitte und warten Sie ab, was dort passiert.
Claudia: In der Körpermitte entsteht jetzt ein Gefühl von Unaufgeregtheit. Dort bin ich frei von Bedrohung und völlig angstfrei … Dazu taucht das Bild einer Almwiese auf. Der Blutdruck soll sich einfach normalisieren!
Ich: Ich schlage Ihnen vor, bei diesen Empfindungen von Unaufgeregtheit, Angstfreiheit und dem Bild der Almwiese noch ein wenig zu verweilen und sich jetzt vorzustellen, Sie seien schon am Ziel. Der Blutdruck habe sich bereits normalisiert. Wenn Sie damit einverstanden sind, dann lassen Sie diese Vorstellung jetzt einfach auf Ihren Körper wirken und warten ab, was passiert.
Claudia: Innerlich wird es stabil, hell und licht, mein Kopf erhebt sich ein wenig. Die Veränderung fühlt sich komplex an. Ich habe eine größere Entscheidungsfreiheit (lacht.) Andererseits erschrecke ich aber auch vor den Konsequenzen. Ich spüre ein Gefühl von Angst im Bauch.
Ich: Sie fühlen sich stabil und hell und etwas in Ihnen hat Angst vor den Konsequenzen. Was genau ist das Beängstigende an der Vorstellung der Konsequenzen für Sie?
Claudia: Ich würde möglicherweise Althergebrachtes über Bord werfen, alte Krusten aufbrechen, neue Wege gehen! Ich spüre gleichzeitig ein Gefühl von Wehmut und Abenteuerlust. Alle Dinge würden auf den Prüfstand kommen. Mein Beruf, meine Partnerschaft, meine Familie. und meine Freunde. Ich würde mich überall fragen, wie ich dastehe. Am wichtigsten wäre es aber, berufliches neu zu prüfen. Das fühlt sich jetzt gut an. Ich muss es ja nicht gleich ändern. Ich prüfe es und kann dann entscheiden.
Ich: Vielleicht möchten Sie jetzt noch einmal